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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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aufbrüllte. Dann nahm er ein Hufeisen vom Haken an der beschatteten Wand und steckte es in die Glut. »Schau es dir gut an«, sagte er und sah Will prüfend ins Gesicht. »Ein Pferd wie dies hast du nie zuvor gesehen. Aber dies wird nicht das letzte Mal sein.«
    »Es ist wunderschön«, sagte Will und die Stute schnupperte wieder sanft an seinem Hals.
    »Steig auf«, sagte der Schmied.
    Will lachte. Es war so klar zu sehen, dass dies unmöglich war; sein Kopf reichte kaum bis zur Schulter des Pferdes, und selbst wenn ein Steigbügel da gewesen wäre, hätte er ihn doch mit seinem Fuß nicht erreichen können.
    »Ich scherze nicht«, sagte der Schmied. Er sah wirklich nicht aus wie ein Mann, der oft lächelt, geschweige denn, dass er Witze macht. »Du hast das Recht dazu. Greife in die Mähne, dort, wo du sie erreichen kannst, dann wirst du sehen.«
    Um ihm zu Willen zu sein, griff Will nach oben und wickelte beide Hände in das lange dicke Haar der weißen Mähne, die tief über den Hals fiel. Im gleichen Augenblick wurde ihm schwindlig, sein Kopf summte wie ein Kreisel und durch dies Summen hindurch hörte er ganz deutlich, aber sehr weit weg, die zauberische glockenklare Melodie, die er an diesem Morgen vor dem Erwachen gehört hatte. Er schrie auf. Es ruckte an seinen Armen, die Welt drehte sich und die Musik war verklungen. Verzweifelt horchte er hinter ihr her, versuchte sie einzufangen, als ihm bewusst wurde, dass er näher an den schneebedeckten Zweigen war als zuvor: Er saß hoch auf dem breiten Rücken der weißen Stute. Er blickte auf den Schmied hinunter und lachte laut vor Glück.
    »Wenn ich sie beschlagen habe«, sagte der Schmied, »wird sie dich tragen, sobald du sie darum bittest.«
    Will wurde plötzlich nüchtern, dachte nach. Dann zog etwas seinen Blick an und er sah durch die gebogenen Zweige der Bäume hindurch hoch oben am Himmel zwei schwarze Krähen mit trägem Flügelschlag vorbeifliegen.
    »Nein«, sagte er, »ich glaube, dass ich allein gehen soll.« Er streichelte der Stute den Hals, schwang seine Beine zu einer Seite und ließ sich von der Höhe hinabgleiten. Er erwartete einen harten Aufprall, landete aber sanft auf den Zehen im Schnee. »Danke, John. Ich danke dir sehr. Auf Wiedersehen.«
    Der Schmied nickte kurz; dann machte er sich an dem Pferd zu schaffen und Will stapfte ein wenig enttäuscht davon; er hatte wenigstens ein Wort des Abschieds erwartet. Vom Waldrand blickte er zurück. John Smith hatte eins der Hinterbeine des Pferdes zwischen die Knie geklemmt und streckte die behandschuhte Hand nach seiner Zange aus. Und was Will jetzt sah, ließ ihn jeden Gedanken an Abschiedsworte vergessen. Der Schmied hatte kein altes Hufeisen entfernt, er beschnitt keinen von Nägeln zerfetzten Huf; dieses Pferd war noch nie beschlagen worden. Und das Hufeisen, das ihm jetzt angepasst wurde, war ebenso wie die drei anderen, die er an der Wand der Schmiede glänzen sah, überhaupt kein Hufeisen. Es hatte eine andere Form, eine Form, die er sehr gut kannte. Alle vier Hufeisen der weißen Stute waren durchkreuzte Ringe, genau wie der, den er am eigenen Gürtel trug.
     
    Will ging unter dem schmalen blauen Himmelsstreifen ein Stückchen die Straße entlang. Er steckte eine Hand unter die Jacke, um den Ring an seinem Gürtel zu berühren. Das Eisen war eisig kalt. Er hatte inzwischen begriffen, was das bedeutete. Aber von dem Reiter war nichts zu sehen; er konnte nicht einmal Hufspuren des schwarzen Pferdes entdecken. Er dachte nicht an gefährliche Begegnungen. Er spürte nur, wie ihn etwas immer stärker auf den Ort zuzog, wo in seiner eigenen Zeit Dawsons Gehöft stehen würde.
    Er fand einen schmalen Seitenweg und betrat ihn. Er folgte eine lange Zeit den sanften Windungen des Pfades. In diesem Teil des Waldes gab es viel Unterholz. Als Will wieder um eine Biegung kam, sah er eine niedrige, viereckige Hütte vor sich, mit groben Lehmwänden und einem Dach mit einer hohen Schneemütze wie aus Zuckerguss. Auf der Schwelle stand der zerlumpte alte Landstreicher. Es war dasselbe lange graue Haar, dieselben Kleider, das verwitterte Gesicht mit den listigen Augen ...
    Will ging nahe an den alten Mann heran und sagte, wie Bauer Dawson es am Tag zuvor gesagt hatte: »Der Wanderer ist also wieder unterwegs.«
    »Nur der eine«, sagte der alte Mann, »nur ich. Und was geht dich das an?« Er zog die Nase hoch, sah Will schräg an und rieb sich die Nase an seinem schmierigen Ärmel.
    »Ich will Ihnen ein

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