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Liberty Bell: Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition)

Liberty Bell: Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition)

Titel: Liberty Bell: Das Mädchen aus den Wäldern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Rosen
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einer der Miserybrüder auf dem Sofa mürrisch.
    »Klappe, Tiger«, schnaubte Mrs Kyriacou. »Klar gehört sie zu uns. Das sieht doch ein Blinder mit Krückstock. Sie ist praktisch mein jüngeres Ich, hat meine Augen, meinen Blick… Lacht nicht, Idioten! – Kümmere dich nicht um sie, Libby. Ich darf dich doch Libby nennen? Dieser andere Name, den du da hast, ist nicht so mein Ding…«
    Liberty Bell nickte abwesend. Sie hatte im Album weitergeblättert und betrachtete Aufnahme um Aufnahme.
    »Da ist sie auch. Und da. Und da.« Mrs Kyriacou tippte auf verschiedene Bilder und schnäuzte sich.
    »Du klingst wie ein verdammtes Tier, Mom«, rief Abel angewidert. »Heul doch nicht rum wegen der verschwundenen Fetten!«
    »Warum wurde sie eigentlich – immer dicker?«, fragte Liberty Bell nach einer Weile.
    »Vielleicht, weil sie einen Braten in der Röhre hatte, von dem keiner was wusste?«, schlug Dave Kyriacou vor und lachte dröhnend. »Wer weiß, wer sie geschwängert hat, die hässliche Dicke. Kam doch im Grunde nie irgendwohin, wo es Kerle gab.«
    Liberty Bell betrachtete ein Bild. »Wie – wie alt ist sie da?«, fragte sie, ohne den Blick von Ruby zu wenden, die kaum noch wiederzuerkennen war. Auf dem ersten Bild war Ruby ein schmales, blondes Mädchen gewesen, mit großen hellen Augen. Sie hatte in die Ferne geschaut und etwas in ihrem Blick war feenhaft gewesen, sanft, sehnsüchtig, vielleicht. Ein hübsches Kind, keine Frage.
    Aber auf dem Bild, das Liberty Bell jetzt vor sich hatte, war ein dickes, schwerfälliges und feindseliges Mädchen mit verschränkten Armen abgebildet, das ins Leere starrte, als würde es dort etwas sehen. Etwas Schreckliches, wie es schien.
    »Da… da war sie elf, glaube ich«, murmelte Mrs Kyriacou vage. »Ja, das muss gewesen sein, als Justin gerade geboren war. Damals hatte sie diesen Spleen mit dem Panther. Kaum auszuhalten war das…«
    »Panther?«, wiederholte Liberty Bell und machte ein verwirrtes Gesicht.
    Mrs Kyriacou nickte. »Ja, allerdings. Das verrückte Kind wurde von Tag zu Tag rätselhafter. Stiller. Verstockter. Aber wenn sie mal den Mund aufmachte, außer zum Essen, redete sie immer von diesem Panther. Er sei wieder da gewesen. Er beiße. Er sei böse. Er käme angeschlichen, um sie hinzustoßen und ihr wehzutun. Er sei grausam. – Irgendwann gewöhnten wir uns an ihre Fantasiegeschichten und ließen sie einfach plappern. Es war ihr sowieso nicht zu helfen. Sie war ein eigenbrötlerisches Kind. Trieb sich stunden- und tagelang im Wald herum und so. Kein Wunder, dass sie sich ausgerechnet einen Panther ausdachte. Abel versuchte, ihr manchmal klarzumachen, dass es in unseren Wäldern zwar wilde Tiere, aber keine Panther gäbe, aber sie blieb dabei… Stur war sie auch noch…«
    Liberty Bell saß still da.
    »Wollen wir nicht allmählich mal…?«, fragte Darayavahush ungeduldig und trat von einem Bein auf das andere.
    »… und dann ihr Schuhtick«, fuhr Mrs Kyriacou fort, ohne auf Dara zu achten. Sie blätterte eine Weile in dem Fotoalbum herum und deutete schließlich auf eine einzelne Aufnahme ganz am Ende des Buches. »Da, siehst du diese Turnschuhe, Libby? Sie fing an, sie Tag und Nacht zu tragen. Sie war verrückt nach Schuhen und schien sich vor nackten Füßen regelrecht zu ekeln…«
    Mrs Kyriacous Miene verfinsterte sich. »Dann tauchte eines Tages dieser einbeinige Säufer hier auf«, berichtete sie. »Er machte einen ziemlichen Zirkus und wollte unbedingt mit Ruby sprechen, warum auch immer. Aber Ruby lag oben im Bett und war krank. Kotzte sich die Seele aus dem Leib und hatte Fieber. Dieser Mr Fabiani war wie eine Klette. Lungerte den ganzen Tag hier draußen herum und…«
    Plötzlich wurde es draußen laut.
    »Verschwinde, Baz!«, rief Justin Kyriacou ärgerlich. Oder war es Sam? »Heute ist nicht einer deiner beschissenen, sogenannten Betreuertage, also verpiss dich…«
    Die Tür flog auf und Sam Kyriacou polterte über die Schwelle. Er sah sich um, als hätte er ein anderes Szenario erwartet. Hinter ihm tauchten Salva, Brian und die beiden vor sich hin plappernden Kleinkinder auf. Danach kam Baz.
    Argwöhnisch schaute Sam zwischen seinen fernsehschauenden Brüdern und seiner Mutter, die Liberty Bell neben sich hatte, hin und her.
    »Liberty Bell, da bist du ja! Gott sei Dank. Alles in Ordnung?«, fragte Baz als Erstes. »Hallo, Mrs Kyriacou«, fügte er dann hinzu und kam näher. »Wie ich sehe, haben Sie unerwarteten Besuch bekommen.«
    Mrs

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