Lichthaus Kaltgestellt
bislang davon ausgegangen, dass Eva Schneider das Rad benutzt hat, um nach Hause zu fahren.«
»Also hier hatte sie kein Fahrrad dabei. Doch sie hat etwas gerufen.«
»Konnten Sie verstehen, was sie gesagt hat, oder waren nur einzelne Wörter zu hören?« Sophie Erdmann protokollierte die Befragung.
Ley dachte angestrengt nach. »Nun, ich höre nicht mehr so gut, aber ich glaube verstanden zu haben: Mir reicht es!«
»Was geschah dann?«
»Sie zögerte einen Augenblick und rannte schließlich die Straße hinunter. Ich habe mich noch gefragt, wovor sie solche Angst hat, aber wissen Sie, wenn man hier mitten in der Stadt wohnt, gewöhnt man sich an einiges.«
Lichthaus fasste nach: »Sonst nichts?«
»Nur der Mann, der anschließend gelaufen kam.«
»Welcher Mann?«, unterbrach Lichthaus ihn. »In unseren Unterlagen ist hiervon nichts vermerkt.«
»Ich habe es Ihren Beamten aber erzählt«, erwiderte Ley knapp. »Also, ein Kerl kam aus Richtung Hauptmarkt die Simeonstraße entlang. Trotz der Entfernung wirkte er ziemlich groß, bestimmt über 1,90 Meter. Er hatte es eilig, wäre mir nicht weiter aufgefallen, wenn er nicht so einen weiten Mantel getragen hätte und gelaufen wäre. Im Sommer, habe ich mir gedacht, wie komisch.«
»Ja, das ist in der Tat merkwürdig. Haben Sie sonst etwas bemerkt?«
»Irgendetwas war mit dem, aber ich kann es nicht mehr fassen. Tut mir leid. Ich bin kurz danach wieder ins Bett. – Wieso läuft so ein Mädchen auch mitten in der Nacht allein durch die Gegend? Früher hätte es das nicht gegeben.« Er sah die Beamten fragend an, doch die reagierten nicht.
»Um wie viel Uhr haben Sie die junge Frau eigentlich gesehen?«
»Das war Punkt drei, die Domuhr hatte gerade geschlagen.«
Sie unterhielten sich noch eine Weile, dann brachen sie auf. Im Hinausgehen trat Lichthaus an das Fenster, um die Perspektive Leys einzunehmen. Er versuchte, sich die verängstigte Eva Schneider dort unten vorzustellen, doch wollte ihm das am helllichten Tag und mit Hunderten von Passanten nicht so recht gelingen.
Im Präsidium sah er bei Steinrausch vorbei. Der hatte bereits mehrere Überwachungskameras ausfindig gemacht, die zumindest einen Teil der Innenstadt aufzeichneten. Jetzt telefonierte er mit einem der Besitzer, dem Geschäftsführer eines Juwelierladens, wegen der Aufnahmen. Daher ging er weiter zu Scherer ins Büro und fragte nach den Aussagen der Frauenärztin. Eva Schneiders letzter Termin lag allerdings so lange zurück, dass die Ärztin nicht mit Bestimmtheit eine Schwangerschaft ausschließen konnte. Andererseits nahm das Mädchen die Pille, und außerdem hatten Oliver Heitmann und Evas Freundin, Anne Minneger, eine Schwangerschaft für absolut unwahrscheinlich gehalten. Lichthaus hakte diese Möglichkeit ab. Wenn Eva abgehauen war, dann sicherlich aus einem anderen Grund.
Der Trierische Volksfreund hatte die Vermisstenanzeige geschaltet. Offensichtlich gab es in der Sommerpause wenig Lokales zu berichten, so dass man nicht nur die üblichen dürren Zeilen aus der Pressemitteilung kopiert, sondern sogar einen redaktionell aufgearbeiteten Artikel samt Foto gebracht hatte. Lichthaus hoffte, dass sich hier neue Ansätze ergaben. Eigentlich konnte er im Augenblick nur noch warten, doch ihm brannte der Fall unter den Nägeln. Er griff zum Telefon und rief Marx an, der aber noch keine Neuigkeiten hatte. Die Wasserschutzpolizei hatte Mosel und Saar abgesucht, jedoch nichts gefunden. Auch an den Schleusen war keine Leiche angetrieben worden. Lichthaus überlegte kurz, ob er noch Taucher anfordern sollte, verwarf den Gedanken aber sofort wieder. Sie hatten keine Hinweise, also wussten sie auch nicht, wo genau sie suchen sollten. Blinder Aktionismus half allenfalls, seine Ungeduld zu befriedigen. Fahndungstechnisch liefen sie in eine Sackgasse. In Eva Schneiders Umfeld gab es keine Anzeichen dafür, dass sie einfach abgehauen war. Er sah ein, dass er die Ergebnisse der laufenden Aktionen abwarten musste, und verbrachte den Rest des Tages lustlos mit Verwaltungsaufgaben und Uraltfällen, vor denen er schnellstmöglich nach Eitelsbach floh.
Müde und abgespannt kam Lichthaus nach Hause. Der Nachmittag hatte ihn mitgenommen und sein Kopf dröhnte. Claudia saß im Wohnzimmer und prüfte eine Liste mit Bildtiteln. Sie schaute auf, lächelte und gab ihm einen Kuss.
»Wie war es heute?«
Er zog eine Grimasse. »Mies. Wir kommen einfach nicht weiter.«
»Du denkst daran, dass am Samstag
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