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Lexikon der Oeko-Irrtuemer

Lexikon der Oeko-Irrtuemer

Titel: Lexikon der Oeko-Irrtuemer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk und Miersch Maxeiner
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Heilung auch immer etwas mit Glauben zu tun hat: Der Glaube an einen bestimmten Arzt oder ein bestimmtes Heilverfahren kann tatsächlich Besserung bringen - auch wenn es dafür keinen wissenschaftlichen Nachweis gibt.
    Dennoch sollte man alternativen Heilverfahren nicht kritiklos begegnen. Wer gegenüber der Schulmedizin skeptisch ist, sollte diese Skepsis nicht an der Garderobe des Alternativmediziners abgeben; denn leider tummeln sich auf diesem Gebiet nicht wenige Kurpfuscher und Scharlatane.
    Ein weitverbreiteter Irrtum ist außerdem, daß alternative Heilverfahren harmlos seien - so sanft sind sie oft gar nicht: Naturheilmittel können ebenso Nebenwirkungen hervorrufen wie synthetisch hergestellte Medikamente. Überaus problematisch wird es schließlich, wenn wegen der Behandlung mit »sanften«, »alternativen« Methoden dringend erforderliche Vorsorge- oder Behandlungsmaßnahmen unterbleiben oder ausgesetzt werden. Zu trauriger Berühmtheit kam der Fall eines krebskranken Mädchens aus Österreich, dessen Eltern von den Behörden die Erziehungsberechtigung entzogen wurde, damit das Kind schulmedizinisch behandelt werden konnte.
      
    1 Spiegel Nr. 21/1997.

»Die Umweltverschmutzung ruft Asthma und Allergien hervor«
      
    In den siebziger und achtziger Jahren wurde oft ein direkter Zusammenhang zwischen hoher Umweltverschmutzung und der Häufigkeit von Asthma und Allergien hergestellt; das erscheint heute zunehmend unplausibel. Besonders augenfällig macht dies eine Untersuchung aus dem Jahre 1992. Damals verglich man anhand der Schwefeldioxidkonzentrationen die Luftqualität von Erfurt mit der von Hamburg und stellte dem dann die Zahl der jeweiligen Asthmaerkrankungen gegenüber. Ergebnis: Während die winterliche Schwefeldioxidbelastung in Erfurt bis zu fünfmal höher war, verhielt es sich mit der Zahl der Asthmaanfälle genau umgekehrt. Die lag in Hamburg bis zu dreimal höher. 1 [Grafiken siehe unten] Inzwischen sind auch in der ehemaligen DDR Luft und Trinkwasser sauberer geworden - und die Allergien nehmen zu. In Rußland, Tschechien und der Slowakei leiden »nur« zehn Prozent der Bevölkerung an Allergien (in Deutschland sind es nach Angaben des Allergiker- und Asthmatikerbundes 30 Prozent).
    Deshalb rücken andere Ursachen mehr und mehr ins Blickfeld der Mediziner. »Das Immunsystem hat freie Valenzen«, so formuliert es Barbara Laubstein, Leiterin des Allergie-Testlabors der Charite in Berlin. 2 Wo klassische Infektionen weitgehend besiegt sind, wo auch Dreck und Keime peinlichst entfernt werden, da hat die Körperabwehr offenbar nicht mehr genug zu tun. Das Immunsystem wendet sich der Milbe, den Pollen und dem Milcheiweiß zu.
    Kinder in der ehemaligen DDR wuchsen meist mit mehreren Geschwistern auf, waren in Krippe und Kindergarten reichlich mit ansteckenden Infekten konfrontiert, lebten in kaum isolierten Plattenbauten, die schlichtweg besser belüftet sind. Auch Teppichböden und Plüschtiere waren wenig verbreitet. Die Allergologin Renate Bergmann vom Berliner Virchow-Klinikum berichtet: »In Freiburg, in der Welt der Einfamilienhäuser, haben wir das Zehnfache an Allergie auslösenden Hausstaubmilben gefunden wie in Berliner Hochhäusern.«
    In der Wissenschaftszeitschrift »Science« publizierten Mediziner unlängst eine Studie 3 , die in die gleiche Richtung weist. Ihre Schlußfolgerung: Heuschnupfen und Asthma haben sich ausgebreitet, »weil in der modernen Lebensumwelt etwas fehlt«. Eine Schlüsselrolle spiele dabei die in den Industriestaaten weitgehend verschwundene Tuberkulose. Aufgrund der dadurch verschobenen Abwehrbalance haben Asthma oder Heuschnupfen plötzlich eine Chance. Allergien könnten so ein Preis der Zivilisation sein.
    Die Atemwegsstudie der EU kommt hingegen - auf Asthma bezogen - zu dem Schluß: »Asthma ist zu einem überwiegenden Teil genetisch bedingt.« Kinder, deren Eltern beide Asthmatiker sind, haben ein siebenfach höheres Risiko. 4
    Die meisten Allergieauslöser sind wohl, wie der Münchner Kinderarzt Carl Peter Bauer sagt, »hausgemacht«: »Eine Allergie hängt eindeutig mit dem Allergengehalt der Wohnung zusammen.« Die wenigsten Allergien, so der Mediziner, könnten auf allgemeine Luftverschmutzung zurückgeführt werden. Dies ergab eine Studie mit 1300 Kindern. 5 (Die Forderungen nach weiteren Anstrengungen zur Luftreinhaltung sind selbstverständlich dennoch berechtigt.) Meist spielen natürliche Stoffe in der Luft oder in der Nahrung eine Rolle.

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