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Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte

Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte

Titel: Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kuehnemann Nadine
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hässliches Kleid zu tragen, das einst seiner verstorbenen Frau gehört hatte. Außerdem musste sie neben ihm in dem großen fleckigen Bett im ersten Stockwerk schlafen, obwohl sie lange gebettelt hatte, in einem anderen Raum übernachten zu dürfen. Es hatte nichts geholfen. Doch Argus hatte bereits nach wenigen Minuten laut geschnarcht. Dana hatte die ganze Nacht wach neben ihm gelegen.
    Es hätte schlimmer kommen können. Ich muss Jil finden. Das darf ich nie vergessen .
    Tagsüber hatte Dana sich damit beschäftigt, die Müllhalde, die Argus sein Zuhause nannte, ein wenig aufzuräumen, doch nachdem Dana eine tote Ratte aus einer Kaffeetasse gezogen hatte, war ihr die Lust daran vergangen.
    »Schmeckt dir das Essen?«, fragte Argus und riss Dana aus ihren düsteren Gedanken. Sein Mund war verschmiert, Brei lief ihm über das Kinn. »Ich kann nicht mehr so gut kauen musst du wissen.«
    Dana brachte ein schwaches Nicken zustande. »Morgen fahren wir nach Falcon’s Eye, oder?«
    Argus zuckte die Achseln. »Wenn das Wetter mitspielt, ja.«
    Er stellte seine Schale auf den Wohnzimmertisch. Seine trüben Augen musterten Dana, sein Blick blieb an den Rundungen ihrer Brüste haften. »Das Kleid steht dir sehr gut, du siehst aus wie Sarah.« Er knurrte. »Wie schade, dass ich nicht mehr dazu in der Lage bin, eine Frau glücklich zu machen.«
    Unwillkürlich zog Dana die Augenbrauen hoch. Ihr lag ein Kommentar auf den Lippen, aber die Höflichkeit verbot ihr, es auszusprechen. Eine einzige Nacht würde sie noch durchhalten müssen.
    Dana stellte ihre halb geleerte Schale vor sich auf den Boden. Sollten die Ratten dieses widerliche Zeug doch essen.
    »Ich gehe noch eine Weile nach draußen«, sagte sie. Sie konnte den Geruch und die Atmosphäre dieses Hauses nicht länger ertragen.
    »Weshalb? Bleib doch hier und tanze mit mir. Ich habe seit zwanzig Jahren nicht mehr getanzt.« Er erhob sich keuchend aus seinem Sessel und humpelte zu Dana herüber, die schon eine Hand auf die Türklinke gelegt hatte. Ein Ausdruck unterdrückten Abscheus huschte über ihre Züge. »Und wenn ich es nicht mache? Ehrlich Argus, ich möchte nicht mit dir tanzen.«
    Er stieß ein ersticktes Lachen aus. »Du befindest dich wirklich nicht in der Position, etwas zu wollen. Denke daran, ich nehme dich kostenlos mit nach Falcon’s Eye.«
    Wut kochte in Dana auf. Wahrscheinlich besaß Argus überhaupt keinen Kutter. Zweifel nagten an ihr. Vielleicht wollte er sie nur ausnutzen. Es war faszinierend, wie alt und vergesslich Argus in einem Moment auf sie wirkte, um sie nur einen Augenblick später mit seinem Egoismus und berechnendem Verhalten zu überraschen.
    Er näherte sich ihr und griff mit einer schwieligen Hand nach ihrem Oberarm. Mit der anderen Hand umfasste er Danas Taille und legte seine Stirn an ihre Schulter. Dana überragte ihn um eine Kopflänge. Sie ließ es über sich ergehen, auch wenn sie sich niemals zuvor in ihrem Leben derart geschämt hatte. Nun gut, abgesehen von dem Moment, als sie ihren eigenen Vater ermordet hatte. Dana fuhr ein Frösteln über den Rücken. Sie wollte diese Erinnerung verdrängen, aber immer wieder drängte sie sich zurück in ihr Bewusstsein. Vermutlich hatte sie es gar nicht anders verdient. Dies war, was einer Mörderin zustand.
    Dana schloss die Augen und lauschte Argus’ Stimme, der damit begonnen hatte, ein Lied zu summen und sich in dessen Takt an ihrem Körper zu wiegen. Sie spürte, wie sich eine Träne aus ihrem linken Auge löste und hinab tropfte auf Argus’ kahlen Kopf, doch dieser war so sehr in seine Gedanken vertieft, dass er keine Notiz davon nahm.
    Bis zum Einbruch der Dämmerung hatten sie beide dagestanden, Danas rechte Hand lag noch immer auf der Türklinke. Erst als Argus sich von ihr löste, erwachte sie aus ihrer Unbeweglichkeit.
    Der Rest des Abends verlief ereignislos und ruhig, wofür Dana dem alten Fischer mehr als dankbar war. Sie saßen auf dem Sofa in der Stube, Argus erzählte ihr Geschichten aus seiner Vergangenheit. Oft wiederholte er sich, wechselte sprunghaft das Thema und redete ohne Zusammenhang. Dana hörte ihm ohnehin nicht zu. Sie nickte nur höflich und hing ihren eigenen Gedanken nach.
    Schon bald war Argus fest auf dem Sofa eingeschlafen. Leise verließ Dana das Haus und verbrachte die Nacht auf dem Hof in einer zur Hälfte abgebrannten Scheune. Es war kalt und unbequem, aber um nichts auf der Welt wollte sie eine weitere Nacht in diesem schrecklichen Haus

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