Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lexikon der Oeko-Irrtuemer

Lexikon der Oeko-Irrtuemer

Titel: Lexikon der Oeko-Irrtuemer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk und Miersch Maxeiner
Vom Netzwerk:
menschlichen Spermas verschlechtert habe, seien verfrüht. Anfang 1998 kommentierten die Forscher ihre Analyse: »Für die meisten Studien gilt, daß die Schlußfolgerungen - gelinde gesagt - zweifelhaft sind.« 5
    Das Bundesumweltministerium hat 3,5 Millionen Mark für neue Forschungen auf diesem Gebiet vergeben, um keine Maßnahmen ins Blaue hinein zu treffen. 6 Das bei der Gesellschaft deutscher Chemiker angesiedelte Beratergremium für Altstoffe legte Anfang 1998 seinen ersten Sachstandsbericht vor: Zwar sei noch keine abschließende Beurteilung möglich, industriell genutzte Chemikalien gefährdeten aber vermutlich nicht die Fruchtbarkeit. 7 Wie schnell ein voreiliger Sch(l)uß nach hinten losgehen kann, zeigt nämlich die leidvolle Erfahrung des amerikanischen Toxikologen John McLachlan. Der Forscher zog 1997 seine vielbeachtete Studie über angeblich synergistische Wirkungen von hormonähnlichen Substanzen zurück. Die sich gegenseitig angeblich bis zum Tausendfachen verstärkenden Wirkungen von östrogenartig wirkenden Pestiziden konnten von Kollegen nicht reproduziert werden.
    Die Publikation hatte die Debatte um die endokrinen Substanzen maßgeblich angeschürt. Sie schienen schon in kleinsten Mengen erheblich gefährlicher zu sein, als bis dahin angenommen. Das vom amerikanischen Vizepräsidenten Al Gore geförderte Buch »Die bedrohte Zukunft« hatte in den USA für Aufsehen gesorgt - und McLachlans Arbeit war einer der Kronzeugen der Anklage. »Die Schreckensvision einer Erde ohne Menschen könnte schneller zur Realität werden, als wir uns vorstellen«, heißt es auf dem Umschlag der deutschen Ausgabe. Der amerikanische Kongreß verabschiedete ein verschärftes Gesetz über die Chemikalien - ebenfalls im wesentlichen auf McLachlans Studien gestützt. Die Frankfurter Allgemeine schreibt: »Der Widerruf dürfte den Glauben der Politik in die Forschung gewiß nicht fördern.« 8
      
    1 Bild der Wissenschaft Nr. 2/1997. 2 Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 8. 5. 1996. 3 Bild der Wissenschaft Nr. 2/1997. 4 ebd. 5 die tageszeitung vom 3. 2. 1998. 6 Bundesumweltministerium, Pressemitteilung, 3. 7. 1997. 7 Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28. 1. 1998. 8 Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 6. 8. 1997.

»Wegen der Umweltbelastung steigt die Krebshäufigkeit«
      
    Die beiden größten Killer in der industrialisierten Welt sind heute Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen. Sie sind allein für etwa zwei Drittel aller Todesfälle verantwortlich, die auf Krankheiten zurückgehen. Das liegt einerseits daran, daß die Menschen schlicht älter werden und so »mehr Gelegenheit haben«, altersbedingte oder Verschleißerkrankungen zu entwickeln. Andererseits rächt sich nun langfristig übermäßiger Konsum. Er bringt die Menschen aber nicht über den Umweg von Umweltbelastungen in Luft, Wasser oder Lebensmitteln um, sondern ganz direkt: Rauchen, Übergewicht, falsche Ernährung sowie zu wenig Bewegung gehören zu den Hauptursachen. Den mit Abstand größten Gesundheitsrisiken setzt sich der Mensch also ganz freiwillig aus, vom Individuum unbeeinflußbare Umweltfaktoren spielen kaum eine Rolle. Weise Selbstbeschränkung ist daher die wirksamste Waffe gegen Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen - und ein probates Mittel für ein langes, gesundes Leben.
      
Chemikalienproduktion und Krebserkrankungen
      

      
    Die seit 1930 stark steigende Chemikalien-Produktion in USA hat sich nicht auf die dortige Krebshäufigkeit ausgewirkt. Die Anzahl der Krebsfälle zeigt keine wesentliche Veränderung. (Quelle: H. Hug 1997/ Texas Institute for Advancement of Chemical Technology)
      
    Wenn man den Alterseffekt herausrechnet, sinken bei den Herz-Kreislauf-Erkrankungen seit 1970 die Todesraten wieder. Auch beim Krebs gibt es einen geringfügigen Rückgang. Doch alles in allem ist die Krebsbilanz immer noch erschütternd, insbesondere, weil 50 bis 60 Prozent aller Krebserkrankungen durch einen veränderten Lebensstil abgewendet werden könnten. 20 Prozent aller Krebsfälle könnten durch Nichtrauchen vermieden werden (Lungenkrebs sogar zu 87 Prozent). Gesündere Ernährung - also mehr Obst und Gemüse statt Fett - würde 20 bis 42 Prozent aller Krebsfälle vorbeugen. [Grafik siehe unten]
    Von geringerer Bedeutung sind berufsbedingte Erkrankungen (vier bis acht Prozent aller Krebsfälle, künftig aufgrund verbesserter Schutzmaßnahmen voraussichtlich sinkend), krebserregende Viren (fünf Prozent, viele dieser Viren werden

Weitere Kostenlose Bücher