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Lichtbringer - Lichtbringer

Titel: Lichtbringer - Lichtbringer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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Bewohner hindurch, als wären es bloße Schemen.
    Frafa sah den Wald unter Schnee begraben, und rote Blütenfelder im Sonnenschein. Sie sah hohe Türme, die gewachsen waren wie Bäume, sie sah Flugapparate am Himmel und noch mehr von den fremden Wesen, die einen Krieg austrugen. Ein halbes Dutzend von ihnen starben in einem gelben Nebel, der aus einer gepanzerten Maschine kam, doch als Frafa an die Stelle gelangt war, standen dort hüfthohe Schlangenbäume um einen Tümpel mit violettem Wasser.
    Sie sah nackte Echsenaffen mit Speeren in den Händen, und einen Moment lang lief sie durch das Zimmer eines Zauberers, der vor brodelnden Retorten stand und mit einer Feder auf Pergament schrieb. Als sie sich über seine Schulter beugte, um die Worte zu lesen, glotzten ihr tausend Augen auf Fühlern entgegen, und die formlose Kreatur vor ihr, zu der die Fühler gehörten, kroch empört schmatzend davon.
    Frafa spürte das Gift in ihrem Leib, und sie wusste, dass sie halluzinierte. Jede Zelle in ihrem Gehirn schien einem anderen Bild nachzujagen, es festzuhalten und ihr zu präsentieren. Dinge, die sie sah, und Dinge, die sie fühlte. Wer wusste, aus welchem Winkel in Zeit und Raum die Bilder kamen? Was wirklich war und was nicht?
    Wieder einmal ging eine Sonne auf. Die Strahlen stachen durch Schneisen im Wald, und Frafa sah Phantome davon durchbohrt und vergehen. Der Ulmenwald war verschwunden, und um sie her wuchsen Pilzbäume mit ballonartigen und makellos geschlossenen Kronen, rot und gelb und blau, sie sah Stämme, die aussahen wie Brotlaibe, und die Korallenbäume, die sie schon auf ihrem Weg zur Ruinenstadt gesehen hatte.
    Die Luft roch frisch, und was sie sah, wirkte ungewohnt fest. Frafa streckte die Hand aus, berührte einen Farn und überlegte, wann er wohl existierte.
    Dann hörte sie ein hustendes Geräusch, fühlte eine Berührung an der Brust, und als sie an sich hinuntersah, war da ein Loch, ein Schwall von grünem Blut und die Ahnung eines Schmerzes, der sich jedoch so fern anfühlte wie die Phantasmen ihrer nächtlichen Wanderung. Bei jedem Atemzug gluckste es, und Frafa bekam keine Luft in die Lungen.
    Ihr wurde schwindelig, und sie brach in die Knie.
    »Aye«, sagte eine raue Stimme, und ein Goblin mit goldenen Reißzähnen trat aus dem Unterholz. »Ha'n wir ja das Wild, 's undankbare Vögelchen. Mit sauberm Schuss erlegt. Und Sneithan hat's getan, nicht die stolzen Herrschaften!«

23
 
    Der Nexus, der heute zu einem allgegenwärtigen Spinnennetz geworden ist, dessen Fäden sämtliche Bereiche unseres Informationszeitalters zusammenhalten, ist keinesfalls eine neue Erscheinung. Berichte über den Nexus reichen viele Jahrhunderte zurück, und wenn man alles hinzuzählt, was möglicherweise Berichte über den Nexus sein könnten, in einer Zeit, da dieser Begriff nicht bekannt war und es an Worten und Verständnis fehlte, um seine Natur angemessen zu beschreiben ... dann muss man seine Geschichte wohl nach Jahrtausenden bemessen.
    In jenen Zeiten allerdings waren nur Magiekundige in der Lage, den Nexus zu entdecken und zu gebrauchen, eine kleine Minderheit unter den Menschen, und vermutlich auch nur wenige unter den von Natur aus magischen Völkern. Und weil Magier zu allen Zeiten ein verschlossenes Völkchen waren, das seine Geheimnisse eifersüchtig hütete, musste der Nexus vielfach neu entdeckt werden und wurde zu verschiedenen Zeiten zu den unterschiedlichsten Zwecken verwendet, ohne dass die jeweiligen Benutzer überhaupt wussten, dass sie sich in ein und derselben Sphäre bewegten.
     
    Aus: »E INE KLEINE G ESCHICHTE DER W ISSENSCHAFT «,
    VON T ESLO H OIGAN
 
    Rudrogeit sah, wie Sneithan die Ladung an seiner Waffe hochdrehte. Er sprang aus dem Buschwerk. Hinter ihm glitten die schleimigen Wülste, aus denen der Busch bestand, schmatzend wieder zurück.
    »He!«, rief er. »Was hast du vor?«
    Der Goblin blickte ihm grinsend entgegen und stützte das LIG mit dem Lauf nach oben in die Armbeuge. »Wie sieht's'n aus, Blasszahn? Geb ihr'n Rest, dem Mondgesicht. Scheiße, schau's dir an, hat sich bleichen lassen - wie'n Vampir!«
    Er lachte schallend.
    Frafa war auf Hände und Knie zusammengebrochen. Das blonde Haar, das ihren Kopf verhüllte, irritierte Rudrogeit. Hatten sie die Richtige erwischt? Aber er hatte schon in Altagrisa gehört, dass sie sich als Elfe tarnte.
    Sie röchelte, und das Blut sammelte sich in einer Lache unter ihr. Gesplitterte Knochen ragten am Rücken aus dem zerfetzten Kleid.

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