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Lexikon der Oeko-Irrtuemer

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Titel: Lexikon der Oeko-Irrtuemer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk und Miersch Maxeiner
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radioaktive Stoffe in der Nahrung zurück. Den weitaus größten Anteil am natürlichen Strahlungsaufkommen hat das radioaktive Gas Radon, das in verschiedenen Regionen -beispielsweise im Erzgebirge - in relativ hohen Konzentrationen vorkommen kann. Das Einatmen radonhaltiger Luft über einen längeren Zeitraum hinweg, zum Beispiel bei der Arbeit in Bergwerken oder beim Aufenthalt in belasteten Wohnungen, ist gesundheitlich bedenklich.
    Der Löwenanteil der künstlichen Strahlung entfällt auf das Röntgen zu diagnostischen Zwecken, der Beitrag der anderen künstlichen Strahlungsquellen zur Gesamtbelastung ist verschwindend gering. 1 [Grafik siehe unten]
      
    1 Bundesumweltministerium, Broschüre »Wir und unsere Umwelt«, 1/1996.

»Durch den Tschernobyl-GAU starben über 100000 Menschen«
      
    Die Reaktorkatastrophe, die am 26. April 1986 im Atomkraftwerk von Tschernobyl in der Ukraine ihren Lauf nahm, hat den Ruf der Atomenergie gründlich ramponiert. Tschernobyl zeigte, daß Vorbehalte gegen die Atomkraft nicht aus der Luft gegriffen sind. Die Folgen für die Menschen in der Ukraine waren Krankheit, seelisches Leid und wirtschaftliche Not. Menschen starben, erkrankten, mußten umgesiedelt werden. Dies alles ist schlimm genug. Es muß nicht noch schlimmer gemacht werden.
    Und doch geschieht es. Bedenkenlos werden im Sinne der vermeintlich guten Sache gigantische Opferzahlen kolportiert. So verlas der Sprecher der »Tagesthemen« 1995, daß bis 1994 125000 Menschen den Strahlenfolgen zum Opfer gefallen seien. Kritiklos wurde die Zahl landauf, landab in Kommentaren und Berichten übernommen - und geistert noch heute durch die Spalten und Berichte. Die Angaben haben (zum Glück) einen kleinen Haken: Sie stimmen nicht. Die Zahl von 125 000 Toten geht auf den Gesundheitsminister der Ukraine zurück. Professor Albrecht Kellerer vom strahlenbiologischen Institut der Universität München hat nachrecherchiert: Mit 125000 Toten nannte der ukrainische Minister schlicht und einfach die Gesamtzahl der in den betroffenen Gebieten seit 1986 verstorbenen (meist alten) Menschen. Die Formulierung, die der Gesundheitsminister wählte, war zugegebenermaßen mißverständlich. (Auf die Bevölkerungszahl umgerechnet, liegen 125000 Verstorbene im übrigen sogar noch etwas unter den deutschen Vergleichswerten. 1 )
      
Woher Umweltradioaktivität kommt
      

      
    Die Strahlenbelastung des einzelnen Bundesbürgers beträgt 4 Millisievert (mSv) pro Jahr - eine Gesundheitsgefährdung kann dabei praktisch ausgeschlossen werden. Als internationaler Standard zum Schutz vor Radioaktivität gilt ein Wert von 50 Millisievert, der jährlich an einem Arbeitsplatz nicht überschritten werden darf. (Quelle: Umweltministerium 1996)
      
    Bislang bezahlten vor allem Menschen aus der Gruppe der sogenannten »Liquidatoren« ihren Einsatz mit dem Leben. Ein Heer von 152 000 Helfern führte nach dem Unglück - oft völlig unzureichend geschützt - Rettungs- und Schutzmaßnahmen durch. 31 Helfer starben bereits 1986 an den Folgen ihres Einsatzes, bis 1993 erlagen weitere 14 Personen aus dieser Gruppe den Strahlenfolgen. 2
    Dokumentiert ist außerdem ein Ansteigen der Fälle von Schilddrüsenkrebs, vor allem bei Kindern. Sie haben bei gleicher Dosis ein fünffach höheres Risiko, an Strahlenkrebs zu erkranken, als Erwachsene. Während die Zahlen bis 1989 auf dem Niveau anderer Länder lagen, stiegen sie danach kontinuierlich an. Bis 1995 wurden in der Ukraine über den gesamten Zeitraum insgesamt 763 und in Weißrußland 696 Fälle von Schilddrüsenkrebs bekannt. 3 Derzeit wächst die Zahl von lahr zu Jahr linear an. Dr. Peter Jacob, Leiter der Arbeitsgruppe Risikoanalyse am Institut für Strahlenschutz des GSF-Forschungszentrums, erwartet in etwa fünf bis zehn Jahren einen Höhepunkt der Tumorerkrankungen. Bisher sind drei Jugendliche an Schilddrüsenkrebs gestorben. Der Berliner Strahlenschutzexperte Professor Klaus Becker weist darauf hin, daß Schilddrüsenkrebs zum Glück mit einer Quote von 92 bis 95 Prozent geheilt werden kann (vorausgesetzt die entsprechende medizinische Behandlung steht auch zur Verfügung). 4
    Ein Ansteigen der allgemeinen Leukämierate ist in den ehemaligen Sowjetrepubliken bislang statistisch nicht greifbar. Meldungen, wonach es in Deutschland und beispielsweise in Griechenland im Zusammenhang mit Tschernobyl zu einer erhöhten Leukämierate bei Kindern gekommen sei, hielten wissenschaftlichen Überprüfungen nicht

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