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Lexikon der Oeko-Irrtuemer

Lexikon der Oeko-Irrtuemer

Titel: Lexikon der Oeko-Irrtuemer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk und Miersch Maxeiner
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gleichzeitig. Deshalb ersetzt die Windkraft kein einziges konventionelles Kraftwerk, denn diese müssen zur Sicherung der Grundlast weiterbetrieben werden. Es entsteht so in den vorhandenen Kraftwerken bestenfalls zeitweise Leerlauf. Soweit die Argumente der Windkraft-Kritiker.
      
    Letztendlich zeigt sich an dem Streit, daß auch regenerative Energien ihre Haken haben. Solange die Windkraft ein vergleichsweises Schattendasein führte, blieben jedoch auch diese verborgen. Um eine einzige Standardlokomotive der deutschen Bahn mit Strom zu versorgen, müßten im Binnenland 34 Windturbinen laufen (und zwar ständig). Da fragt man sich in der Tat, ob es nicht vernünftiger, billiger und ökologisch unbedenklicher wäre, ein paar neue, energiesparende Lokomotiven anzuschaffen.
    Mit dem »Trend zum Abschreibungswindpark« (»taz«) verkehrt sich die an und für sich gute Sache vielerorts vollends ins Gegenteil -und lädt zum Abzocken ein. Windräder können regional durchaus sinnvoll und auch akzeptabel sein, doch als flächendeckende Subventionsparks werden sie zu Geldvernichtungsmaschinen. Die Form der Förderung von Windenergie legt fatale Ähnlichkeiten mit den unheilvollen Mechanismen der EG-subventionierten Landwirtschaft an den Tag. Mit einer möglichst effizienten Nutzung der energetischen und finanziellen Ressourcen der Gesellschaft hat dies aber nichts mehr zu tun.
    Windenergie darf nicht pauschal verdammt werden, es geht lediglich darum, sie vernünftig und mit Augenmaß einzusetzen. Ob man ihr Landschaftszerstörung vorwerfen kann, ist auch eine Frage des persönlichen Empfindens. Unsere Landschaft ist eben schon lange keine »unberührte Natur« mehr, sondern ein Produkt unserer Kultur. Und die unterliegt dem Wandel: Einstmals hochmoderne Fabriken und Bergwerke werden heute unter Denkmalschutz gestellt, weil wir sie als romantisch empfinden. Nicht bestätigt haben sich übrigens Befürchtungen, die Windräder würden Vögeln zum Verhängnis. Unsere gefiederten Freunde fliegen einfach darum herum.
    Auch andere regenerative Energien haben ihre Nachteile. Zum Beispiel die Wasserkraft. Das fällt uns häufig nur deshalb nicht auf, weil Mühlbäche und Wehre oft schon vor Jahrhunderten gegraben wurden und inzwischen als wildromantisch angesehen werden. Es macht durchaus Sinn, alte Wasserkraftwerke wieder zu aktivieren - die ökologischen Grausamkeiten wurden bereits von unseren Vorfahren begangen. Heute sollten wir in Deutschland die wenigen fließenden Gewässer bewahren, und sie nicht mit neuen Anlagen verbauen. Auch große Stauseen, die in Österreich oder Skandinavien vergleichsweise umweltfreundlichen Strom liefern, wären heute vielfach nicht mehr durchsetzbar.
    Von großen Dammprojekten in den Entwicklungsländern zieht sich heute mitunter selbst die Weltbank zurück - zu groß scheint der Verlust an Arten und Naturvielfalt. Auf der anderen Seite kann billiger Strom den vielerorts aus Gehölz, Abfall oder Tierdung bestehenden Hausbrand der armen Menschen ersetzen. Rauch und Abgase der meist offenen Feuerstellen zählen zu den größten Gesundheitsrisiken in diesen Ländern. Atemwegserkrankungen gehören beispielsweise bei Kindern zu den häufigsten Todesursachen. Und die Nutzung von Holz als Brennstoff führt vielerorts ebenfalls zur Zerstörung von Lebensräumen. Es gilt also abzuwägen.
    Aber auch die CO 2 -Bilanz der Wasserkraft hält nicht immer, was sie verspricht: Je nach der Menge der unter Wasser verrottenden Vegetation können Wasserkraftwerke größere Mengen Kohlendioxid und Methan freisetzen als vergleichbare Öl- oder Kohlekraftwerke. Das Kraftwerk am Balbina-Staudamm in Brasilien hat in den ersten acht Jahren seines Betriebes 16mal soviel dieser Gase entlassen wie ein Erdölkraftwerk gleicher Leistung, berichtet das englische Wissenschaftsmagazin »New Scientist«. 2
    Selbst die Sonnenenergie spendet kein Licht ohne Schatten. Einerseits ist ein erhöhter Anteil der Solarenergie mit Sicherheit wünschenswert und aufgrund des technischen Fortschrittes auch zu erwarten. Der Gedanke, mit ihrer Hilfe beispielsweise Einfamilienhäuser weitgehend energieautark zu machen, kann langfristig kaum falsch sein. Dies heißt aber noch lange nicht, daß eine großmaßstäbliche Anwendung der Solarzellen derzeit Sinn machen würde. Zwar ließen sich nach heutigem Entwicklungsstand damit rein theoretisch schon drei bis 57 Prozent des Stroms (nicht der Gesamtenergie) in Deutschland erzeugen. Dafür müßten

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