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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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er, »würdest du dich trauen, hineinzugehen?«
    »Natürlich«, sagte Barney tapfer, ging aber nur widerwillig und langsam auf die Tür zu.
    Simon sagte nichts, um ihm zu helfen. Wieder sah er Will an, dessen Stimme wie zuvor von einer Sicherheit und Festigkeit war, die in seinem Kopf unerklärliche Erinnerungen weckten.
    »Simon«, sagte Will. »Was hat der Maler gesagt, als er Barney die Stelle wies, wo er dann den Gral fand? Ich möchte es Wort für Wort hören.«
    Simon schloss halb die Augen und konzentrierte sich mit aller Macht, versuchte, sich genau zu erinnern. »Wir waren beide halbwegs drinnen«, sagte er. Wie ein Schlafwandler ging er vorwärts, die klapprigen Stufen hinauf. Die Hand hatte er auf Barneys Schulter gelegt und schob ihn langsam vor sich her. So betraten sie das Innere des Wohnwagens, Will war dicht hinter ihnen.
    »Barney hatte gesagt, er sei durstig, und der Mann sagte:
›In dem Schrank neben deinem rechten Fuß findest du ein paar Dosen Orangeade. Und... und du findest dort auch einen Karton, den kannst du auch herausholen.‹
Und das hat Barney auch getan.«
    Barney wandte den Kopf und sah Will ängstlich an, und dieser Will, der irgendwie nicht ganz Will war, lächelte ihm ermutigend zu, als wäre er doch nichts anderes als der liebe, ein wenig töricht aussehende Junge, den sie zu Anfang dieser kurzen, seltsamen Ferien kennen gelernt hatten. Barney schaute also auf seinen rechten Fuß hinunter und entdeckte daneben ein niedriges Schränkchen, dessen Türgriff abgebrochen war und vor dem sich jahrealter Schmutz angehäuft hatte. Er kniete nieder, fegte den Schmutz beiseite, krallte die Fingernägel in den Türspalt und versuchte, die Tür zu öffnen. Als es ihm schließlich gelang, griff er hinein und zog einen verbeulten, feuchten und übel riechenden Karton heraus.
    Er setzte ihn auf den Boden. Alle drei betrachteten ihn schweigend. Draußen vor der Scheune hörten sie Janes helle, ängstliche Stimme: »Ist alles in Ordnung? He, kommt doch endlich raus!«
    Will sagte leise: »Mach ihn auf.«
    Zögernd ergriff Barney den Deckel des Kartons. Die uralte, verfaulte Pappe zerfiel ihm in den Händen, und dann stach ihnen ein Glanz in die Augen, ein goldenes Strahlen, das den ganzen zerfallenen einstigen Wohnwagen erfüllte. Vor ihren Augen lag golden und leuchtend der Gral.

Kapitel 13
    Auf dem Hof vor dem Haus war ein großer, runder Granitblock in den Boden eingelassen: ein alter, verschlissener Mühlstein, von Gras umwuchert. Auf die hell gesprenkelte graue Oberfläche stellten sie den Gral. Sie drängten sich um Merriman, der jetzt den verbeulten kleinen Behälter mit dem Manuskript aus der Tasche holte. Er zog die Pergamentrolle mit den eingerissenen und abblätternden Rändern heraus und entrollte sie auf dem unebenen Stein.
    »Und dies ist das zweite Mal, dass wir es ansehen dürfen«, sagte er.
    Die Kinder hoben Steine auf und legten sie vorsichtig auf die Ränder, damit das Pergament flach liegen blieb. Dann zogen sie sich instinktiv auf eine Seite zurück, damit Merriman und Kapitän Toms den Gral und das Manuskript vergleichen konnten.
    Barney, der neben Merriman stand, bemerkte plötzlich, dass Will still und regungslos hinter ihm stand. Schnell rückte er beiseite. »Hier«, sagte er, »komm her.«
    Der goldene Gral glitzerte im Sonnenlicht; die Gravuren auf der Außenseite waren deutlich zu erkennen, aber die glatte, gehämmerte Innenfläche war, wie Simon gesagt hatte, dunkel und geschwärzt. Will sah jetzt zum ersten Mal die zarten, dichten Linien der Gravur: Auf einzelnen Feldern waren in lebhaften Szenen Männer dargestellt, die liefen, kämpften, sich hinter Schilde duckten, mit Tuniken bekleidete Männer, die seltsame Helme auf dem Kopf hatten, Schwerter schwangen und Schilde trugen. Die Bilder riefen tief in seiner Erinnerung etwas wach, etwas, was er gekannt, aber vergessen hatte. Er sah näher hin und entdeckte, dass sich zwischen den Gestalten Wörter und Buchstaben wie Bänder hinzogen, und das letzte Feld war ganz mit diesen Schriftzeichen gefüllt, die kein lebender Gelehrter lesen konnte. Und wie die beiden anderen Uralten begann er, aufmerksam die Zeichen auf dem Manuskript mit denen auf dem Gral zu vergleichen, und allmählich wurde der Zusammenhang klar.
    Will atmete schneller, während die Bedeutung der Inschrift Form anzunehmen begann.
    Die Augen auf das Manuskript geheftet, sagte Merriman langsam und stockend, als mühe er sich um eine schwere

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