Lexikon der Oeko-Irrtuemer
Deutschland eine Verschiebung innerhalb der verschiedenen Energiearten stattfinden. Der Verlust an Kernkraftwerkskapazität wird durch relativ sauberes Erdgas ersetzt. Auch die erneuerbaren Energien gewinnen. (Quelle: Wirtschaftswoche/ Esso Energieprognose 1997)
Die Liberalisierung des Strommarktes mit stark sinkenden Preisen könnte hier zwar zu einem Rückschlag führen, der aber nichts an den langfristig positiven Perspektiven solcher Konzepte ändert.
Was den Großen recht ist, soll den Kleinen billig sein: 150 Freiburger Familien werden künftig in kleinen Kraftwerken wohnen. Ihre modernen Reihenhäuser erzeugen mittels Solarzellen mehr Strom, als die Hausbewohner verbrauchen. Der Name des Expo-2000-Projektes: Plus-Energiehaus. 6 Die großen Konzerne haben da sicherheitshalber schon mal einen Fuß in die Tür gesetzt; Shell, RWE und Bayer errichten in Gelsenkirchen und Alzenau für insgesamt über 50 Millionen Mark Solarzellen-Produktionsanlagen im großen Stil. Der Staat und die Länder fördern die Projekte mit Millionensummen (seit 1974 hat der Bund die Photovoltaik mit 1,3 Milliarden Mark gefördert). 7 Solarstrom könnte in zehn Jahren um ein Drittel preiswerter sein als heute.
Regenerative Energien - von Sonnenenergie über Wind bis Biomasse - bieten sich für Länder, in denen es noch kein dichtes Leitungsnetz gibt, als kleine, dezentrale Stromerzeuger geradezu an. Selbst China will bis zum Jahr 2000 für seine entlegenen Gebiete immerhin 1000 Megawatt aus Windkraft gewinnen. 8 Die Global Player bereiten sich jedenfalls vor: Shell will in seinen neuen Geschäftsbereich »Erneuerbare Energien« (Solarenergie, Biomasse und Forstwirtschaft) bis 2002 knapp eine Milliarde Mark investieren. Die Konkurrenz von BP engagiert sich ebenfalls zunehmend im Geschäft mit den erneuerbaren Energien. [Grafik siehe oben]
Auch ein Sprecher der Vereinigung deutscher Elektrizitätswerke (VDEW) glaubt, daß Solarstrom, Wind, Wasser und Biomasse »langfristig zur vierten Säule des Energiesystems neben den fossilen Brennstoffen, der Kernenergie und dem Energiesparen werden«. In Deutschland könnten regenerative Energien nach heutiger Einschätzung auf einen Anteil von gut zehn Prozent kommen - sollten technische Durchbrüche erfolgen, ist auch mehr drin. So befaßt sich etwa die Grundlagenforschung in Deutschland mit der Entschlüsselung der Photosynthese. Seit über drei Milliarden Jahren basiert alles irdische Leben auf dieser unerschöpflichen Energiemaschine.
Die Zeit der fossilen Energie als erdgeschichtliche Episode
Betrachtet man den Einsatz fossiler Energie auf einer längeren erdgeschichtlichen Zeitachse, so erscheint er wie ein kurzes Aufflackern. Genauso schnell wie die Nutzung der fossilen Energien die Welt eroberte, wird sie auch wieder verschwinden und dereinst als kurze Episode erscheinen wie etwa die Bronzezeit. (Quelle: TU-Clausthal/ M. Hubbert 1975)
Neue Atomkraftwerke sind derzeit in Deutschland nicht und weltweit nur wenige in Sicht. Neben Wirtschaftlichkeitserwägungen ist hierfür der beispielsweise auch in Japan zunehmende gesellschaftliche Widerstand verantwortlich. Dies könnte sich aber wieder ändern. Sollten sich die Befürchtungen um das Weltklima und den Ausstoß von Emissionen aus fossiler Energie bewahrheiten, wird niemand unseren Kindern verbieten können, die Atomkraft neu zu bewerten. Neue Reaktoren, bei denen eine Kernschmelze physikalisch ausgeschlossen ist, könnten ihre Chance bekommen. Dr. Diethard Schade, Vorstand der Akademie für Technologiefolgenabschätzung in Baden-Württemberg, sieht das so: »Mit welcher Begründung sollten wir kommende Generationen daran hindern, das Klimaproblem nicht mit Konsumverzicht und Energiesparen, sondern mit Konsumzuwachs und Kernenergienutzung lösen zu wollen?« 9
Wie immer es auch kommt: Die Menschheit wird in 100 Jahren wohl nur noch in beschränktem Maße auf die Verbrennung fossiler Brennstoffe angewiesen sein. Diese werden deshalb auch nicht ausgehen, sondern mit der Zeit einfach uninteressant werden. [Grafik siehe oben]
1 Der Spiegel Nr. 29/1997. 2 Die Zeit vom 4. 7. 1997. 3 Enquete-Kommission des deutschen Bundestages 1994. 4 Wirtschaftswoche vom 11. 9. 1997. 5 Focus Nr. 22/1996. 6 die tageszeitung vom 20. 1. 1998. 7 Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 5. 11. 1997. 8 Wirtschaftswoche vom 4. 12. 1997. 9 Bild der Wissenschaft Nr. 6/1997.
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