Lexikon der Oeko-Irrtuemer
werden kann. Als Vorstufe zum Wasserstoffantrieb rüstet das bayrische Unternehmen einige seiner Modelle wahlweise bereits mit Erdgasantrieb aus, um Erfahrungen mit dem Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur zu sammeln. Für die Autohersteller geht es hier nicht um Öko-Kosmetik, sondern ums Geschäft. Gerade die deutsche Autoindustrie muß sich künftig mit technisch und ökologisch anspruchsvolleren Konzepten gegen die billigere Konkurrenz aus anderen Ländern wehren.
1 Abenteuer Natur, Februar 1997. 2 Frankfurter Rundschau vom 11. 5. 1996.
»Car-Sharing wird nur von alternativen Gruppen praktiziert«
In der Tat waren es alternative Idealisten, die in Deutschland die Idee einführten, sich ein Auto mit anderen zu teilen. Einige dieser Vorreiter sind längst wieder verschwunden, andere wurden inzwischen zu überaus professionellen Organisationen. Die Berliner Statt-Auto-Initiative zählt heute beispielsweise 3 500 Mitglieder und teilt sich 140 Automobile. Bundesweit gibt es bereits 50 Car-Sharing-Projekte mit 15 000 Nutzern. 1 »Stiftung Warentest« schrieb, die Idee sei eine »brauchbare, funktionierende Alternative zum eigenen Auto, mit der sich viel Geld sparen läßt«. Genau aus diesem Grund steigen mittlerweile auch Großunternehmen in das Car-Sharing ein. Daimler Benz nennt sein Projekt »individuellen Werksverkehr« und organisiert mittlerweile den internen Dienstwagenverkehr zwischen den verschiedenen Werken nach dem Car-Sharing-Prinzip. Die Lufthansa-Angestellten können sich für ihre Privatfahrten gegen Gebühr ein Fahrzeug aus dem firmeneigenen Carpool entleihen. 15000 Lufthansa-Mitarbeiter teilen sich so 650 Autos. Gerade für große Unternehmen rechnet sich die Idee vom Car-Sharing.
Ökologisch betrachtet ersetzt ein Car-Sharing-Fahrzeug fünf Privatwagen und spart jährlich 42500 Kilometer. 2 Einen besonders pfiffigen Einfall hatten wiederum die Berliner Statt-Auto-Initiatoren. Bei dieser »Cash/Car« genannten Form wird dem Kunden ein Auto zur völligen Nutzung verleast. Lediglich wenn er es nicht braucht, stellt er es bei »Cash/Car« auf den Hof. Dort wird es weitervermietet, solange er es nicht braucht. Holt der Kunde sein Auto wieder ab, erhält er einen Teil des Erlöses. »Liebling, verleihen wir das Auto und gehen von dem Geld schön essen?«, bringt »Der Spiegel« die Idee auf den Punkt. Das Projekt wird von Audi unterstützt.
Die Kollegen von Volkswagen erproben derweil in einer Hamburger Wohnanlage die Idee »auch ohne eigenes Auto mobil wohnen«. Im Stadthaus Schlump teilen sich 100 Bewohner eine komplette Fahrzeugpalette - wobei der Grundanspruch bereits mit dem Mietpreis für die Wohnung erworben ist. Die Idee vom Car-Sharing überzeugt gerade in städtischen Bereichen immer mehr Menschen. Als soziale Erfindung beschleunigt sie den Wandel vom Autobesitzer zum Autonutzer. Car-Sharing wird die Umwelt in Zukunft womöglich mehr entlasten als so manche technische Innovation.
1 Daimler-Benz, Umweltbericht 1997. 2 Der Spiegel Nr. 23/1997.
»Mit dem China-Auto kommt die Umwelt endgültig unter die Räder«
In China herrscht Goldgräberstimmung. Doch der in Zukunft vielleicht größte Konsumentenmarkt der Welt lebt im Zwiespalt zwischen kapitalistischer Wirtschaft und kommunistischer Diktatur. »Die einen drücken die Tür auf, die anderen halten dagegen, und die Westler machen sich ganz schlank, ohne bei den Menschenrechten anzustreifen«, beschreibt der österreichische Journalist Herbert Völker die »Vertracktheit der Zeitenwende in China«. Für die Autokonzerne heißt es da aufgepaßt: Der Slogan »freie Fahrt für freie Bürger« ist trotz aller Autobegeisterung in China nicht so beliebt - weil es nämlich keine freien Bürger gibt.
»Alle Autohersteller wollen den Chinesen vom Fahrrad ins Auto helfen, die Konzerne erhoffen sich im Reich der Mitte einen Megamarkt mit gigantischen Absatzchancen« 1 , schrieb der »Stern« 1995, und die »taz« zitierte eine Volkswagen-Hochrechnung, nach der »der chinesische Markt in seiner Endphase 465 Millionen Autos aufnehmen kann« 2 . Kein Wunder, daß das China-Auto zu einem Schreckensgefährt avancierte, mit dem das Weltklima endgültig unter die Räder kommen sollte.
Inzwischen stellt sich die Lage anders dar: »Die Blütenträume der KFZ-Hersteller haben sich nicht erfüllt«, schreibt die »Welt am Sonntag«, »nun rechnen die Firmen erst für das Jahr 2005 mit einem Durchbruch.« 3 Doch auch der kann
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