Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga
Finsternis wird uns nicht mehr stören, Simon.«
»Wieso nicht?«, sagte Barney.
Simon sagte: »Wie kannst du das wissen?«
»Er hat noch einmal, und einmal zu viel, versucht, in die Rechte der
Greenwitch
einzugreifen«, sagte Merriman und lenkte den Wagen um eine Ecke. »Und die Wilden Mächte der Natur, zu denen die
Greenwitch
gehört, haben ihn davongetragen.« Er schwieg, und sie wussten, dass dieses Schweigen keine Fragen mehr duldete.
»Letzte Nacht«, sagte Simon.
»Ja«, sagte Merriman. Jane warf einen schnellen Blick auf sein Adlerprofil und fragte sich erschrocken, was wohl genau mit dem dunklen Maler geschehen war, dann erinnerte sie sich an das, was sie gesehen hatte, und war froh, dass sie es nicht wusste.
Bevor sie merkten, wie weit sie schon gefahren waren, bog der große Wagen von der Straße in einen schmalen Seitenweg, der von tief hängenden Zweigen beschattet war. Ein Wegweiser trug die Aufschrift: Pentreath Farm.
Simon sagte ängstlich: »Sollten wir nicht lieber zu Fuß gehen?«
Merriman, der ihn absichtlich missverstand, winkte aufmunternd mit einer Hand. »Du kannst ganz ruhig sein, dieser alte Bus hat schon ganz andere Schaukeleien überstanden.«
Simon versuchte, sein Unbehagen zu unterdrücken. Er starrte aus dem Fenster auf die grünen Böschungen und die dichten Bäume, deren buschige Zweige die Fenster streiften. Unwillkürlich ballte er die Fäuste, als sie sich der letzten Biegung näherten, hinter der sie den Wohnwagen des Malers erblicken mussten, und bei der letzten Wendung musste er sich zwingen, die Augen nicht zuzukneifen.
Aber als sein verängstigter Blick auf die grüne Wiese mit den vereinzelten Büschen fiel, sah er, dass der Wohnwagen nicht mehr dort war.
»Wart einen Augenblick«, sagte er mit hoher, fremd klingender Stimme. Merriman hielt den Wagen, ohne zu fragen, an, und Simon stürzte hinaus, Barney gleich hinter ihm her. Zusammen eilten sie zu der Stelle, wo, wie sie beide sehr wohl wussten, der bunte Zigeunerwagen gestanden hatte, wo das Pferd gemächlich gegrast hatte, wo der Mann der Finsternis Barneys Bewusstsein für seine eigenen Ziele missbraucht hatte. Es gab kein Anzeichen, dass irgendein Gegenstand oder irgendein Mensch in den letzten Monaten hier gewesen waren. Kein Grashalm war geknickt, kein Zweig gebrochen. Rufus, der hinter ihnen aus dem Wagen gesprungen war, lief, die Nase dicht am Boden, unruhig hin und her. Er zog schnüffelnd Kreise, fand aber keine Spur. Dann blieb er stehen, hob den Kopf, schüttelte ihn auf eine seltsame, gar nicht hundeähnliche Weise hin und her wie jemand, dem die Ohren klingen, und verschwand dann in schnellem Trab um die nächste Wegbiegung.
»Rufus«, schrie Simon, »Rufus!«
»Lass ihn«, sagte Kapitän Toms vom Wagen her in bestimmtem Ton. »Kommt zurück, dann fahren wir hinter ihm her.«
Das große Auto brummte den Weg entlang, bald waren sie um die letzte Ecke gebogen und sahen sich dem Bauernhof gegenüber.
Das niedrige graue Gebäude schien noch verfallener, als Simon es in Erinnerung hatte. Er betrachtete jetzt die Balken aufmerksam, die kreuzweise über die Eingangstür genagelt worden waren, die frischen Ranken der Schlingpflanzen, die ungehindert über die Fenster wuchsen, die anderen Fenster, von denen manche schwarz und mit zerbrochenen Scheiben aussahen wie abgebrochene Zähne. Langes Gras wuchs saftig und frisch um rostige Ackergeräte, die auf dem Hof liegen geblieben waren; ein kaputter alter Pflug, eine Egge, die Reste eines Traktors, dessen große Reifen fehlten. Im verlassenen Schweinestall wuchsen hohe, üppige Nesseln. Irgendwo hinter dem Haus hörte man Rufus wütend bellen und ein Schwarm Tauben flatterte in die Luft. Es roch angenehm nach frischem Wachstum.
Kapitän Toms sagte leise: »Die Wildnis erobert die Pentreath Farm schon zurück.«
Merriman stand mitten im Hof und schaute sich verwirrt um. Sein Gesicht sah noch zerfurchter aus als zuvor. Kapitän Toms lehnte gegen das Auto und starrte das Haus an, während seine Hand, ohne dass er sich dessen bewusst war, mit dem Stock Muster in die feuchte Erde zeichnete.
Will spähte durch eins der Fenster und versuchte, durch die Schmutzschicht hindurch etwas zu erkennen. »Ich glaube, wir sollten hineingehen«, sagte er ohne rechte Überzeugung.
»Das glaube ich nicht«, sagte Simon. Er stand dicht neben Will und diesmal herrschte keine Spannung zwischen ihnen, sie waren gemeinsam bemüht, ein Problem zu lösen. »Irgendwie bin ich
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