Lewyn - Die Halbelbin: Reise durch Garnadkan (German Edition)
wieder zu dem Tyrannen werden, als den ich ihn noch immer sehe?“
„Jetzt steht er unter dem Schutz der Mächte des Lichts. Sie werden zu verhindern wissen, dass die Finsternis abermals Besitz von ihm ergreifen wird.“
Die beiden Frauen nahmen in aller Ruhe und schwatzend ihr Mahl ein. Dann war Xandia der Magierin beim Anlegen der ungewohnten Kleidung behilflich. Sie hatte dafür gesorgt, dass Asnarins Wunsch, ihre Enkelin solle das Kleid tragen, auch entsprochen wurde. Danach trennten sich erst einmal ihre Wege. Lewyn schritt langsam dem Thronsaal entgegen. Dort wollte sie die unterirdischen Gänge zu den Hallen der Toten öffnen. Doch das brauchte sie nicht. Die junge Frau war nicht die Einzige, die den Verstorbenen ihre Ehre erweisen wollte. Die Elben hatten diesen Gedanken der Erbin der Macht aufgegriffen und kamen ihm im Rahmen der Feierlichkeiten nach. Überall traf die Kriegerin auf die Bewohner Leranoths. Diese standen, den Blick der Sonne oder Erde zugewandt, und murmelten leise Worte der Trauer und des Bedauerns. Andere fanden sich in den Tunneln unter der Stadt. Auch sie gedachten an diesem Tag der Gefallenen mehr als sonst.
Der Palast, die Plätze und die Straßen waren reich geschmückt. Dabei waren nicht nur Blumengirlanden und leichte farbenfrohe Banner zu erblicken. Auch die Fahnen der Trauer fanden sich darunter. Rund um das mittelste Gebäude sollten zu Ehren der Toten die Festlichkeiten abgehalten werden. Asnarin hatte es so beschlossen, denn der Tag war schneefrei und nicht so kühl wie die vorangegangenen. So waren die Elben ihren Verstorbenen am nächsten.
Trauerbanner der Elben
„Wir wollen heute unserer Toten gedenken. Sie waren bestimmend für unser Schicksal in vergangenen Zeiten. Doch wollen wir ebenso den Lebenden Aufmerksamkeit schenken. Sie sind unsere Zukunft. Möge sie friedlicher als die letzten Jahre sein.“ Asnarin legte die rechte Hand auf ihr Herz, blickte der untergehenden Sonne und dann dem Boden entgegen. Tonlos grüßte sie, und mit ihr das Volk der Elben, die Verstorbenen.
Unter Liedern, die zuerst ebenfalls den Toten gewidmet waren, formierte sich ein Zug. Im Schein der Fackeln gelangten sie zu dem großen Tor, um sich dann dem Wald zuzuwenden. Hier hielt jeder auf die Stelle zu, die ihm am meisten bedeutete. Und Hergew war es, der all dies mit seiner Aufmerksamkeit schützte.
Mitternacht fanden sich die Einwohner Leranoths erneut am Palast zusammen. Die Lieder, die in der Nacht zu hören waren, wurden mit der Zeit fröhlicher. Die Erzählungen blieben aber meist in der Vergangenheit. Dennoch wandten auch die sich immer mehr den schönen Ereignissen zu.
Lewyn hatte sich bald zurückziehen wollen. Doch gestaltete sich dies schwieriger als gedacht. Sie hatte erwartet, dass die Elben froh waren, wenn sie das Fest verließ. Umso erstaunter war die junge Frau, als sie gerade von denen zurückgehalten wurde. Sie waren neugierig, hatten viele Fragen zu ihren letzten Jahren, zu ihren zurückgewonnenen Fähigkeiten. Da ihr Handeln durch die Antworten für alle sicher besser zu verstehen war, blieb die Vierundzwanzigjährige und gab geduldig zu jeder Frage eine Auskunft.
Gegen Morgen holten die Leranother sogar ihre Musikinstrumente aus den Häusern. Sie wussten, dass die Krieger bald in die Schlacht ziehen mussten. Sie sollten in ihren Herzen die Liebe und Fröhlichkeit ihres Volkes mitnehmen. Sie sollten nicht vergessen, was sie bei ihrer Rückkehr erwartete.
Der schlafende Berg
„Jetzt ist es also soweit?“
„Ich kann nicht länger warten. Die Gefahr, dass der eine Dunkle seine Bestie gegen das Bündnis schickt, wird immer größer.“ Lewyn beugte sich noch einmal von Baklas Rücken herunter und schenkte ihrer Königin und Großmutter eine Umarmung.
Dann sah sie zu ihren Gefährten. Keiner der Freunde würde sie auf ihrem kommendem Weg begleiten. Das hatte sie ihnen bereits am vergangenen Abend erklärt. Begeisterung darüber wollte bei niemandem aufkommen.
„Du solltest nicht alleine gehen. Vielleicht bist du froh, wenn jemand da ist, der dir den Rücken freihält.“ Regos erwartete, dass die Freundin wenigstens ihn mit sich gehen ließ.
„Die Macht, auf die ich treffen werde, ist einfach zu groß. Niemand kann sich ihr entziehen. Gut, du könntest es vielleicht. Du weißt auch, wie gerne ich dich in meiner Nähe hätte. Aber deine Stärke wird am Fuße des grünen Gebirges benötigt. Du wirst die Heere Garnadkans mit deiner Kraft unterstützen. Ohne
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