Lexikon der Oeko-Irrtuemer
15 Jahren gezüchtete Meerestiere schon die Hälfte des globalen Fischbedarfs decken werden. 6 Das schafft neue Umweltprobleme: Um Garnelenteiche anzulegen, werden in vielen Ländern die Mangrovenwälder gerodet. In den Farmteichen entsteht fauliger Schlamm, der die Küstengebiete verdreckt oder ausgebaggert und an Land zu schmutzigen Halden aufgehäuft wird. Damit die Tiere gesund bleiben, schütten Fischzüchter Antibiotika und Chemikalien ins Wasser.
Daß es auch anders geht, beweist Norwegen, wo 720 Lachsfarmen für den Weltmarkt produzieren. 7 Die Edelfische werden an der Küste in riesigen Netzkäfigen gehalten. Norwegische Lachszüchter steigerten ihre Jahresproduktion innerhalb von zehn Jahren von 150000 Tonnen auf 320 000 Tonnen und reduzierten gleichzeitig den Einsatz von Antibiotika von 50 auf weniger als eine Tonne. Durch verbesserte Haltungs- und Fütterungstechnik gelangt in modernen Aquakulturen nur noch halb soviel Stickstoff und Phosphor ins Wasser, und es muß weniger Gift gegen Parasiten eingesetzt werden. 8 Erfreuliche Neuigkeiten waren 1996 von einer großen Lachsfarm an der irischen Atlantikküste zu hören: Die dortige Aquakultur ist so vorbildlich, daß die Meeresfarm vom Naturland-Verband als Biobetrieb anerkannt wurde. 9
1 Die Zeit vom 24. 11. 1995. 2 Kommune, Nr. 7/1997. 3 R. Bailey (Hrsg.), The True State of the Planet, 1995. 4 Der Spiegel Nr. 14/1997. 5 Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 19. 3. 1997. 6 Der Stern Nr. 36/1997. 7 Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 1. 7. 1997. 8 Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 19. 3. 1997. 9 Presseinformation der Aran Salmon Feinkost GmbH, St. Patrick - der Bio-Lachs, November 1996.
Mobilität
Oft gehört, gern geglaubt
»Das Dreiliter-Auto ist der Schlüssel zur Senkung des Benzinverbrauchs«
»Elektroautos sind umweltfreundlicher“
»Die Industrie verkauft nur zögernd Spar-Autos und vernachlässigt alternative Antriebe“
»Car-Sharing wird nur von alternativen Gruppen praktiziert“
»Mit dem China-Auto kommt die Umwelt endgültig unter die Räder“
»Die Motorisierung wird unaufhaltsam weiter zunehmen“
»Bahnfahren ist grundsätzlich umweltfreundlich“
»Das Auto wird vom Staat gegenüber der Bahn bevorzugt“
»Die Datenautobahn erspart Verkehr“
»Die Kiwi kommt mit dem Flugzeug aus Neuseeland“
»Tourismus zerstört die Natur«
Perspektiven
Oft gehört, gern geglaubt
Die Automobil-Lobby weigert sich standhaft, sparsame Automobile anzubieten und verhindert die Entwicklung alternativer Antriebe. Aber wozu auch? Selbst technische Durchbrüche hierzulande werden uns nichts nutzen: Bald besitzt jeder Chinese sein eigenes Auto, und deren schiere Zahl wird alle Fortschritte im fernen Deutschland kompensieren: Mit dem China-Auto auf der Überholspur ist die Klimakatastrophe überhaupt nicht mehr zu bremsen. Die Deutschen tanzen derweil auf dem Vulkan, fliegen dreimal im Jahr in Urlaub, zertrampeln die letzten Paradiese und kaufen im Supermarkt Kiwis aus Neuseeland und Trauben aus Südafrika. Prinzipiell sind an der ökologischen Verkehrsmisere immer die anderen Schuld: die Autoindustrie, unfähige Bahnmanager, vergnügungssüchtige Touristen, 40 Millionen ignorante deutsche Autofahrer. Doch wer sich diese Aufzählung ansieht, stellt ganz schnell fest: Die anderen, das sind wir alle.
»Das Dreiliter-Auto ist der Schlüssel zur Senkung des Benzinverbrauchs«
Die populäre Forderung nach einem Dreiliter-Auto ist dazu angetan, die Autoentwicklung anzustoßen und neuen Techniken zum Durchbruch zu verhelfen. Insofern hat ein solches Fahrzeug Pilotfunktion. Eine nennenswerte Spriteinsparung - bezogen auf den Benzinverbrauch der gesamten Autoflotte - ist vom Dreiliter-Auto aber erst einmal nicht zu erwarten. »Das vielzitierte Dreiliter-Auto bringt in der Gesamtbilanz nicht viel«, schrieb 1996 die »Frankfurter Rundschau« und veröffentlichte die aufschlußreiche Analyse eines Audi-Ingenieurs. 1
Dieser sah sich zunächst einmal die tatsächliche Zusammensetzung der Fahrzeugflotte in Deutschland (Neuzulassungen, Referenzjahr 1993) an. Ausgesprochene Kleinstwagen - und ein solcher müßte ein Dreiliter-Auto derzeit noch sein - wurden nur 61500mal angeschafft (etwa Fiat Panda oder Daihatsu Cuore). Darauf folgen 540000 Kleinwagen ä la VW Polo oder Opel Corsa. Am beliebtesten ist bei den Neuzulassungen jedoch die sogenannte Kompaktklasse (zum Beispiel VW Golf). Davon kamen 1,2 Millionen neu auf die
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