Lex Warren E-Book
schwankend fort.
Nach einem weiteren kräftezehrenden Fußmarsch tauchten ein paar Häuser in ihrem Blickfeld auf. Miles betrachtete die Gebäude. „Drei Häuser mit Scheunen, die im Kreis gebaut sind. Soll das Zoganth sein?“
„Ich denke schon. Wenn wir hier etwas über Tamal herausbekommen wollen, bleibt mir wohl nur der direkte Kontakt mit den Bewohnern. Hoffen wir, dass die so abgeschottet leben, dass sie mich nicht erkennen.“
„Was ist mit mir? Ich möchte dich begleiten.“
„Das halte ich für keine gute Idee. Nicht so.“ Benahra deutete auf seine Kleidung.
„Scheiße“, murmelte Miles und zog sich Hemd und Hose aus. Jeder Muskel seines Körpers war angespannt. Er war extrem schlank geworden, doch die Anstrengungen hatten seine Muskeln noch mehr definiert und der Schweiß verlieh seinem Körper einen verführerischen Glanz.
„Die Wunde heilt“, sagte Benahra. Sie ließ ihren Blick auf seiner Brust ruhen.
„Ist es anstrengend, mir nicht auf den Schwanz zu sehen?“, fragte er.
„Ein bisschen“, gab sie unumwunden zu.
Ihre Ehrlichkeit brachte ihn zum Lachen. „Ich glaube, ich begreife langsam, warum Lex dich so mag.“
„Nicht auf die Art, wie er dich gemocht hat … Was wohl damit zusammenhängt“, sie deutete nun doch auf seinen Schritt. „Ist aber auch ein nettes Exemplar“, fügte sie an.
„Ja … danke … oder so“, erwiderte Miles.
„Los jetzt, bevor ich mir das mit dem Besuch bei den Dorfbewohnern noch anders überlege!“
Miles blieb hinter ihr, während sie auf die Häuser zugingen. Kaum hatten sie den Kreis betreten, rannte ein ausgemergelter Mann von der Scheune ins Haus, um wohl seiner Herrin ihre Ankunft zu melden. Und tatsächlich trat bereits nach kurzen Augenblicken eine Frau aus der Haustür, um sich die Besucher anzusehen. Sie war beleibt und ihr graues Haar hing ihr in Strähnen auf die Schultern. Ihre Augen waren klein und funkelten misstrauisch. Ihr Kleid war schmutzig, voller Lehm, Blutspuren und Hühnerfedern.
„Verzeiht die Störung“, sagte Benahra. „Ich habe diesen Mann vor einiger Zeit erworben. Er arbeitet gut und ist ausgesprochen gefügig.“
Die Frau sah Miles prüfend an. „Schön für Euch! Da hattet Ihr Glück! Vor allem, da er offensichtlich kein Dolexide ist. Ein Mensch, nehme ich an?“ Sie spuckte aus, als hätte ihr das Wort einen schlechten Geschmack beschert.
„Ja, er ist ein Mensch. Leider ist er erkrankt und ich erfuhr von einer unserer Heilerinnen, dass ihn das Blut eines Mannes retten könnte, der in deinem Besitz ist. Sein Name ist Tamal.“
„Tamal soll den Menschen retten können?“
„Ja, das behauptet die mächtige Heilerin. Ich verdanke ihr viel. Sie rettete bereits meine Mutter vom Sterbebett und eine meiner Schwestern nach einer kräftezehrenden Geburt. Ich erbitte daher Eure Hilfe, indem ich Tamal zu meiner Heilerin bringen darf, damit sie ein wenig seines Blutes benutzen kann, um meinen Sklaven zu retten.“
„Woher will diese Frau wissen, dass ausgerechnet Tamals Blut ihm helfen kann? Ist sie eine Weissagerin?“
„Ja“, erwiderte Benahra rasch. „Sie ist eine Heilerin und eine Weissagerin.“
„Dann taugt sie nichts!“, fuhr die Frau sie an. Sie deutete neben dem Schuppen vorbei auf ein Stück ödes Land.
„Tamal ist schon seit über zwei Monaten tot. Er wurde von meinem neuen Sklaven dort hinten verscharrt. Von mir aus öffnet das Grab und nehmt seine wertlosen Knochen mit. Vielleicht kann sie damit etwas anfangen, denn Blut werdet Ihr bei ihm wohl kaum noch finden. Es versickerte fast gänzlich im Dreck, nachdem ich ihm seine Geschlechtsteile abgeschnitten hatte.“
Benahra hörte, wie Miles einen erstickten Laut von sich gab. Sie flehte stumm, dass er trotz des Grauens den Verstand behielt. In dem Moment war sie dankbar, dass ihre Geschichte zumindest seinen Gefühlsausbruch erklärte. Die Frau musste glauben, er sähe nun auch für sein eigenes Überleben keine Chance mehr. Sie musterte ihn erneut, dann zog sie angewidert einen Mundwinkel hoch.
„Ich rate Euch, diesen Mann sterben zu lassen. Wenn er krank ist, taugt er nichts mehr. Besorgt Euch lieber einen neuen und verschwendet nicht Eure Kraft und Zeit an einen Nichtswürdigen. Wenn Ihr wollt, könnt Ihr ihn hier lassen. Ich kann ihn für Euch töten. Der Acker ist groß und hat noch genügend Platz für weitere wertlose Gebeine. Lasst ihn hier, dann ist Euer Rückweg leichter.“
Benahra wagte nicht, sich nach Miles umzudrehen.
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