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Liberty 9 - Todeszone

Liberty 9 - Todeszone

Titel: Liberty 9 - Todeszone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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und jeder freiwillig am Kreuz sterben muss. «
    » Glauben Sie an diesen Jesus? « , fragte Kendira.
    Dusty nickte. » Ja, das tue ich. Aber ich glaube nicht daran, dass alles, was in der Bibel steht und vor über zweitausend Jahren niedergeschrieben worden ist, absolut wortwörtlich zu verstehen ist. Und jetzt weiter, Leute! « , beendete er das Thema. » Wir haben noch eine verdammt lange Strecke vor uns. Und der gefährlichste Teil kommt erst in einigen Stunden! «
    Als sie die Kreuzung erreichten, bog Dusty nach links ab, ohne einen Blick in Richtung Salvation Square zu werfen. » Ihr schaut besser nicht nach rechts! « , rief er ihnen zu.
    Seine Warnung kam zu spät. Aber selbst wenn sie früher gekommen wäre, Kendira und ihre Freunde hätten wohl auch dann der Versuchung nicht widerstanden, auf der Kreuzung nach rechts zu blicken.
    Augenblicke später wünschte ein jeder von ihnen, es nicht getan zu haben.
    Der Salvation Square lag im Licht großer Feuer, die in alten Ölfässern und trichterförmigen Eisenkäfigen brannten. Ihr lodernder Flammenschein hob Dutzende hölzerner Kreuze aus der Dunkelheit, die rund um den großen Platz errichtet waren. Von zwei Kreuzen, die sich rechts und links neben einem Balkenkreuz mit der überlebensgroßen Metallfigur eines Gekreuzigten mit einem goldenen Dornenkranz um den Kopf erhoben, hingen die nackten Körper von Menschen. Sie waren blutüberströmt, über der Hüfte aufgeschlitzt und auf das Grässlichste von den scharfen Schnäbeln der Aasvögel gezeichnet, die nie lange auf sich warten lassen, wo der Tod einen menschlichen oder tierischen Leib in einen Kadaver verwandelte.
    Ein eisiger Schauer des Entsetzens lief Kendira durch den Körper und ein Würgen stieg ihr in die Kehle. Schnell wandte sie sich ab, aber das schaurige Bild hatte sich schon unauslöschlich in ihre Erinnerung gebrannt– wie auch so manch andere Bilder, zu denen auch die Auslöschung von Master Seyward und der Mord an Sinfora auf den Portalstufen der Lichtburg gehörten. Schon jetzt waren es viel zu viele, die sie für den Rest ihres Lebens heimsuchen würden. Aber sie ahnte, dass es nicht bei ihnen bleiben würde.
    Auch die anderen wandten sich rasch von der grauenvollen Szene ab, erschüttert und abgestoßen. Nur Hailey zeigte nicht die geringste Gefühlsregung.
    » So oder ähnlich werden wir auch enden « , sagte sie völlig gleichgültig. » Wir alle. Wir kommen aus dieser Dunkelwelt nicht mehr lebend heraus. «
    Carson fuhr zu ihr herum. » Red doch nicht so einen Unsinn! «, zischte er. » Der Runner bringt uns bestimmt sicher durch das Shadowland! Also hör auf, hier allen den Mut zu nehmen, okay? «
    Hailey lachte trocken auf. » Von wegen! Wir sind erledigt. Und warum auch nicht? Gibt doch keinen Grund, warum nur Indigo und Alisha dabei draufgehen sollen, oder? «
    » Halt endlich den Mund, sonst sorge ich dafür, dass du es tust! « Carson machte eine Drohgebärde.
    Kendira legte ihm eine Hand auf den erhobenen Arm, obwohl sie wusste, dass es eine leere Drohung war. Sie alle standen unter einer ungeheuren nervlichen Anspannung. Aber Carsons Nerven schienen blank zu liegen, blanker als die der anderen. Es kostete ihn sichtlich immer größere Anstrengung, ein Mindestmaß an Selbstbeherrschung zu bewahren. Das hätte sie bei ihm, der in Liberty9 doch von allen als unbestrittener Anführer bewundert worden war, nicht vermutet.
    Hailey verzog den Mund zu einem Ausdruck, der mehr mitleidig als abfällig war. » Wirst schon sehen « , murmelte sie und begann dann leise die Melodie von den zehn kleinen Negerlein zu summen. Sie fing jedoch schon gleich bei neun an.

50
    Eine knappe Stunde später trafen sie auf den alten Spike. Der Geruch von gebratenem Fleisch führte sie zu ihm in die Ruine eines Hinterhofs.
    Genau genommen wies der Geruch nur dem Runner den Weg zu dem Alten. Denn während Dusty schon das Feuer roch, wähnten sich die Libertianer noch ausschließlich von dem beißenden Latrinengestank umgeben, der den Gruben zwischen den vorgelagerten, hüfthohen Trümmerhaufen entwich. Aber vielleicht wusste Dusty ja auch, dass der alte Spike in dieser Mauerecke um eine Kellertreppe herum anzutreffen war, die von einem Hinterhof zwischen mehreren völlig zusammengestürzten Wohnhäusern aus Ziegelstein stehen geblieben war.
    Spike war eine klapprige, in Lumpen gehüllte Gestalt mit einem spitzen, vogelartigen Gesicht und einer heiseren Stimme, die dem Krächzen einer Krähe alle Ehre

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