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Lichtbringer - Lichtbringer

Titel: Lichtbringer - Lichtbringer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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war so bleich, dass sein Gesicht im Dunkeln zu schimmern schien.
    Eine Heilkundige eilte herbei und breitete den Inhalt ihrer Tasche neben dem Verletzten aus. Der Leiter der Expedition führte die beiden Helfer ein Stück von ihrem Meister fort und befragte sie.
    »Was ist geschehen? Sind die Bitaner gelandet?«
    Die Elfe schaute ihn verwirrt an, ihr Begleiter schüttelte den Kopf. »Nein«, antwortete er. »Es waren diese Tiere.« Er rang nach Worten. »Wir haben sie heute Morgen entdeckt, eine Art Schlangen mit Klauen. Belas ist ihnen den ganzen Tag über gefolgt. Er hat sich Notizen gemacht...«
    »Raubtiere?«, fragte der alte Elf.
    Die Helferin nickte. »Eindeutig. Sie wirkten groß genug, um uns gefährlich zu werden. Aber Belas meinte, wir müssten uns keine Sorgen machen. Er ging davon aus, dass die Tiere ein Beuteschema haben und dass sie kein fremdartiges Wesen anfallen würden. Und sie waren tatsächlich scheu. Sie wirkten nicht einmal neugierig.«
    Weitere Wissenschaftler traten hinzu. Frafa zog die Arme um den Leib und blieb ganz vorn bei dem Verletzten stehen. Sie mochte keine Magie mehr besitzen, aber sie hatte ihr ganzes Leben lang Tiere studiert. Sie wollte wissen, was der Mann falsch gemacht hatte.
    »Sie hatten sich scheinbar an uns gewöhnt«, fuhr die Helferin fort. »Belas ging immer näher hin. Er wollte schärfere Aufnahmen machen ...«
    »Ich habe ihn gewarnt«, warf der Helfer ein. »Wir kannten die Tiere nicht, und sie sahen gefährlich aus.«
    »Aber Belas meinte, er würde merken, wenn sie aggressiv werden. Kein Tier greift ohne Vorwarnung an, sagte er. Er hat jahrhundertelange Erfahrung, und er hat viele Forschungsreisen unternommen, wie hätten wir ihm widersprechen können? Doch dann haben die drei Schlangenwesen ihn plötzlich angefallen. Wir mussten sie mit Waffen vertreiben!«
    »Das war dumm von ihm«, bemerkte einer der umstehenden Elfen. »Wir sind in einer fremden Welt. In Leuchmadans Welt! Wie kann er erwarten, dass er die Tiere hier versteht?«
    »Ich hätte vielleicht dasselbe geglaubt«, murmelte Frafa. Jede Spezies, die sie kannte, vom Insekt bis zum Drachen, verriet einen Angriff durch untrügliche Anzeichen. Wenn man viele verschiedene Arten kannte, konnte man auch Rückschlüsse auf fremde Spezies ziehen und eine allgemeine Intuition entwickeln.
    »Er hatte über hundert Jahre Erfahrung«, wiederholte die Assistentin des Zoologen. »Wie hätten wir ahnen können, dass sein Instinkt ihn dermaßen trügt?«
    Es war eine fremde Welt, und Frafa wusste nicht sicher, was geschehen war. Vielleicht hatte der Elf die Anzeichen schlichtweg übersehen. Dennoch empfand Frafa eine vage Unruhe bei dem Gedanken, dass sich dort draußen etwas verändert hatte, dass ein paar Tiere, die den ganzen Tag über harmlos wirkten, irgendwann in der Nacht plötzlich gefährlich wurden. Sie erinnerte sich an ihre eigene Beklemmung auf dem Rückweg von der Ruinenstadt, als der Wald, der ihr bei Licht vorgekommen war wie ein Kinderparadies, unvermittelt eine bedrohliche Ausstrahlung bekommen hatte.
    Lag es nur an der Dunkelheit? Doch die Nacht war die natürliche Tageszeit einer Nachtalbe. Aber sie hatte keine Magie mehr, um feinere Schwingungen zu fühlen, und sie hatte nichts beobachtet, was ihrer Sorge Nahrung gab. War die Welt also tatsächlich gefährlicher geworden in den letzten zwölf Stunden? Oder handelte es sich um einen einfachen Unfall, zurückzuführen auf die Selbstüberschätzung eines elfischen Zoologen?
    Elfen sind bekannt für ihre Selbstüberschätzung!
    Die Heilerin trat zu der Gruppe neben den hageren Expeditionsleiter. »Er ist tot«, flüsterte sie laut genug, dass alle Alben- und Elfenohren im Umkreis es vernehmen konnten. »Die Wunden waren nicht tief, aber es waren viele, und er hat zu viel Blut verloren.«
    Schweigend gingen die Elfen auseinander. Sie machten sich wieder an die Arbeit und bauten das Lager ab. Nur Frafa blieb zurück und die beiden Helfer des Toten, die ihre Hilfe ablehnten und ihren Meister allein bestatten wollten. Frafa stand dabei und schaute nachdenklich zu, bis das Surren des Odontopters die Luft erfüllte und die Gnome mit den geborgenen Elfen zurückkehrten.
 
    Als der Odontopter wieder abhob, war Frafa dabei. Die schwere Maschine der Kopfgeldjäger glitt dicht über den Bäumen dahin, deren runde Kronen zu einer trügerischen Hügellandschaft verschmolzen. Frafa blickte durch die Luke und suchte misstrauisch den Horizont ab. Wo waren die Bitaner?

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