Lewyn - Die Halbelbin: Reise durch Garnadkan (German Edition)
Hände langsam darüber hinweg. „Anen’leas.“ Es dauerte eine Weile, aber dann hörte der Alte wieder den gleichmäßigen Atemzug der vor ihm Liegenden. Sicher würde noch ein wenig Zeit vergehen, ehe sie ihre Augen öffnete. Das aber ging schneller als er geglaubt hatte. Prüfend hielt er sein augenloses Gesicht auf sein Gegenüber gerichtet. So verharrte der alte Elb einige Zeit.
„Bist du bereit für den letzten Schritt?“ Verlangend streckte er seine Hand nach der flammenden Waffe aus. Zögerlich reichte ihm die Vierundzwanzigjährige das Verlangte.
„Es ist noch nicht vollbracht? Das verstehe ich nicht. Ich konnte den Dolch doch erreichen.“ Sie richtete sich auf ihren Ellbogen liegend etwas auf und war nicht unbedingt begeistert, dass die Quälerei selbst jetzt kein Ende fand.
„Noch würdest du ihn nicht führen können. Das kannst du nur, wenn er eins mit dir ist.“ Seinem Alter widersprechend, hatte er blitzschnell die Waffe gegriffen, hochgerissen und stieß sie nun mit ganzer Kraft dem Herzen der Erbin der Macht entgegen. Sie hatte aufspringen und diesem tödlichen Stoß entgehen wollen. Jedoch hielt sie Bewegungslosigkeit in ihrer derzeitigen Position. Hatte sie sich so sehr getäuscht? Vielleicht hatte das Böse abermals seine enorme Hinterhältigkeit ausspielen können. Vielleicht aber war es ihr Tod, der sie ans Ziel brachte. Cadar hatte erst vor kurzem gesagt, dass sie auch dann verbleiben würde, um gegen das Böse kämpfen zu können. Vielleicht war das jetzt der Fall. Wieder einmal vielleicht.
„Vorsicht, sie kommt zu sich.“ Die Freunde, die ebenfalls gerade aus dem Schlaf erwacht waren, hatten sich sofort bei der jungen Frau versammelt. Besorgte Minen zeigten sich.
„Will dies denn niemals enden, hast du immer noch nicht genug gegeben?“ Soh’Hmil hatte einen Fetzen Stoff mit Wasser getränkt und begann ganz behutsam ihre Stirn abzutupfen. Als er das Tuch zurücknahm, war es blutgetränkt. Lewyn versuchte sich aufzurichten und erkennen oder erfühlen zu können, weshalb das so war.
„Nicht. Bitte, du solltest liegen bleiben. Wir wissen nicht, was geschehen ist, weshalb Blut deinen ganzen Körper bedeckt. Wir werden es entfernen, so weit es uns möglich ist. Geht es dir besser, solltest du etwas überziehen. Abgesehen von deiner Rüstung trägst du nichts. Die Decke wird vorerst genügen.
Lewyn, was ist hinter dem Fels, in dem du verschwunden bist, geschehen? Wir versuchten dir zu folgen. Doch war der Weg für uns versperrt. Als du aber hindurchgingst, konnten wir das Feuer sehen. Dann schloss sich der Stein.“ Cadar richtete seine Augen auf die seiner Tochter. Er war gerade dabei, ihre Beine vom Blut zu befreien. Für seine Frage unterbrach er diese Beschäftigung. Der Vater wollte wissen, was sein Kind hatte über sich ergehen lassen müssen. Schnell musste er jedoch erkennen, dass sie jetzt nicht antworten würde. Große Schwäche zwang die Vierundzwanzigjährige in einen Schlaf, der für sie erholsam und damit wichtig sein würde. Wenn sie erneut erwachte, würden die Männer sicher erfahren, was geschehen war. Bis dahin versuchten sie, die Freundin von der roten Flüssigkeit zu befreien, die aus allen Poren getreten war und eine dicke Schicht bildete. Darunter entdeckten sie zu ihrem Schrecken nur noch verbranntes Fleisch. Selbst jetzt sickerte weiter der kostbare Saft hervor. Erneut legte er sich um den gepeinigten Körper.
„Haltet ein! Wir schaden ihr, versuchen wir das Blut zu entfernen. Ich denke, es hilft ihr dabei, die Wunden zu heilen.“ Soh’Hmil hatte auf ihrer Stirn entdeckt, nachdem er dort schon zweimal getupft hatte, dass an dieser Stelle neue Haut zu wachsen begann. Noch waren es nur winzige Stellen. Die Magie der Andaanas aber würde dafür sorgen, dass bei ausreichender Ruhe und ohne weitere Störung die junge Frau bald wieder unversehrt war. So ließen die Männer vorerst ab. Dennoch waren sie keineswegs beruhigt. Jedes neue Ziel forderte immer mehr von Leranoths Thronfolgerin. Was würde wohl am Ende ihres langen Weges auf sie warten? Die Männer schüttelten sich bei dem Gedanken. So versuchten sie, die Unbeschwertheit der vergangenen Tage wiederzufinden. Allein es gelang nicht mehr. Bevor jedoch traurige Gewissheit von ihnen Besitz ergriff und die Gefährten der Verzweiflung immer näher brachte, holte der Schlaf auch sie in seine herrlichen Träume. Die Andaanas brachten ihnen abermals die Erinnerungen an schöne Tage. Damit war die Ruhe der
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