Licht über den Klippen
irgendwo gelesen, Trelowarth sei im Jahr 1715 der
Sitz eines Blutsverwandten des Duke of Ormonde gewesen, doch ich wandte den
Blick ab und zuckte mit den Schultern. »Das habe ich noch nicht herausgefunden.«
»Du solltest Oliver fragen«, riet Susan mir. »Erinnerst du dich an
ihn?«
Ich nickte. »Ja, natürlich. Ich bin ihm am Mittwoch begegnet, in
Felicitys Laden.«
»Tatsächlich?«, meinte Felicity. »Das hat er mir gar nicht erzählt.«
»Was hältst du von ihm?«, erkundigte sich Susan.
»Tja …«, antwortete ich.
»Ein ganz schönes Sahneschnittchen, was?« Susan lachte. »Sieht er
nicht aus wie ein Filmstar?«
»Ich denke, dass Eva eine ganze Menge echter Filmstars kennt, Sue.«
»Wenn sie ihn nicht will, nehm ich ihn gern. Aber egal«, sagte sie
zu mir. »Wenn es um Geschichte geht, solltest du dich an ihn wenden. Er kennt
sich aus, weil er vor der Eröffnung seines Schmugglermuseums viel recherchiert
hat. Und wenn er es selbst nicht weiß, kann er dir mit Sicherheit Tipps geben,
wie du an die Informationen kommst.«
»Hat sein Museum am Sonntag geöffnet?«, wandte Mark ein.
»Wenn nicht, ist das auch kein Problem«, antwortete Susan. »Er wohnt
gleich darüber und macht bestimmt auf.«
»Besonders wenn die richtige Besucherin vor der Tür steht«, fügte
Felicity hinzu.
Olivers Museum befand sich an der Hafenstraße und war
tatsächlich geöffnet. Der Wind blies so heftig, dass ich hineinstolperte und
mich von innen gegen die Tür stemmen musste, um sie hinter mir schließen zu
können.
Im Innern roch es nach salziger Meerluft, alten Gipswänden und den
Sägespänen auf den Bodendielen. Auf den ersten Blick schien es, als ginge die
Helligkeit von den Schiffslampen aus Messing an den dunklen verwitterten Balken
aus und nicht von den modernen Lichtern in der Decke. Diese erschien mir
anfangs ungewöhnlich niedrig, doch wie bei den meisten alten Cottages der
Gegend war auch hier der Boden so ausgetreten, dass er sich unterhalb der Höhe
der Straße befand. Sobald ich die beiden Stufen hinuntergegangen war, konnte
ich aufrecht stehen, ohne mit dem Kopf anzustoßen.
Ich fühlte mich wie unter Deck eines Schiffes und erwartete
angesichts der Pfosten, Balken, Laternen, Fässer und Seile fast, dass der Boden
sich unter meinen Füßen zu heben und zu senken begänne.
»Eva!« Oliver kam aus dem hinteren Teil des Raumes hervor, nahm die
Brille ab und steckte sie in die Hemdtasche.
Ich schaute mich um. »Sehr hübsch ist es hier, Oliver.«
»Danke. Das Lob gebührt nicht mir allein. Das Projekt war die Idee
meiner Mutter. Sie stammt selbst aus einer Schmugglerfamilie, hatte über die
Jahre allerlei Sachen gesammelt und meinte, irgendjemand sollte ein Museum
dafür eröffnen. Und so …« Er breitete die Arme aus. »Leider ist sie nicht
geblieben, um mir zu helfen.«
Ich erinnerte mich an seine Mutter, eine fröhliche, zupackende Frau.
»Ach. Wohin ist sie denn gegangen?«
»Nach Bristol, zu meiner Tante. Sie hat mich einfach im Stich
gelassen.«
»Du scheinst ganz gut zurechtzukommen.«
»Hiermit? Das Museum finanziert mir meinen Lebensunterhalt nicht.«
Oliver lächelte. »Das ist ein Liebesdienst. Nein, ich besitze ein paar Ferienhäuser
drüben bei St. Non’s, die ich vermiete. Davon kann ich ganz gut leben.«
»Ferienhäuser? Da ist nicht zufällig gerade eins frei?«
»Bedaure, nein. Sie sind alle bis September ausgebucht.«
»Schade.«
»Warum, suchst du eins?«
»Ja, ich habe daran gedacht. Im Moment gönne ich mir eine Pause von
meinem Job und von L. A. und … von der Sache mit Katrina. Du weißt schon. Ich
dachte, vielleicht könnte ich ein Cottage mieten und eine Weile bleiben.«
»Such dir eins aus, dann werf ich den Mieter raus.«
Ich musste lachen. »Nicht nötig. Aber wenn im September eins frei
werden sollte …«
»Gehört es dir.« Als er merkte, dass ich mich weiterhin in dem Raum
umsah, fragte er: »Soll ich dir alles zeigen?«
»Ja, bitte.«
Er hatte die Ausstellungsstücke chronologisch angeordnet, von den
Anfängen der Besiedelung der Gegend über die verwegenen Freibeuter der
Tudor-Ära bis zur Blütezeit des Schmuggels Ende des achtzehnten Jahrhunderts,
von dem alle, auch die Steuereintreiber, profitierten, die eigentlich die
Schmuggler kontrollieren sollten.
Es hatte immer Handelsbeziehungen gegeben zwischen Cornwall und der
französischen Bretagne, und weder Kriege noch Steuern waren in der Lage
gewesen, die kornischen Schmuggler um diese
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