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Liberator

Liberator

Titel: Liberator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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galten einzig und allein Col. »Find so viel du kannst über die Kohlestationen heraus und berichte mir dann.« Sie blinzelte ihm unauffällig zu.
    Cols Herz tat einen Sprung. Er wusste zwar nicht genau, wie er das Blinzeln deuten sollte, aber es galt eindeutig nur ihm.
    Padder und Dunga traten zu verschiedenen Steuerungsapparaten und riefen den Dreckigen auf der Brücke Befehle zu. Lye gab durch eines der Sprechrohre Anweisungen nach Unten. Shiv war schon verschwunden. Gansy wiederum stand über den Kartentisch gebeugt und zeichnete mit Lineal und Bleistift ihre Route nach Botany Bay in die Karte ein.
    »Ich geh mal nach Draußen auf den Beobachtungsposten«, sagte Riff, ohne jemand bestimmten anzusprechen.
    Jetzt hatte Col ihr Blinzeln verstanden. Sie bot ihm eine Möglichkeit an, allein mit ihr zu sprechen. Aus den Augenwinkeln sah er, wie sie die Metalltreppe emporstieg, die sie auf die Aussichtsplattform über der Brücke brachte.
    Er wartete eine Minute und ging dann in dieselbe Richtung. Leise und unauffällig stieg er die Treppenstufen hinauf. Er betete, dass ihn niemand sehen oder ansprechen würde, und das tat auch keiner.
    06
    Immer, wenn Col aus dem Gefechtsturm nach Draußen trat, waren seine Sinne von der Helligkeit überwältigt. Oben auf der Plattform war die Luft frisch und dünn, und die Sonne riesig. Endlich entdeckte er Riffs Silhouette vor der eisernen Brüstung am vorderen Teil der Plattform.
    »Ich hätte mir doch denken können, dass du einen Weg findest!«, begrüßte er sie.
    Sie grinste. »War mir nicht sicher, ob du es verstehst.«
    »Du hast mich gestern ganz schön abblitzen lassen.«
    »Gestern war ein ganz schlechter Tag. Du musst mir einfach ’n bisschen mehr vertrauen.«
    Sie sahen sich direkt ins Gesicht.
    »Ich hasse dieses ganze Versteckspiel«, sagte er.
    Ihr Grinsen verschwand. Betont kühl erwiderte sie: »Daran kann ich nichts ändern.«
    Er wollte sie in den Arm nehmen, aber ihr kalter Ton hielt ihn davon ab. Wieso war es in letzter Zeit ständig so? Immer erwischten sich beide gegenseitig auf dem falschen Fuß. Er wollte jedenfalls keinen Streit.
    Riff auch nicht. »Wie auch immer. Jetzt sind wir ja hier«, sagte sie und grinste wieder.
    Er liebte dieses Grinsen. Da war sie wieder, die alte tollkühne Riff, die kein Risiko scheute. Er atmete den Duft ihrer Haare ein, spürte die Wärme ihrer Haut … Da quietschte die Tür des Gefechtsturmes hinter ihnen. Schnell traten sie auseinander und versuchten nicht so auszusehen, als seien sie gerade bei etwas erwischt worden.
    Es war Lye. Was machte die denn hier? Col hätte vor Frustration schreien mögen. Ausgerechnet Lye! Diesmal entdeckte er jedoch keinen Hass in ihrem Blick, als sie auf ihn zutrat; sie ignorierte ihn einfach komplett. Ihr samtschwarzes Haar glänzte im Sonnenlicht, während ihre blasse Haut beinahe schneeweiß wirkte. Sie bewegte sich mit Haltung und Bedacht, fast als schwebte sie.
    »Ich dachte, ich halte gemeinsam mit dir Ausschau«, sagte sie zu Riff. Riff nickte, und Col spürte, dass sie Lye mit Bewunderung betrachtete, vielleicht sogar mit einem Hauch Neid. Das machte ihn wütend, denn Riff musste doch wissen, dass sie unendlich attraktiver war. Nicht die schönere – doch Lyes Schönheit war kühl und unmenschlich. Riffs Gesicht war vielleicht weniger ideal proportioniert, aber es war lebendiger. Die Energie, die es belebte, war dieselbe, die ihren gesamten Körper so kraftvoll und geschmeidig machte.
    Lye stellte sich neben Riff.
    »Wirst du denn Unten nicht gebraucht?«, fragte Riff.
    »Nein. Ich habe meine Anweisungen gegeben. Shiv wird jetzt Unten nach dem Rechten sehen.«
    »Okay.« Riff drehte sich und blickte über die Brüstung in die Ferne. »Von hier hast du die beste Aussicht.«
    Col musste daran denken, wie Riff versuchte hatte, die Wahl eines neuen Ratsmitglieds zu verschieben, und wie finster sie geblickt hatte, als klar war, dass eine Shiv-Unterstützerin in den Rat gewählt worden war. Warum dann jetzt so freundlich? Oder war das alles nur aufgesetzt?
    Riff zeigte nach vorne.
    »Kuck mal, sie ziehen die Transportschaufeln hoch. Jetzt kann’s nicht mehr lange dauern.«
    Col lehnte sie sich über die Brüstung und versuchte, sich ganz auf die Aussicht zu konzentrieren. Die Ausmaße des Juggernaut waren gigantisch: Fünfhundert Fuß ging es senkrecht in die Tiefe, dann verbreiterte sich der Juggernaut von einem grauen Metalldeck zum nächsten. Über den Decks hingen Netze und

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