Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga
sicher, dass der Maler da nie hineingegangen ist. Beim letzten Mal sah alles völlig unberührt aus. Er schien ganz allein in dem Wohnwagen zu leben. Er war ein Einzelgänger.«
»Wirklich ein Einzelgänger!« Merrimans Stimme hallte über den Hof. »Ein seltsames Geschöpf der Finsternis, sie haben ihn nur als Dieb ausgesandt. Er sollte den Gral stehlen und dann verstecken. Der Augenblick war gut gewählt, denn unsere Wachsamkeit hatte nachgelassen. Wir glaubten, sie wären damit beschäftigt, nach einer großen Niederlage ihre Wunden zu lecken... Aber dieses Geschöpf der Finsternis wollte seine Meister betrügen, wollte höher hinaus. Er wusste von dem verlorenen Manuskript und glaubte, er könnte es heimlich an sich bringen, dann wäre einer der mit Macht ausgestatteten Gegenstände vollständig gewesen und er hätte sich durch eine Art Erpressung zu einem der großen Herren der Finsternis machen können.«
Jane sagte: »Aber wussten sie nicht, was er tat?«
»Sie erwarteten nicht, dass er über seinen Auftrag hinausgehen würde«, sagte Merriman. »Sie wussten, vielleicht besser als er, wie hoffnungslos es für einen Einzelnen war, sich an ein solches Unternehmen zu wagen. Wir glauben, dass sie ihn nicht beobachteten, sie warteten einfach auf seine Rückkehr.«
»Die Mächte der Finsternis sind tatsächlich für einige Zeit sehr in Anspruch genommen«, sagte Kapitän Toms. »Sie müssen den Schaden wieder gutmachen, den ihnen gewisse Ereignisse in der Mitte des letzten Winters zugefügt haben. Sie werden sich bis zu ihrem nächsten großen Angriff wenig sehen lassen.«
Simon sagte nachdenklich: »Vielleicht hat der Maler das gemeint, als er zu Barney sagte:
Werde ich beobachtet?
Weißt du noch? Ich dachte, er meinte dich, aber er muss seine eigenen Meister gemeint haben.«
»Wo ist Barney?« Will sah sich nach allen Seiten um. »Barney? He, Barney!«
Irgendwo hinter dem Farmhaus ertönte ein unverständlicher Schrei.
»Oh, Gott«, sagte Jane, »was hat er denn jetzt schon wieder?«
Die Kinder liefen dem Schrei nach, Merriman und Kapitän Toms kamen langsamer hinterher. Die Seite des alten Hauses und alle Nebengebäude waren von einem dichten Gestrüpp aus Unkraut, Nesseln und Brombeeren umwuchert.
»Auah!«, heulte Barney aus dem Innern dieses Dickichts heraus. »Ich bin ganz zerstochen.«
»Was tust du denn auch da?«
»Ich suche Rufus.«
Sie hörten ein dumpfes Bellen, es schien aus dem entfernteren der beiden Nebengebäude zu kommen, einer alten Scheune aus Bruchstein mit einem halb eingestürzten Dach.
»Au!«, heulte Barney wieder. »Gebt auf die Brennnesseln Acht, sie sind grässlich... Rufus bellt weiter und kommt nicht raus, ich glaube, er steckt irgendwo fest. Hier ist er hineingelaufen...«
Kapitän Toms kam herangehumpelt. »Rufus«, rief er laut und in strengem Ton, »hierher! Komm her!«
Wieder hörte man aus der verfallenen Scheune gedämpftes, aufgeregtes Bellen, das in Schnüffeln und Winseln überging.
Kapitän Toms zupfte sich seufzend an seinem grauen Bart. »Dummes Tier«, sagte er. »Geh einen Moment beiseite. Pass auf, Barney.« Indem er seinen schweren Spazierstock wie eine Sense hin und her schwenkte, bewegte er sich langsam vorwärts und schlug sich so einen Pfad durch die Nesseln und das Gestrüpp bis an die zerfallende Scheunenwand. Das Bellen des Hundes drinnen wurde noch aufgeregter.
»Sei still, Hund«, rief Barney, der sich dicht hinter dem Kapitän hielt, »wir kommen!« Er zwängte sich zu dem verrotteten Tor durch, das nur noch in einer Angel hing, und spähte durch den dreieckigen Spalt zwischen Tor und Mauer. »Er muss hier durchgeschlüpft sein und etwas umgestoßen haben, was hinter der Lücke stand... ich könnte hindurch, wenn ich...«
»Sei vorsichtig«, sagte Jane.
»Natürlich«, sagte Barney. Er zwängte sich an der schräg hängenden Tür vorbei, stieß dabei an etwas, was mit Krachen und Getöse umfiel, und verschwand. Drinnen ertönte ein freudiges Gebell und dann kam Rufus mit hängender Zunge und wedelndem Schwanz durch den Spalt auf Kapitän Toms zugesprungen. Er war sehr schmutzig; sein rotes Fell war mit feuchten, fauligen Holzsplittern gesprenkelt und seine Nase mit Spinnweben verklebt.
Kapitän Toms klopfte ihm nachdenklich den Rücken. Er betrachtete die Scheune mit leicht gerunzelter Stirn. Dann warf er Merriman einen fragenden Blick zu. Jane, die seinem Blick mit den Augen gefolgt war, sah auf dem Gesicht ihres Großonkels den gleichen
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