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Lichthaus Kaltgestellt

Lichthaus Kaltgestellt

Titel: Lichthaus Kaltgestellt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Walz
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Minuten mussten sich die Teams melden. Bislang war alles ruhig geblieben.
    Er war genervt, nicht nur wegen des Technikers, sondern allgemein. Seit gestern lief alles schief. Das Wetter hätte für den Einsatz nicht schlechter sein können. Den Freitag über und am heutigen Vormittag hatte ein böiger Wind Schauer über die Eifel getrieben. Bei den warmen Temperaturen lag nun das ganze Gelände unter einer schweren Glocke aus Dunst, in der es zu kochen schien. Es war unangenehm schwül. Die mittlerweile zertrampelte Wiese war mit knöchelhohem Schlamm bedeckt, und er war froh, hier im Trockenen zu sitzen. Wie Wenk vorausgesehen hatte, tat das Wetter dem Fest keinen Abbruch. In einer fast undurchdringlichen Masse schoben sich Besucher jeden Alters über den Platz und erschwerten den Teams ihre Arbeit. Zudem nahm der Alkoholpegel kontinuierlich zu. Rempeleien und Pöbeleien wurden häufiger, bildeten Horte der Unruhe. In diesem brodelnden Getümmel erhöhten sich für den Gesuchten die Chancen, unerkannt zu entkommen. Für Lichthaus war das Schlimmste jedoch, dass der Rote Ritter wahrscheinlich überhaupt nicht ihr Täter war.
    Gestern Abend gegen neun war die Erkenntnis, auf der falschen Fährte zu sein, über ihn hereingebrochen. Es hatte an der Tür geklingelt, und zu seinem großen Erstaunen stand Spleeth davor. Im ersten Augenblick hatte er an den Durchbruch geglaubt, hatte gehofft, der Film aus Wiesbaden hätte den entscheidenden Hinweis gebracht, doch ein Blick in Spleeths abgehärmtes Gesicht und auf den nervös auf und ab hüpfenden Adamsapfel belehrten ihn sofort eines Besseren. Müde war der Kollege seiner Aufforderung gefolgt und gebeugt ins Wohnzimmer geschlurft.
    »Was ist denn los?«
    »Der Knopf stammt aus einer Serie.«
    Lichthaus hatte seinen Ohren nicht trauen wollen. »Was? Sie haben doch gesagt …« Spleeth hatte ihn händeringend unterbrochen.
    »Es ist alles Handarbeit, wie ich gesagt habe. Nur hat der Hersteller etwa einhundert Stück verkauft.«
    »Woher wissen Sie denn das auf einmal?«, er war unfreundlich gewesen, fast wütend über den sonst so peniblen Erbsenzähler.
    »Der Mann aus dem Knopfmuseum hat mich angerufen und mir die Adresse gegeben. Ich habe gerade dort angerufen.«
    »Haben Sie wenigstens eine Kundenliste?«
    »Nein.«
    »Verdammt noch mal. So eine Schlamperei«, er hatte geschrien und auf den Tisch geschlagen, aber das hatte auch nicht weitergeholfen. Spleeth war bei Lichthaus’ Ausbruch zusammengezuckt und saß wie ein ertappter Schüler auf der Sofakante. Nur langsam hatte er sich gefangen und zu fragen begonnen. Es war unfair, Spleeth dafür verantwortlich zu machen, dass seine Hoffnung auf den bevorstehenden Einsatz zerstob wie der Nebel im Wind.
    Die Knöpfe waren überwiegend in Norddeutschland vertrieben worden. Nur zweimal hatte der Hersteller an einem Markt hier in der Nähe teilgenommen und vielleicht dreißig Stück verkauft. An Kunden erinnerte er sich nicht. Dreißig waren nicht viel, doch die Wahrscheinlichkeit, dass Roter Ritter und Täter identisch waren, reduzierten sich so weit, dass ihr Einsatz kaum zu rechtfertigen war. Einen Augenblick lang hatte er resigniert. Müller würde Recht behalten und es ihn auf seine widerliche Art spüren lassen. Er hatte letztendlich beschlossen, die Information zurückzuhalten und die Aktion wie geplant durchzuführen. Immerhin bestand ja nach wie vor die Möglichkeit, dass der Gesuchte der Täter war. Sollte er nicht auftauchen, würden sich die Probleme von allein lösen. Ein Knacken im Kopfhörer riss ihn aus seinen Gedanken.
    »Ja?«
    »Hier Steinrausch. Wir sind am Burggraben. Alles ruhig.«
    Er bedankte sich. Der Regen setzte wieder ein. Eine neue Band spielte endlich gute Musik. So eine Mischung aus Country und irischer Volksmusik. Zuvor hatten mindestens fünfzehn Musiker, die aussahen wie aus dem Museum, mit bauchigen Streichinstrumenten, Trommeln und Rasseln einen entsetzlichen Sprechgesang vorgetragen, zu dem selbst die härtesten Mittelalterfans nicht mehr tanzten. Jetzt aber kochte die Stimmung wieder hoch. Die Zuschauer tobten in wildem Pogo durch den Schlamm und schienen sich herrlich zu amüsieren.
    Sophie Erdmann meldete sich routinemäßig ohne besondere Nachrichten vom anderen Rand des Festplatzes. Die Teams waren bestimmten Strecken zugeteilt, die sie in einem festen Turnus abschritten. Im Augenblick waren sie an den äußersten Punkten ihrer Routen angelangt und kamen dann in einer Schleife zurück zum

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