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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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bei Merriman gewesen war, sich abwenden und mit traurigem Gesicht zurück in die aus Steinen errichtete Abtei gehen und hinter den dicken Mauern verschwinden. Und weit weg, allein an einem anderen Ort, doch das Bild der Abtei überlagernd wie eine Widerspiegelung auf dem Glas, das ein Bild bedeckt, sah er das bärtige Gesicht des hohen Herrn, der die meerblaue Robe getragen hatte, den Kopf gekrönt mit dem goldenen Reif eines Königs.
    Und plötzlich erkannte Will die wahre Herkunft von Bran Davies, dem Kind, das aus der Vergangenheit hergebracht worden war, um in der Zukunft aufzuwachsen, und ihn ergriff ein ungeheures Mitleid mit seinem Freund, der von seiner schrecklichen Bestimmung bis jetzt noch keine klare Vorstellung haben konnte. Es war schwer, an eine so erstaunlich große Macht und Verantwortung auch nur zu denken. Er begriff jetzt, dass er, Will Stanton, Letzter der Uralten, von Anfang an dazu bestimmt gewesen war, Bran in kommenden Zeiten zu helfen und zu unterstützen, ebenso wie Merriman immer an der Seite von Brans großem Vater gestanden hatte. Der Vater, der nichts von der Existenz seines Sohnes gewusst hatte, damals, als er geboren wurde, und der erst jetzt, nach all den Jahrhunderten, als Herr der Hohen Magie, ihn zum ersten Mal sah ... Es war jetzt klar, wie dem Besitzer des Wachsteins sein Eigentum genommen worden war. Neben einer Gestalt dieser Größe schwand die Macht des Grauen Königs zur Bedeutungslosigkeit. Aber — das traf nur zu, wenn Bran wirklich wusste, was er tat. Wie viel von seiner verborgenen und unendlich machtvollen Persönlichkeit war wirklich freigelassen worden? Wie viel hatte er in der Kate gesehen, welche Bilder waren vor seinem arglosen Gemüt erschienen?
    Will raffte die Harfe an sich, in seiner Hast seinen schmerzenden Arm vergessend, rannte aus der Kate, sprang auf das Fahrrad und fuhr die Straße nach Tal y Llyn hinunter. Es gab keinen anderen Ort, wo Bran hätte hingehen können. Alle Wege mussten jetzt zu dem See führen und zu den Schläfern. Denn jetzt ging es nicht nur um die Aufgabe der goldenen Harfe, die Schläfer zu wecken, sondern um eine Kraft der Hohen Magie, die, wenn sie weiter unerkannt und unkontrolliert blieb, nicht nur diese Aufgabe zunichte machen konnte, sondern auch das Licht selbst.

Das Erwecken
    Als Will an den Tal y Llyn kam, wusste er, dass er versuchen musste, sich nicht sehen zu lassen. Es gab keine Möglichkeit festzustellen, wo Caradog Prichard war — ob er zu Idris Jones' Hof gegangen war, wohin er sich von dort aus gewandt haben mochte ... Will dachte daran, zum Hof zu gehen, um das zu überprüfen; er konnte sich hinter der Biegung der Straße versteckt halten für den Fall, dass der zerbeulte graue Lieferwagen dort stand. Dann änderte er seine Meinung. Es war zu wenig Zeit. Er drückte sein Bündel an sich und fuhr weiter, über den höchsten Punkt der Ty-Bont-Straße hinweg und bis zu der Ecke, wo die Straße um den See herumführte.
    Der Tal y Llyn lag vor ihm, gekräuselt von einem Wind, der schon den ganzen Tag dicke Kumuluswolken über den Himmel gejagt hatte. Grün vom Gras und braun vom Farn stiegen zu beiden Seiten die Berge auf; der dunkle See füllte das Tal bis zum anderen Ende, wo die Berge sich in einem großen V trafen, dem Tal y Llyn Pass. Will starrte auf das gekräuselte Wasser.
Bergfeuer finden die goldene Harfe der Schäfer,
Die klingt und weckt die alten Schläfer ...
    Wo sollte die Harfe gespielt werden, und wann? Nicht hier, auf der ungeschützten Talstraße ... Will wandte sich nach links und fuhr auf die Seite des Tales zu, wo über den ebenen, sanften grünen Feldern der erste dunkle Hang des Cader Idris sich wie eine vom Himmel überdachte Wand erhob. Es war der Hang, auf dem sie das tote Schaf gefunden hatten, der Hang, den der Herr dieses Berges, der Graue König, geschüttelt hatte, um Will in den See zu werfen. Doch der Instinkt der Uralten veranlasste Will, sich gerade diesen Hang zum Ziel auszuwählen, sich auf die Festung des Feindes zu stürzen, eine bewusste Herausforderung der wütenden Kraft, die ihn zurücktreiben wollte. Je größer die Übermacht, dachte er, umso schöner der Sieg.
    In seinen Ohren erklang ein gedämpftes Dröhnen, als er mit der eingewickelten Harfe unter dem Arm weiterfuhr. Er kam der lauernden Bergwand immer näher. Bald würde die Straße abbiegen. Um am See zu bleiben, musste er vom Rad absteigen und über die Felder laufen und den Hang mit dem verräterisch lockeren

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