Lichthaus Kaltgestellt
den Schrank.
»Verdammt!« Er sprang auf und begann, leise vor sich hinfluchend die Protokolle wieder aufzuheben. Es waren so einige, obwohl sich die Beschwerden in Saarburg in Grenzen hielten. Elenz war der Jüngste der drei Beamten. Hans Breit und Bernhard Jüngling, der Leiter der Wache, taten seit etlichen Jahren ihren Dienst in Saarburg und würden bis zur Pensionierung bleiben. Sie fuhren heute Streife.
Breit, der eigentlich für einen Großteil der Papierflut zuständig war, weigerte sich einfach, für Ordnung zu sorgen. Elenz wollte hier weg und hatte sich daher begierig auf die Anfrage aus Trier gestürzt. Die hatten da drüben eine Tote und jetzt noch eine verbrannte Leiche und suchten nach Hinweisen in beiden Fällen. Er blätterte den Stapel der Beschwerden durch und fand nur Rüpeleien und Streitereien unter Nachbarn, aber keine Belästigungen von Frauen. Einen Moment zögerte er und wollte alles wieder auf Breits Schreibtisch werfen, doch dann ging er zum PC und begann seufzend die wenigen wichtigen Daten ins System zu tippen. Den Rest würde er abheften.
Der Morgen war bislang ruhig gewesen. Es goss seit einiger Zeit wie aus Eimern, und er trauerte jetzt schon dem Sommer nach. Gelangweilt schaute er den Sturzbächen zu, die sich vom Dach vor der Eingangstür auf die Treppe ergossen. Mittlerweile war er der Überzeugung, dass zwei Jahre auf dieser Wache reichten. Im Frühjahr hatte er sich für einen Lehrgang zum Kriminalassistenten angemeldet, doch ihr Chef, Hauptkommissar Rüdiger Hansen, er war Leiter der Polizeiinspektion hier in Saarburg, hatte ihn abgewürgt, dieses verdammte Arschloch. Er sei zu jung. So ein Blödsinn! Er war fünfundzwanzig und schon seit drei Jahren aktiv bei der Polizei, nachdem er das Studium an der Polizeihochschule mit sehr guten Noten abgeschlossen hatte. Aber Hansen konnte ihn nicht leiden, weil er ihm einmal vor allen Kollegen widersprochen hatte. Eigentlich eine Lappalie, doch Funk, ihr zuständiger Kriminaldirektor in Trier, war ebenfalls dabei gewesen und hatte ihm auch noch Recht gegeben. Hansens wütend funkelnde Augen hätte er noch heute malen können. Seitdem ging nichts mehr. Frustriert setzte er sich wieder und surfte gelangweilt im Internet. Er suchte seit längerem ein Auto. Schöne Karren waren schon zu haben, nur nicht für sein schmales Portemonnaie.
Als die Eingangstür aufging, sah er zwei Jugendliche mit klatschnassen Hosen und tropfenden Schirmen hereinkommen. Elenz stammte nicht aus Saarburg und kannte die beiden daher nicht. Der Junge war groß und kräftig gebaut, hatte eine pickelige Haut und schien von dem Besuch bei der Polizei wenig begeistert zu sein. Er schaute gelangweilt drein und hielt sich im Hintergrund. Das Mädchen, mittelgroß und kompakt, ohne dick zu sein, war eher der sportliche Typ. Er hatte sie schon einmal gesehen, konnte sie aber nicht zuordnen. Sie war hübsch, strahlte eine starke Persönlichkeit aus, die sie attraktiv machte. Sie trat an die Theke, schob sich eine Strähne feuchten Haars aus dem Gesicht und begann, ohne Umschweife zu sprechen.
»Guten Morgen, mein Name ist Simone Simons, und ich möchte eine Anzeige machen.«
»Worum geht es denn?« Er zog ein Formblatt hervor und begann zu schreiben.
»Gestern wurde ich von einem Mann in einem Fahrzeug verfolgt.« Elenz merkte auf.
»Ich habe den Typ verjagt. Der kommt sicher nicht wieder. Wir können uns das Ganze also sparen.« Der Junge schaute streitsüchtig seine Freundin an, die ihn nicht weiter beachtete. Elenz winkte die beiden zu einem Tisch mit PC.
»Mal von vorne. Zuerst brauche ich Ihre Personalien.«
Simone Simons und ihr Freund Dennis erzählten ihm, was sich in der Nacht zugetragen hatte. Elenz verfasste ein umfangreiches Protokoll, das ihn innerlich aufwühlte. Er sah deutliche Parallelen zwischen diesem Vorfall und dem gesuchten Sexualmörder. Der Geländewagen und die Observierung des Opfers schienen zu passen. Er bedankte sich bei den Jugendlichen und versprach, dass sich kurzfristig ein Kollege bei ihnen melden würde. Als die beiden fort waren, kopierte er das Protokoll und wollte es eben an die Mordkommission schicken, als er zögerte. Wenn er Hansen überging, könnte er sein Fortkommen abschreiben. Würde er ihn einschalten, könnte sich Hansen zwar das Lob selbst anheften, doch für ihn, Elenz, würde sich hoffentlich einiges verbessern. Wenn nichts an der Sache dran wäre, hätte ja Hansen sich zur Weitergabe entschieden, und er wäre
Weitere Kostenlose Bücher