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Licht vom anderen Ufer

Licht vom anderen Ufer

Titel: Licht vom anderen Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Ernst
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von Anna einen guten Rat zu erhalten. Und nun war das auch wieder nichts. Konnte denn kein Mensch begreifen, dass sie sich endlich verlieben wollte? Musste sie denn wirklich allein durchs ganze Leben gehen, nur am Rande des Glücks hinpilgern und zusehen, wie andere alles aus dem Vollen schöpften, das Glück der Liebe, die Ehe und Kinder?
    »Dann meinst also nicht?«, fragte sie zaghaft.
    »So nicht. Du kannst doch keinen fremden Mann auf der Straße anreden und ihn zu dir einladen.«
    »Er war ja bloß ein Soldat.«
    »Ach, Emma«, lächelte Anna. »Das ist doch ein und dasselbe. Du musst dir nicht einbilden, dass man das Glück zu sich herzwingen kann. Wenn dir einer bestimmt ist, wird er kommen, verlass dich drauf.«
    »Na ja, in Gottes Namen, wart ich halt noch«, sagte Emma entmutigt und horchte auf das leichte Klatschen, das jetzt im Butterfass zu vernehmen war. »Wenn du mir schon keinen anderen Rat weißt, dann gib mir wenigstens ein Butterbrot.«
    »Das kannst haben«, lachte Anna und hob den Deckel wieder. Goldgelb lag die Butter zwischen den
    Schaufeln. Sie holte Brot heraus und ein Messer und Emma durfte sich gleich direkt aus dem Fass fingerdick aufstreichen. Sie war jetzt wieder ganz zufrieden. Aber sie hatte schon noch eine Idee in ihrem verworrenen Köpfchen. Vielleicht wusste die alte Burgl einen Rat. Vielleicht hatte die irgendeinen Trank, der sie begehrenswert machte.
    »Dann mach ich mich wieder auf den Weg«, sagte sie.
    Anna hielt sie nicht. Sie hatte vorhin aus der Kammer einen Laut vernommen und war unruhig geworden. Sie begleitete Emma noch bis zum Gatter und hatte plötzlich einen Gedanken. »Was sagt man denn unten, Emma? Kommen die Amerikaner schon bald?«
    »Lang wird es nimmer dauern.«
    Anna fasste Emma mit drängender Hast an der Schulter. »Pass auf, Emma. Ich muss es sofort wissen, wenn sie kommen.«
    »Lauf ich halt rauf zu dir, wenn sie da sind.«
    »Oder du gibst mir ein Zeichen, wenn es dunkel wird. Zum Kirchbergl seh ich von da aus hinunter. Wenn du abends um neun dreimal mit einer Taschenlampe winkst, weiß ich, dass sie da sind.«
    »Gut, das mach ich. Kannst dich auf mich verlassen.«
     
    Und so trippelte die Emma nun wieder talwärts, aber nur bis sie im Jungwald angekommen war und von Anna nicht mehr gesehen werden konnte. Dann bog sie rechts ab zur Waldlichtung und war wieder voller Hoffnung, als sie die Burgl vor ihrer Hütte sitzen sah.
    Sie klagte der Alten in bitterwehen Tönen ihr Leid und bat herzerweichend um ein »Trankerl« für die Liebe. Es solle so stark sein, dass keiner ihr entrinnen könne, wenn er in ihre Nähe käme.
    Die Burgl hatte Mitleid mit dem Geschöpf und gab ihr aus Mitleid ein Fläschchen, das völlig harmlos war und nur den Kreislauf anzuregen vermochte. Aber die Emma machte sich glückselig auf den Heimweg und dachte immerzu an den kleinen dicken Gefreiten, der gestern dreimal vor ihrem Häuschen auf und ab gegangen war und den Mut nicht fand sie anzusprechen.
    Als sie im Dorf ankam, nahm die Kompanie gerade Aufstellung zum Abmarsch. Ein paar scharfe Kommandos fielen und die Truppe setzte sich in Marsch. Den Schlussmann bildete der kleine Gefreite mit einem Maulesel. Der Marschtritt dröhnte auf der Holzbrücke über die Riss. Die Emma lehnte am Geländer und suchte nur den einen. Dann sah sie ihn und er sah sie. Er hob die Hand an seine Jägermütze und lächelte sie an. Emma konnte nicht lächeln. Es war ihr todtraurig ums Herz. Aus verschwommenen Augen sah sie den Soldaten nach, und als sie um eine Wegbiegung verschwunden waren, drehte Emma sich um und warf das Fläschchen mit dem »Liebestrank« in die Riss.
     
    Um drei Uhr am Nachmittag kam der Rauscher mit dem Almgespann und brachte Brot, Mehl und Fleisch in die Hütte. Anna sah den kleinen, gedrungenen Haflinger mit seiner hellen Mähne schon, als er aus dem Wald herauskam. Der Rauscher ging hinter dem Gefährt. Die Jacke hatte er ausgezogen und seine weißen Hemdsärmel pluderten sich im Wind.
    Mit pochendem Herzen stand Anna beim Brunnen und sah das Gefährt langsam heraufkommen. Ob sie es dem Vater sagen sollte?
    Vorhin war sie in der Kammer gewesen. Groß, aber ganz ohne Angst hatte der Flieger sie angesehen, als wüsste er, dass ihm von ihr keine Gefahr drohe. Sie hatte ihm warme Milch eingeflößt und er hatte sie dankbar angelächelt – dieses Lächeln war wie ein Sonnenleuchten in seinem schmalen Gesicht.
    Jetzt war das Gefährt herangekommen und Anna half dem Vater, den Gaul

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