Lewyn - Die Halbelbin: Reise durch Garnadkan (German Edition)
nicht haben, wenn du übermüdet aufbrichst.“ Er hatte sie eine Weile aufmerksam betrachtet. So war dem Ältesten nicht entgangen, dass die junge Frau Anzeichen von Erschöpfung aufwies. Den Feuerdolch zu erringen, hatte einiges abverlangt. Sicher hatte sie sich davon noch nicht vollständig erholt.
„Hm, wieder einmal hast du Recht.“ Sie sah nun ebenfalls zu ihm. Schnell wusste die Magierin, dass sie dem väterlichen Freund auch jetzt nichts vormachen konnte. Er hatte sie von klein an begleitet, er kannte sie ganz genau. Schmunzelnd nickte sie. „Ich werde wohl eher noch zwei Tage hier verweilen. Dann bietet sich auch für Wengor die Gelegenheit, mit mir zu reden.“
„Das wird ihn freuen. Du weißt, er macht sich wirklich schwere Vorwürfe.“
„Das konnte ich sehen. Ich wünschte, ich könnte ihm sagen, dass er das nicht muss. Doch hat mich seine Entscheidung, und die der anderen Narren, vier Jahre schweren Weges gekostet – vier Jahre, in denen ich euch nicht zur Seite stehen konnte. Wären die Drachen nicht zu eurem Schutz gekommen, hätte ich dann noch etwas von Let’weden vorgefunden?
Feregor, wenn der letzte Kampf geschlagen ist, werden die Weisen ihrer alten Bestimmung nachgehen. Ich werde dafür sorgen, dass sie keinerlei Entscheidungsgewalt mehr haben. Sie sollen weiter beraten, denn meist ist ihre Erfahrung von unschätzbarem Wert. Mehr werde ich nicht mehr dulden.“
„Ich weiß. Und ich werde auch hierbei auf deiner Seite stehen. Ich fürchte nur, dass du dich dann doch offen gegen sie stellen musst. Sie werden die einmal erlangte Macht nicht wieder aufgeben wollen. Es ist eine Schande, dass es soweit gekommen ist, dass wir Ältesten vergessen haben, was unsere Aufgabe von Beginn der Zeit an war. Ich hoffe sehr, dass sie sich besinnen werden.“ Feregor ließ die heimgekehrte Prinzessin nun allein. Diese zog sich ein wenig erschöpft in ihre Gemächer zurück. Schnell hatte sie in den Schlaf gefunden.
Am Nachmittag klopfte es leise an ihrer Tür. Xandia trat ein, eine heiße Brühe, Zialknollen und Kräuterbrot brachte sie mit.
„Komm herein. Es ist schön, dich noch in diesen Mauern zu sehen. Von Asnarin weiß ich, dass du ihr treu zur Seite gestanden hast, ihr eine große Stütze in den vergangenen Jahren warst. Meinen Dank dafür. Sag mir, wie ich dem Ausdruck verleihen kann. Was kann ich für dich tun?“
„Mich mit deiner Gegenwart erfreuen. So glücklich wie jetzt war ich lange nicht mehr. Nicht nur ich hatte stets Sorge um dein Wohlergehen. Die Königin, Feregor und Regos ließen deine Freunde zwar nach euren Treffen immer wissen, dass es dir gut ging. Aber sie erzählten zudem von gefahrvollen Wegen. Bis zum erneuten Wiedersehen wusste somit niemand, ob du das nächste Ziel erreichen würdest.“ Die rot gelockte Frau hatte noch den Bericht der Nacht in den Ohren. Sie hatte vernehmen müssen, dass die Halbelbin nicht nur einmal dem Tode nahe war.
„Du siehst mich unverletzt, mir geht es gut. Eure Sorge war…“
„Sie war nicht unbegründet. Ich habe den Worten der Nacht aufmerksam gelauscht. Ich habe gehört, wie du das Messer gegen dich gerichtet hast, damit du nicht der Dunkelheit verfällst. Gab es denn keinen anderen Ausweg? Was, wenn die Sümpfe nicht hätten helfen können, ihre Magie nicht groß genug gewesen wäre?“ Ihre Augen bekamen einen feuchten Glanz.
„Nicht. Deine Tränen sollten jenen gehören, die diese schlimme Zeiten nicht überdauert haben. Ich hingegen lebe. Und ja, das habe ich nur den Ye’uschel zu verdanken. Ich vertraute auf die Kraft der alten Magie. Nun, hätte ich mich geirrt, läge eure ganze Hoffnung jetzt bei Regos.“ Sie hatte Xandia eine Hand auf die Schulter gelegt und zwang sie gleich darauf lächelnd neben ihr Platz zu nehmen. „Bitte speise mit mir.“
Die unterdessen fast fünfzigjährige Renaorianerin ließ es geschehen. Zaghaft erwiderte sie das Lächeln. Dann aber wurde der Ausdruck in ihrem Gesicht wieder sehr ernst.
„Dein Vater, er ist der schwarze Zauberer?“
„Nein, das war er einmal. Ich kann deine Wut, die Angst und dein Misstrauen verstehen. Er ist verantwortlich für all das Leid, was dir und so vielen anderen widerfahren ist. Doch war es lediglich die Dunkelheit, die durch List seinen Geist bezwingen konnte. Xandia, ich habe sehen können, wie er zu dem wurde, was wir alle gehasst und bekämpft haben. Er trägt keine Schuld.“
„Ist er denn jetzt frei von all dem Bösen oder wird er eines Tages doch
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