Lewyn - Die Halbelbin: Reise durch Garnadkan (German Edition)
neigte sie den Kopf und war dann rasch in hellen Nebeln verschwunden. Dabei dachte sie gut vier Jahre zurück. Der Abschied damals war um einiges schmerzhafter. Diesmal aber hatte sie wenigstens die Möglichkeit, wieder in die Stadt der Könige zurückkehren zu können. Bei diesem Gedanken lächelte sie glücklich. Es war schön zu wissen, dass auch ihr ein Platz der Heimkehr zur Verfügung stand.
Die Erbin der Macht spähte vorsichtig hinter den Bäumen hervor. Eigentlich erwartete sie nicht, hier auf Feinde zu treffen. Die En’dika waren durch sehr alte und starke Zauber geschützt. Doch auch Brahadel lag einst unter einem solchen. Heute existierte das Tal der Weisen nicht mehr. Zudem lagen die magischen Seen in ziemlicher Nähe zum Daras’enwa. Wer wusste schon, ob es das Böse nicht doch vollbracht hatte, geballt selbst in die südlicher gelegenen Landstriche vorzudringen.
Lange versuchte die Kriegerin etwas zu entdecken. Als dies erfolglos blieb, begann sie am Waldrand entlangzuschleichen. Jedoch konnte sie hierbei nichts erkunden, was ihre Besorgnis erregt hätte. Schließlich versuchte sie die Umgebung mit Hilfe ihres Geistes zu erforschen. Endlich nickte sie zufrieden und ging auf den See zu, der ihr einst versprach, dass sie ihre Magie zurückerhalten würde.
„Hab Dank, Herrin des Sees. Du gabst mir Mut und Hoffnung. Deine Worte gaben mir Kraft für den langen beschwerlichen Weg. Nun kann ich wieder gegen die Dunkelheit kämpfen.“
Das Wasser begann sich zu kräuseln, Luftblasen schwebten vom Seegrund herauf. Dann erhob sich ein silbriges Glitzern über der Wasseroberfläche und die Erscheinung, die der Halbelbin vor vier Jahren den Pfad wies, tauchte daraus hervor. Auch heute waren wieder seltsame Bewohner der En’dika an deren Seite.
„Es ist schön dich lebend zu sehen. Doch darfst du hier nicht lange verweilen. Diese Ufer sind nicht mehr sicher. Dunkle Kreaturen streifen durch diese Lande und versuchen alles in ihrem Gift zu ertränken. Noch sind sie nicht bis hierher vorgedrungen, doch ist es nur eine Frage der Zeit.“
„Hab Dank für die Warnung.“ Die wiedererstarkte Magierin wollte daraufhin augenblicklich zum Feuerwald gelangen. Die Herrin des Sees aber entschied anders. Sie schenkte der jungen Frau einen tiefen und erholsamen Schlaf. Währenddessen wachte sie über die Vierundzwanzigjährige, so dass dieser im Falle einer näherkommenden Gefahr nichts geschehen konnte.
Gut erholt und bei vollen Kräften erhob sich Let’wedens Thronfolgerin am nächsten Tag. Sie stieg auf Baklas Rücken, ritt direkt an das klare Wasser, in dem sich viel Leben tummelte, und sprach den En’dika den Dank für diese Stärkung aus. Dann wurde es Zeit sich dem Feuerwald zuzuwenden.
Zwischen dem Daras’enwa und einer großen Biegung des Kelreos befand sich ein flaches Tal, in dem sich jetzt heller Dunst sammelte. Als der sich verzogen hatte, gab er den Blick auf die Erbin der Macht frei. Sie war etwas ärgerlich. So nah hatte sie nicht an den schwarzen Fluss gelangen wollen, konnte er doch zum Verräter an ihr werden. Zudem war sie nicht mehr weit weg von dem Wald, der keiner war. Der bissige Geruch, der bereits hier in der Luft lag, gab ihr Gewissheit darüber. Vorsichtig bewegte sie sich einen der nahe liegenden Hügel hinauf, um von dort vielleicht schon etwas erkennen zu können. Aber außer leichten Rauchschwaden war am Horizont nichts zu erkennen. Sie rief Bakla zu sich und ritt dann, aufmerksam die Umgebung beobachtend, auf den ‚Garten des Bösen’ zu. Dabei huschte ein schmerzliches Lächeln über ihr Gesicht. Dharyn hatte den Feuerwald einst so genannt. Doch der Freund war bereits vor Jahren in das Reich der Toten eingegangen.
Am Abend hatte sie den Daras’enwa vor sich. Schnell stellte die Kriegerin fest, dass die Zeit sogar hier Veränderung gebracht hatte. Noch immer würde sie an diesem finsteren Ort kein Lebewesen antreffen. Noch immer würde der Wind hier keinen Zweig und auch kein Blatt schaukeln können. Dieser Platz war gefährlicher denn je. Sicher würde es jetzt keinen Weg mehr durch die hier und da hervorschießenden Feuer geben. Den Rauch zu bündeln war nahezu unmöglich, denn am Horizont vor sich hatte die Magierin nur noch ein einziges Flammenmeer. Der giftige Qualm reichte weit in die Ebenen und zwischen die leichten Anhöhen. Wo im Himmel sollte sie dort das eigentliche Ziel nur finden? Es war so schon kaum möglich, sich dieser Feuersbrunst weiter zu nähern, zumindest
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