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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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dastand und lauschte, schien die Welt um ihn herum ein wenig heller zu werden; die Wälder kamen ihm weniger dicht vor, der Schnee glänzte, und als er den Blick nach oben wandte, war der Streifen Himmel über der Huntercombe Lane von einem klaren Blau. Er merkte, dass die Sonne doch endlich hinter der dumpfen grauen Wolkenbank hervorgekommen war.
    Er stapfte auf das Hämmern zu und kam bald auf eine Lichtung. Das Dorf Huntercombe gab es nicht mehr, nur diese Hütten hier.
    Unter einem Schauer unerwarteter Geräusche, Anblicke und Gerüche wurden alle seine Sinne plötzlich hellwach. Er sah ein paar niedrige Steinhütten mit dick verschneiten Dächern; er sah blauen Holzrauch aufsteigen und roch ihn auch und gleichzeitig roch er den köstlichen Duft von frisch gebackenem Brot, bei dem ihm das Wasser im Mund zusammenlief. Er sah, dass die nächstgelegene der drei Hütten nur drei Wände hatte, zur Straße hin war sie offen. Drinnen brannte ein helles Feuer wie eine gefangene Sonne. Dichte Funkenschauer sprühten von einem Amboss auf, an dem ein Mann stand und hämmerte. Neben dem Amboss stand ein großes schwarzes Pferd, ein schönes Tier mit glänzendem Fell; Will hatte noch nie ein Pferd von so herrlich mitternächtlicher Farbe gesehen, ganz ohne jeden weißen Fleck.
    Das Pferd hob den Kopf und sah ihn voll an, dann scharrte es mit dem Huf und wieherte leise. Die Stimme des Schmieds rief das Tier grollend zur Ordnung und aus den Schatten hinter dem Pferd kam eine andere Gestalt zum Vorschein. Bei ihrem Anblick ging Wills Atem schneller und er fühlte, wie sich seine Kehle zusammenzog. Er wusste nicht, warum.
    Der Mann war hoch gewachsen und trug einen dunklen Umhang, der gerade wie ein Gewand herabfiel; sein Haar, das ihm tief in den Nacken wuchs, hatte einen seltsam rötlichen Glanz. Er klopfte den Hals des Pferdes und murmelte ihm etwas ins Ohr, dann schien er die Ursache für seine Unruhe zu spüren, drehte sich um und sah Will. Seine Arme fielen ganz plötzlich herab. Er trat einen Schritt vor und blieb wartend stehen.
    Der Schnee und der Himmel verloren ihren Glanz, der Morgen verdunkelte sich ein wenig, denn ein Streifen der fernen Wolkenbank hatte die Sonne verschlungen.
    Will überquerte den Schnee der Straße, die Hände tief in die Taschen vergraben. Er blickte die hohe, verhüllte Gestalt, die ihn anstarrte, nicht an. Stattdessen hielt er die Augen entschlossen auf den anderen Mann gerichtet, der jetzt wieder über den Amboss gebeugt stand, und da merkte er, dass er ihn kannte; es war einer der Knechte auf Dawsons Hof. John Smith, der Sohn des alten George.
    »Morgen, John«, sagte er.
    Der breitschultrige Mann in der Lederschürze blickte auf. Er runzelte kurz die Stirn, dann nickte er ihm zu. »Ah, Will, du bist früh auf.«
    »Ich habe Geburtstag«, sagte Will.
    »Ein Wintersonnwendgeburtstag«, sagte der Fremde in dem Umhang. »Sehr verheißungsvoll, in der Tat. Und du bist elf Jahre alt geworden.«
    Das war eine Feststellung, keine Frage. Nun musste Will ihn ansehen. Leuchtend blaue Augen zu dem rot-braunen Haar und der Mann sprach mit einem seltsamen Akzent, der nicht aus der Gegend stammte.
    »Stimmt«, sagte Will.
    Eine Frau kam aus einer der Hütten. Sie trug einen Korb voll kleiner Brotlaibe und mit ihr kam der Duft nach frisch Gebackenem, der Will so hungrig gemacht hatte. Er schnupperte. Sein Magen erinnerte ihn daran, dass er noch nicht gefrühstückt hatte. Der Rothaarige nahm ein Brot, brach es und hielt ihm die eine Hälfte hin.
    »Hier. Du bist hungrig. Brich mit mir dein Geburtstagsfasten, junger Will.« Er biss in seine Brothälfte und Will hörte das einladende Krachen der Kruste. Er streckte die Hand aus, aber in diesem Augenblick riss der Schmied mit einem Schwung ein Hufeisen aus dem Feuer und hielt es kurz auf den Pferdehuf, den er zwischen die Knie geklemmt hatte. Der heftige, plötzliche Gestank nach verbranntem Horn tötete den Duft des frischen Brotes; aber schon lag das Eisen wieder im Feuer und der Schmied blickte auf den Huf hinunter. Das schwarze Pferd stand geduldig und ohne sich zu rühren, aber Will trat zurück und ließ den Arm sinken.
    »Nein, danke«, sagte er.
    Der Mann zuckte die Schultern, riss wie ein hungriger Wolf mit den Zähnen Stücke von seinem Brot ab und die Frau, deren Gesicht unter dem vorstehenden Kopftuch unsichtbar blieb, ging mit ihrem Korb wieder davon. John Smith hob das Hufeisen wieder aus dem Feuer und tauchte es in einen Eimer mit Wasser, wo es

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