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Liberty 9 - Todeszone

Liberty 9 - Todeszone

Titel: Liberty 9 - Todeszone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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großen, finsteren und muffigen Raum. Irgendetwas Haariges geriet ihr zwischen die Beine. Sie nahm es kaum wahr.
    » Drei! « , gellte Dusty. » Runter! Runter! «
    Kendira warf sich zu Boden. Sie schlitterte über Dreck und Staub. Ihre Maschinenpistole, die ihr im Fallen am Gurt von der Schulter gerutscht war, schlug ihr schmerzhaft hart gegen den Hüftknochen, und der Lauf traf sie wie ein Faustschlag am Kinn. Sie hörte sich aufschreien. Keine Zeit mehr, die Gurte des Rucksacks zu lockern und ihn sich über den Kopf zu zerren. Sie warf die Arme hoch, verschränkte sie über dem Kopf und riss den Mund weit auf.
    Und dann explodierte auch schon der Sprengstoff.
    Die Detonation klang wie das dunkle Aufbrüllen eines Giganten, der tödlich getroffen aufschrie und sich ein letztes Mal mit Riesenkräften im Tunnel aufbäumte und den Abyss dabei in Stücke riss.
    Der Boden bebte und wölbte sich unter Kendira. Ihr war, als müsste jeden Moment der Beton unter ihr aufbrechen und sie unter die Decke geschleudert werden. Das Mauerwerk um sie herum ächzte und knirschte, als würden Dutzende riesiger Sägeblätter versuchen, sich durch die Wände zu fressen. Ein Sturmwind heulte wie ein tausendstimmiger Geisterchor durch den Treppenaufgang, fegte durch den Raum, wirbelte Staubwolken auf und ließ sie husten.
    Dann trat Stille ein.
    Unwirkliche, beklemmende Stille.
    Selbst das Husten verstummte.
    Überlebt.
    Sie hatten überlebt.
    Und Fling und Flake waren tot. In Stücke gerissen und unter unzähligen Tonnen Gestein und Erdreich begraben.
    Langsam, wie in Zeitlumpe, rollten sie sich herum und setzten sich dort auf, wo sie sich hingeworfen hatten. Mehrere Taschenlampen lagen im Raum herum. Sie schickten ihr Licht über den Boden, zur Decke hoch, an die Wände. Einige Lichtbahnen kreuzten sich. Durch die hellen Schneisen, die sie in die Finsternis schnitten, tanzte der Staub.
    Keiner sagte etwas.
    Kendira hörte jemanden schluchzen. Das Schluchzen entrang sich ihrer Kehle. Sie wollte es unterdrücken, doch sie kam nicht dagegen an. Ihre Schultern begannen unkontrolliert zu zucken.
    Ein Arm legte sich um sie. Es war Dante. Sanft zog er sie an sich und nahm sie schützend in die Arme. Sie sank an seine Brust und wehrte sich nun nicht länger gegen ihre Tränen und ihr verzweifeltes Schluchzen, das aus ihr herausbrach.
    Dass Carson sich erhoben hatte und zu ihr wollte, nahm sie hinter ihren dichten Tränenschleiern nicht wahr. Wie es ihr auch entging, dass Dante ihm einen unbeugsamen, stechenden Blick entgegenschickte und Carson im Schritt innehielt, als wäre er gegen eine unsichtbare Mauer geprallt. Sie weinte hemmungslos, während sich die beiden zwei, drei Sekunden lang stumm mit Blicken duellierten– und Carson schließlich geschlagen den Blick senkte, sich umwandte und mit hängenden Schultern an seinen Platz an der Wand zurückkehrte.

56
    Sie setzten die Flucht durch die Tunnel der oberen Ebene fort. Die Furcht, zu früh aus den Tiefen des Abyss aufgestiegen zu sein und die Umzingelung durch die Islander nicht durchbrochen zu haben, saß ihnen noch lange wie ein unsichtbarer Begleiter im Nacken und trieb sie rastlos voran.
    Ihre Furcht erwies sich als unbegründet. Sie stießen in den Tunneln nur auf Elendsgestalten, die nirgendwo sonst Unterschlupf gefunden hatten und sich bei ihrem Nähern verängstigt in Nischen, Spalten und unter die seitlichen Laufstege verkrochen. Keiner wagte es, sich ihnen in den Weg zu stellen. Und sie liefen auch nicht in einen Hinterhalt von Hyperions Söldnern.
    Es ging auf halb vier zu, als Dusty sie endlich wieder an die Oberfläche führte– mit bleichen Gesichtern, am Rande ihrer Kräfte und mit der Gewissheit, innerlich um viele Jahre gealtert zu sein. Nie hätte Kendira geglaubt, dass sie Erlösung empfinden würde, wenn sie sich in der düsteren Trümmerlandschaft des Shadowland wiederfand.
    Ihren Gefährten erging es nicht anders.
    » Endlich! Endlich kann ich wieder atmen! « , stieß Zeno befreit hervor und schüttelte sich, als könnte er den hinter ihnen liegenden Horror auf diese Weise loswerden. » Nie wieder steige ich da hinunter! Keine Macht der Welt wird mich noch einmal dazu kriegen! «
    » Mich auch nicht « , murmelte Carson. » Dieser grauenhafte Abyss wird mich bestimmt noch bis ans Ende meines Lebens mit Albträumen heimsuchen. «
    » Was für ein Geschenk, wieder den Himmel über sich zu sehen « , sagte Dante dankbar. » Selbst wenn er noch so grau und

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