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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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paar Fragen stellen«, sagte Will mit fester Stimme, obgleich ihm gar nicht so zu Mute war. »Ich will wissen, warum Sie sich gestern da herumgetrieben haben. Warum haben Sie uns beobachtet? Warum haben die Krähen Sie verfolgt? Ich will wissen«, sagte er mit einem plötzlichen Ausbruch von Ehrlichkeit, »was das bedeutet, dass Sie der Wanderer sind.«
    Als Will die Krähen erwähnte, hatte der alte Mann sich näher an die Hütte gedrückt, sein ängstlicher Blick hatte flackernd die Baumwipfel abgesucht, aber jetzt blickte er Will mit schärferem Misstrauen an als zuvor.
    »Du kannst es nicht sein«, sagte er.
    »Was kann ich nicht sein?«
    »Du kannst nicht ... du müsstest all das wissen. Besonders das über diese Höllenvögel. Du willst mich reinlegen, was? Du willst einen armen alten Mann reinlegen. Du bist mit dem Reiter unterwegs. Du bist doch sein Junge — oder nicht?«
    »Natürlich nicht«, sagte Will. »Ich weiß nicht, was Sie meinen.« Er betrachtete die elende Hütte; der Weg war hier zu Ende, aber es war nicht einmal eine richtige Lichtung. Die Bäume standen dicht um sie herum, sodass die Sonne kaum zu ihnen durchdrang. Will sagte in einem Anfall plötzlicher Verzweiflung: »Wo ist der Hof?«
    »Hier ist kein Hof«, sagte der alte Landstreicher missmutig. »Noch nicht. Du solltest wissen ...« Er zog wieder heftig die Nase hoch und murmelte vor sich hin. Dann kniff er die Augen zusammen und trat ganz nah an Will heran, betrachtete forschend dessen Gesicht. Er war jetzt so nahe, dass Will den abstoßenden Geruch von altem Schweiß und ungewaschener Haut wahrnahm. »Aber du könntest es sein, du könntest es sein. Wenn du das erste Zeichen trügest, dass der Uralte dir gegeben hätte. Hast du es da? Lass es sehen. Zeig dem Wanderer das Zeichen.«
    Will versuchte nach Kräften, seinen Ekel vor dem Alten nicht zu zeigen, und nestelte an den Knöpfen seiner Jacke. Er
wusste,
was mit dem Zeichen gemeint war. Aber als er das Schaffell beiseite schob, um den Ring sehen zu lassen, den er an seinem Gürtel befestigt hatte, berührte er mit der Hand das glatte Eisen und es verbrannte ihn beinahe mit seiner eisigen Kälte. Im gleichen Augenblick sah er, wie der Alte einen Sprung nach rückwärts machte, wie er sich duckte und dabei nicht auf Will, sondern über dessen Schulter hinweg starrte. Will flog herum und erblickte den Reiter in seinem Umhang auf dem mitternachtschwarzen Pferd. »Das trifft sich gut«, sagte der Reiter sanft.
    Der alte Mann quiekte wie ein Kaninchen, machte kehrt und rannte taumelnd durch die Schneewehen in den Wald hinein. Will blieb wie angewurzelt stehen, sah den Reiter an und sein Herz schlug so wild, dass er kaum Atem holen konnte.
    »Es war unklug, die Straße zu verlassen, Will Stanton«, sagte der Mann in dem Umhang und seine Augen blitzten wie blaue Sterne. Das schwarze Ross tänzelte und kam näher, immer näher. Will wich gegen die Wand der wackligen Hütte zurück, den Blick fest auf die Augen des Reiters gerichtet. Dann zwang er mit äußerster Anstrengung seinen zögernden Arm, die Jacke beiseite zu ziehen, sodass der eiserne Ring an seinem Gürtel deutlich sichtbar wurde. Er fasste den Gürtel gleich daneben; die Kälte des Zeichens war so durchdringend, dass er sie wie eine Kraft spürte, wie die Ausstrahlung einer wild brennenden Glut. Der Reiter stutzte, sein Blick flackerte.
    »Du hast also schon eines.« Er zog auf eine seltsame Weise die Schultern hoch und das Pferd schüttelte die Mähne; beide schienen Kraft zu sammeln, größer zu werden. »Das Eine wird dir nicht helfen, nicht das Eine allein. Noch nicht«, sagte der Reiter und wuchs und wuchs drohend vor der Weiße der Welt. Sein Hengst wieherte triumphierend, stieg auf die Hinterhand, trat mit den Vorderhufen die Luft, sodass Will sich nur hilflos gegen die Wand pressen konnte. Pferd und Reiter hingen drohend über ihm wie eine dunkle Wolke, die den Schnee und die Sonne auslöschte.
    Dann hörte er undeutlich neue Laute und die drohenden schwarzen Gestalten schienen zur Seite zu sinken, hinweggefegt von einem strahlenden goldenen Licht, in dem in noch hellerer Glut weiß glühende Kreise gleißten, Sonnen und Sterne.
    Will blinzelte und sah plötzlich, dass es die weiße Stute von der Schmiede war, die sich jetzt über ihm aufbäumte. Er griff wie von Sinnen in die flatternde Mähne und wie zuvor fühlte er sich auf den breiten Rücken hinaufgeschwungen, und tief über den Nacken des Tieres gebeugt, klammerte

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