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Lichthaus Kaltgestellt

Lichthaus Kaltgestellt

Titel: Lichthaus Kaltgestellt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Walz
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wartend das Handy ans Ohr, während er seinen Blick auf seine Innenhandfläche heftete.
    »Mordkommission, Schweiger.«
    »Gott sei Dank erreiche ich Sie. Ich muss die anderen sprechen.«
    »Die sind auf der Suche nach Andreas Diel. Im Augenblick haben die ein Funkloch.«
    »Mist. Hören Sie, ich habe den Täter oder ein weiteres Versteck von Diel gefunden. Sagen Sie per Funk Bescheid. Die sollen die Spusi mitbringen.«
    »Wo sind Sie denn?«
    »In Vierherrenborn. Der Hof hat die Hausnummer 47. Ich habe in der Scheune einen Hänger gefunden, in dem die Toten transportiert wurden.«
    »Sind Sie sicher?« Schweiger klang verunsichert und aufgeregt.
    »Ja. Ich habe den fehlenden Ohrring von Eva Schneider gefunden.« Er machte eine Pause und schaute wieder in seine Hand. »Und einen Zahn.«
    »In Ordnung. Ich werde alles veranlassen.«
    »Danke. Ich geh da jetzt rein.«
    »Ohne Durchsuchungsbefehl?«
    »Darauf pfeif ich. Stellen Sie den Besitzer fest.«
    Er unterbrach die Verbindung und ging zum Haus. Auf der linken Seite führte eine Treppe hinunter zum Keller. Die Tür hier unten war aus Metall, also schwer zu öffnen, doch er hatte sich aus der Scheune ein Brecheisen mitgebracht. Es dauerte ein wenig, doch dann hatte er die schmale Spitze zwischen Tür und Rahmen gezwängt. Er drückte mit den Armen ganz am Ende des Eisens um die Hebelwirkung zu verstärken, doch die Tür hielt stand. Schließlich stemmte er sich mit beiden Füßen auf das Werkzeug, den Rücken gegen die Wand gepresst, und hatte Erfolg.
    Die Stahltür sprang ächzend auf und ließ durch einen Spalt kühle, muffig riechende Kellerluft in die Schwüle des Tages entweichen. Lichthaus zog sie ganz auf und spähte hinein. Fünf Türen zählte er in dem Kellergang ab, zwei auf jeder Seite und eine vor Kopf, neben der Treppe, die hinauf ins Erdgeschoss führte. Der Keller wirkte gepflegt, der Anstrich noch recht frisch. An wenigen Stellen waren Flecken, nur unmittelbar neben dem Ausgang beulte sich der Putz von eingedrungener Feuchtigkeit. Lichthaus zögerte wieder, doch diesmal nicht aus Angst vor Konsequenzen, sondern wegen eines diffusen Grauens vor dem, was ihn nun erwartete. Nicht, dass er unsicher geworden wäre, doch wünschte er sich Sophie Erdmann oder einen der anderen herbei. Er wollte nicht allein sein, im Vorhof der Hölle.
    Er überwand sich, atmete tief ein und trat bewusst, wie ein Schauspieler, der auf die Bühne hinausgeht, über die Schwelle, die Maglite mehr als Keule denn als Lampe umklammernd. Zuerst öffnete er die Tür zu seiner Linken, fand innen den Schalter, sah aber im Licht einer trüben Funzel nur die veraltete Heizung und dahinter, eingemauert in eine Sicherheitswanne, den stinkenden Öltank. Dem Heizungskeller gegenüber lag ein kleiner Vorratsraum, in dem ein fast leeres Regal auf neue Lasten wartete. Nur eine Handvoll staubblinder Einmachgläser hatte sich auf den unteren Regalboden verirrt. Im nächsten Raum fand er die ehemalige Waschküche. Sie war leer bis auf eine moderne Waschmaschine und einige Leinen zum Trocknen der Wäsche. Der Raum verfügte über ein Fenster und war bis auf Brusthöhe gekachelt. In der hinteren Ecke sah er ein gemauertes Becken, etwa so groß wie eine komfortable Badewanne, nur deutlich höher. Aus dem Wasserzulauf schloss er, dass hier ehedem größere Mengen Wäsche eingeweicht worden waren. Seine Spannung ließ nach und machte einer Enttäuschung Platz, doch die vierte Tür barg eine Überraschung.
    Eine zerschlagene Holzpuppe baumelte im grellen Schein einer Neonröhre anklagend wie ein Hingerichteter von der Decke herab. Kopf und Brust, obwohl allem Anschein nach aus massivem Eichenholz gefertigt, waren von Hieben mit einer scharfen Klinge tief eingefurcht. Kleider hingen in Fetzen an ihr. Gleich daneben stand eine weitere Puppe, ähnlich zugerichtet.
    Lichthaus drehte sich weiter und wich mit erhobener Taschenlampe zurück, bevor er diese wieder sinken ließ, zitternd vor Anspannung und schrill auflachend. Er war sich nun sicher: Das hier war die Waffenkammer des Roten Ritters.
    Drapiert wie ein Hochzeitskleid hing die Rüstung vor ihm. Ein knielanges, dichtes Kettenhemd, darüber der lange Mantel in rot, fast schon Purpur. Die Knöpfe, ähnlich dem aus Eva Schneiders Grab, waren vollzählig. Der Stoff war aufwendig mit Szenen der Parzivalsage bestickt: Der Narr, der Kämpfer, der Liebhaber und derjenige, der den heiligen Gral empfängt. Unter der Puppe standen die Stiefel aus grobem Leder.

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