Lichtbringer - Lichtbringer
den Bolzen, der in seiner Brust steckte. Gleichzeitig spürte er ein Brennen, das sich dort ausbreitete. Sein Kampfeswille brach.
»Hinlegen und Hände in die Luft!«, rief einer der Uniformierten.
Wisbur fühlte sich wie in Trance.
Geistesabwesend griff er nach dem gefiederten Pfeil, der sehr der Munition seiner eigenen Blaspistole glich, der aber natürlich ein viel größeres Kaliber hatte. Wisbur zog ihn heraus. Benommen blickte er auf das Sichtfenster der eingelassenen Kanüle und fragte sich, wann wohl die Wirkung einsetzte. Vielleicht war das Gift gar nicht tödlich - vielleicht war es nur ein Betäubungsmittel...
Er atmete ein und aus und war so in seinen eigenen Körper versunken, dass er kaum hörte, wie der Offizier seine Anweisung wiederholte. Es war ohnehin vorbei...
»Glaub bloß nicht, dass du dich hier in einer Ritze verkriechen kannst, Gnom!«, meinte der Offizier hämisch. »Die Droge kastriert nicht nur Magier. Sie blockiert auch deinen Gnomenzauber.«
Wisbur verstand. Kein Gift...
Er ließ den Pfeilschaft fallen und blickte auf. Ein halbes Dutzend großer Gewehrläufe zielte auf ihn, richtige Waffen. Wisbur hob die Hände und sank auf die Knie. Er hatte noch eine zweite Chance bekommen, aber nicht zur Flucht und nicht zum Widerstand. Er war gefangen, ihr Plan war gescheitert. Als er am Boden lag, kamen die Soldaten vorsichtig näher. Einer setzte ihm ein Knie auf den Rücken und fesselte ihm die Hände.
»Ihr wart schnell hier.« Wisbur versuchte, kaltblütig zu klingen.
»Klar«, antwortete der Soldat, der über ihm war. Er zeigte zur Decke. Wisbur drehte den Kopf und sah jetzt die Sichtlinsen, die dort angebracht waren. »Die Jungs von der Überwachung fanden's langweilig, wie du allein durch die Gänge geschlichen bist. Also haben sie uns runtergeschickt, damit sie ein bisschen Sport zu sehen kriegen.«
Er riss Wisbur an den Haaren hoch.
Der Anführer des Trupps trat näher und schaute verächtlich zu den verkeilten Luken, dann auf den gefangenen Gnom. »War sowieso ein blöder Plan, was auch immer du vorhattest. Wusstest du nicht, dass der Rumpf hier metertief im Boden steckt und die Klappen so feststecken wie ein Trollschwanz im Eichhörnchenarsch ? «
Die Hauptleute des Stoßtrupps waren mit den beiden Magiern ganz nach vorn gerobbt. Gemeinsam beobachteten sie den Streifen zwischen dem Waldrand und dem Schiff und suchten einen sicheren Weg zwischen den Ruinen. Barsemias spähte unter einem Gewirr von Ranken hindurch, die aussahen wie kleine Keulen an langen Schnüren und die sich langsam bewegten, obwohl es keinen Wind gab.
»Wo sind die Luken?«, fragte einer der Späher.
»Am Bug, heißt es, aber ich seh sie nicht«, erwiderte ein anderer Hauptmann.
»Wir werden sie sehen, wenn sie aufgehen«, warf Barsemias ein. »Lasst uns erst mal dorthin kommen.«
»Pssst«, zischte Ledesiel. »Etwas stimmt hier nicht.«
Sie winkte eine weitere Späherin heran, Leiri, die angeblich schon einmal an diesem Ort gewesen war. Dann unterhielt sie sich flüsternd mit ihr. Schließlich wandte sich Ledesiel wieder an ihre Begleiter.
»Ihr Späher seid einfach blind«, verkündete sie den Hauptleuten brüsk. »Ihr seht Pflanzen und Verstecke und bestenfalls die Auren eurer Feinde, aber ihr habt keinen Blick für das Ganze!«
Alle sahen sie an und schwiegen betreten, und die Späherin Leiri senkte den Kopf.
»Seht ihr es immer noch nicht?«, wisperte Ledesiel. »Das ist keine Ruinenstadt! Sie ist frisch und lebendig. Die Pflanzen, mit denen diese Geschöpfe zu spielen scheinen - sie sind verwoben. Ich erkenne Signalranken, und diese Blüten und Stauden dort, sie sind gezielt als Labor und zur Analyse gezüchtet und hintereinandergeschaltet. Das ist eine richtige Stadt, mit komplexen organischen Systemen, die einen Zweck erfüllen, ein Netzwerk, das denkt und rechnet. Fast so wie Porfagilia es einmal war, nur so fremd, dass ich nicht sämtliche Einrichtungen unterscheiden kann.« Ledesiel schüttelte den Kopf. »Ihr Späher habt diesen ganzen Wald durchkämmt und die Feindseligkeit bemerkt, aber den Feind selbst habt ihr einfach übersehen!«
»Das kann nicht sein«, stammelte Leiri, »Diese Geschöpfe sind nicht wie wir. Sie haben keinen Verstand. Sie waren ... einfach nur merkwürdig, als wir das erste Mal hier waren!«
Die Späherin wies mit zitternden Fingern auf die verschachtelte Siedlung, auf die Wesen, die sich darin bewegten. Ledesiel schaute genauer hin, schloss die Augen und
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