Lichtbringer - Lichtbringer

der Wichtel. Er brauchte einen Moment, um sich an die Veränderung zu gewöhnen.
    »Frafa?«, rief Descidar. Er ließ die Arme sinken. »Was tust du hier?«
    Frafa lachte bitter. »Das sollte ich eher Sie fragen, Descidar. Auf einem Schiff, das mich verfolgt! Da hätten Sie eigentlich damit rechnen können, mich irgendwann auch mal zu sehen.«
    »Ich wollte nicht hier sein. Gulbert hat mich dazu gezwungen!« Descidar klang aufrichtig empört. »Sie haben den Nodus im letzten Augenblick mit so vielen zusätzlichen Einheiten für diese Reise aufgerüstet, dass Gulbert unbedingt einen Experten dabeihaben wollte. Dabei hätte ich zu Hause in meinem Labor wirklich genug zu tun gehabt.«
    »Was haben Sie mit dem Nodus zu tun?«
    »Bitte.« Descidar legte ihr behutsam eine Hand auf den Arm. »Frafa, wir kennen uns doch! Ich bin Wissenschaftler, und ich werde bestimmt nicht gegen Sie kämpfen. Ich mache hier nur meine Arbeit. Warum lassen Sie mich nicht einfach los, und wir reden ganz in Ruhe darüber?«
    »Was haben Sie mit dem Nodus zu tun?«, wiederholte Frafa.
    »Ich, äh ... Ich bin der leitende Wissenschaftler des Projekts. Ich habe ihn sozusagen entworfen. Der Nodus ist die Singularität unseres Fortschritts - künstliche Magie! Der Höhepunkt aller Forschung. Wir schaffen einen eigenen kleinen Nexus, der noch dazu denken und zaubern kann!«
    »Jaja«, sagte Frafa. »Verschonen Sie mich mit den Einzelheiten, Descidar. Wie schaltet man ihn ab?«
    Ein Gefühl des Triumphs stieg in ihr auf. Sie brauchte den Wichtel gar nicht. Sie mussten nicht lange nach einem technischen Weg suchen, um die Besatzung des Schiffes von ihrer wichtigsten Waffe abzuschneiden. Sie hatte Descidar, und er kannte den Nodus, und er war schwach. Dieses Schiff gehörte ihr!
    »Abschalten?«, stammelte der Doktor. »Aber das geht nicht!«
    »Mein lieber Descidar...« Frafa trat dichter an den Mann heran. Sie löste eine Hand von seinem Hals, strich mit den Fingern über seine Wange und sprach ganz sanft. »Siehst du den Schiffszauberer dort? Er hatte eine magische Verbindung zum Nodus, und wäre nur ein Teil seines Geistes am Leben geblieben, hätte er alle Macht des Schiffes gegen mich lenken können. Darum habe ich seine Seele zerfetzt im Bruchteil eines Augenblicks und bin mit meiner Aura in seinen Leib geschlüpft wie in einen Handschuh. Das war gar nicht schwierig für mich. Hältst du es also wirklich für klug, dich mir zu widersetzen?«
    »Nein ... nein«, stammelte Descidar. »Ich will mich gar nicht widersetzen. Das habe ich doch gesagt! Aber den Nodus kann man nicht so einfach abschalten. Es ist keine Maschine.«
    »Was dann?«, fragte Frafa.
    »Nun.« Descidars Blick flackerte. Er schaute an Frafas Gesicht vorbei, als suchte er einen Fluchtweg.
    »Ein biologisches Konstrukt. Wir nehmen Menschen mit schwacher magischer Begabung als Grundlage. Die verändern wir durch eine gezielte Thaumagel-Mutation, bis nichts mehr von ihnen bleibt als Geist und Gehirn. Den Geist lassen wir von Magiern neu prägen, wir löschen Willen und Bewusstsein, und die Einheiten, die übrig bleiben, setzen wir in der Nodus-Kammer zusammen zu einem größeren Ganzen, einem halb lebendigen, aber künstlichen Gehirn, in dem sich die Gabe all dieser kleinen Zauberer potenziert.«
    Descidar wies auf eine zweite Panzertür gegenüber dem Eingang. Frafa fühlte, wie ein Schauder ihr den Rücken emporkroch.
    »Daran hast du geforscht?«, fragte sie.
    Descidar sah ihr ins Gesicht, und was er sah, gefiel ihm anscheinend nicht. »Wir haben doch in Daugazburg darüber gesprochen«, sagte er, wie um sich zu rechtfertigen. »Das ist Wissenschaft. Wir haben etwas Großes geschaffen. Eine Nachtalbe sollte Verständnis dafür haben.«
    »Ja«, erwiderte Frafa tonlos. »Das sollte sie. Wie schaltet man das Ding ab?«
    »Gar nicht«, antwortete Descidar beharrlich. »Wie schaltet man ein Gehirn ab? Dieses ›Ding‹ betreibt das Schiff. Es sorgt für den magischen Schutzschirm, mit dem wir in der Leere zwischen den Sternen überleben. Es unterhält die Strahlungsmembran, mit der wir fliegen. Es berechnet unseren Kurs und öffnet die Tore durch die Dimensionen. Ohne den Nodus kommen wir hier nie wieder weg!«
    »Der Nodus lenkt auch die Waffen dieses Schiffes. Der Nodus kann mich aufspüren und Zauber gegen mich wirken. Ich muss verhindern, dass diese Soldaten ihn weiterhin benutzen. Können sie ihn überhaupt noch benutzen, jetzt, wo ihr Zauberer tot ist?«
    Descidars Lippen