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Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte

Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte

Titel: Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kuehnemann Nadine
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voneinander verabschieden.
    Jetzt oder nie.
    Dana hielt die Luft an. Mit einem waghalsigen Sprung, den sie sich bis vor wenigen Tagen nie zugetraut hätte, stieß sie sich von der Reling ab. Mit einem Bein erreichte sie den rettenden Steg, mit dem anderen verlor sie den Halt und schürfte sich das Schienbein an der Kaimauer auf. Sie wäre nach hinten ins Wasser gekippt, wenn ihre linke Hand nicht im letzten Moment das Tau zu fassen bekommen hätte. Dana zog sich ans Ufer. Sie duckte sich und huschte über den Steg bis an Land. Es waren nur wenige Yards, trotzdem war Dana sich sicher, dass die Soldaten sie bemerkt haben mussten. Sie wagte es nicht, sich noch einmal nach ihnen umzudrehen.
    Zu ihrer Verwunderung geschah nichts. Dana erreichte einen hohen Ahornbaum, hinter welchem sich eine lang gezogene Allee erstreckte. Mit pochendem Herzen und schweißnassem Rücken huschte Dana von Baum zu Baum.
    »Hey, wo ist sie?« Dana hörte den aufgebrachten Ruf einer der Männer weit hinter sich. Schritte polterten über den hölzernen Steg.
    Sie hätten mich gefunden. Sie hätten mich gefunden und verhaftet, wenn ich auf Argus gehört und beim Boot geblieben wäre. Er wollte mich verraten .
    Dana spürte Stolz in sich aufflackern. Dies war eine Aktion gewesen, die Jil zur Ehre gereicht hätte. Sie war entkommen.
    Sie ließ ihren Blick über die Straße gleiten, die ringförmig um eine Stadt herum zu führen schien, die wiederum von einer hohen Mauer umgeben war. Eine Pferdekutsche fuhr an Dana vorbei, sie duckte sich hinter ein dichtes Lorbeergebüsch am Straßenrand. Der Kutscher saß aufrecht, den Blick starr nach vorne gerichtet. Er trug einen Hut und einen edlen Frack. In der offenen Kutsche saß eine junge Dame mit blonden gelockten Haaren, die sich unter einer Spitzenhaube hervorkringelten. Sie hielt einen kleinen weißen Schirm in der rechten Hand. Weder Kutscher noch Fahrgast hatten Notiz von ihr genommen.
    Dana spürte Neid in sich auflodern wie ein Feuer im Strohhaufen. Die Menschen auf Falcon’s Eye führten das Leben, das Dana sich immer gewünscht hatte. Schon als kleines Mädchen hatte sie davon geträumt, einmal einen reichen Adligen zu heiraten, der ihr teure Kleider und allerhand andere schöne Dinge kaufte. Die Bewohner dieser Insel hatten sicherlich niemals die Erfahrung gemacht, wie sich ein leerer Magen und aufgetragene Kleidung anfühlten. Dana seufzte und drängte ihre missgünstigen Gedanken zurück. Sie hatte diese beschwerliche Reise nicht auf sich genommen, um sich die Laune zu verderben. Sie musste ihre Schwester finden. Doch was hatte Jil bloß hier gesucht?
    Als die Kutsche außer Sichtweite war, wagte Dana, im hohen Gras abseits der Straße voranzupirschen. Es musste eine Möglichkeit geben, ins Innere der Stadt jenseits der Mauer zu gelangen. Dana war sich sicher, dass Jil sich dort aufhielt, denn ansonsten gab es auf dieser Insel nichts als schroffe Felsen, Dünen und Grasbüschel. Am Horizont erspähte Dana einen kleinen Wald, der sich auf einem Hügel befand. Auf dem Gipfel konnte sie die Umrisse des sagenumwobenen Weißen Obelisken erkennen, von dem niemand so genau wusste, wer ihn zu welchem Zweck dort erbaut hatte. Dana kam eine Idee.
    Ich werde meine Suche dort auf dem Hügel beginnen. Vielleicht habe ich vom Gipfel aus einen besseren Blick auf die Stadt und entdecke eine Möglichkeit, hineinzugelangen .
    Dana hatte sich gerade erst ein paar Yards von der Straße entfernt, die in einer Linkskurve dem weiteren Verlauf der Stadtmauer folgte, als sie Schritte hinter sich vernahm. Es waren die Geräusche mehrerer Paar Stiefel, die sich in schnellem Tempo auf der Straße fortbewegten. Reflexartig legte Dana sich bäuchlings auf den sandigen Boden, der mit Disteln und harten Grasbüscheln bedeckt war. Trotz der stechenden Schmerzen presste Dana ihren Körper flach nach unten. Ihr Herz raste. Seit ihrer Ankunft auf der Insel hatte es immerzu geschlagen wie eine Trommel. Dana fühlte sich wie ein Kaninchen bei der Treibjagd. Durch die Grashalme hindurch sah sie, wie mehrere Männer die Straße entlang liefen, in ihren Händen hielten sie Schusswaffen. Sie riefen sich Befehle zu, die Dana von ihrem Standort aus nicht verstehen konnte. Sie waren zu weit entfernt.
    Suchen die etwa nach mir? Jil, du kannst etwas erleben, wenn ich dich je finden sollte. Oh ja, das kannst du .
    Dana legte ihren Kopf auf die verschränkten Arme und seufzte. Sie wusste genau, dass sie Jil niemals böse sein könnte,

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