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Lichtjagd

Lichtjagd

Titel: Lichtjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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lassen?«
    »Ich glaube, ich kann das Hotelzimmer allein verteidigen.«
    Cohen erinnerte sich daran, wie Ash sich über Li gebeugt hatte, und spürte einen plötzlichen Stich von Eifersucht. Er achtete darauf, das Gefühl vor Li zu verbergen – so wie er auch darauf geachtet hatte, dass niemand etwas von seinen diskreten Erkundigungen über Ash erfuhr. Er setzte die beiden
verfänglichen Prozesse mit einem nice-Befehl um mehrere Prioritätsstufen herunter, leitete ihre Outputs in ein Unterverzeichnis mit geringem Durchsatz um und versah sie mit Anweisungen für seine Routing-Meta-Agenten, die Dateien automatisch zu verschieben, sollte Li je auf dieses Verzeichnis zugreifen.
    Doch statt den Befehl auszuführen, schickte der Router/ Decomposer eine untypisch abfällige Nachricht, die durch die untersten Ebenen von Cohens internem Datenverkehr trieb:
    
    , schnauzte Cohen.
    Er bereute die Bemerkung sofort. Vielleicht war seine Geduld überstrapaziert, aber wer Intrasystem-Feedback abwürgte, war auf dem besten Wege, sich um einen verlässlichen Partner zu bringen.
    Er schickte eine Entschuldigung, die als leichte Kräuselung des Datenstroms durchs lokale System lief. Der Routing-Meta-Agent schickte etwas zurück, das einem Achselzucken verdächtig nahe kam.
    Li blinzelte und schüttelte leicht den Kopf.
    Sie hatte vage etwas mitbekommen. Aber es war nicht der Routing-Meta-Agent. Was sonst? Er ließ sich die Ausgabe der mehreren hundert, zum Großteil routinemäßigen Prozesse anzeigen, die er im Moment laufen hatte, konnte aber im Nachhinein nichts finden, was das leichte Schaudern erklärte, das er bei ihr gespürt hatte.
    Vielleicht war wirklich nichts gewesen. Manchmal war nicht mehr erforderlich als ein flüchtiger Blick auf den Datenverkehr auf der anderen Seite der Firewall, die er zwischen ihr und seinen Kernsystemen errichtet hatte.

    »Manchmal machst du mir Angst«, sagte sie.
    Es war eine Lüge. Zumindest eine Lüge durch Auslassung. Er hatte den ersten wortlosen Gedanken gespürt, den diese Worte ersetzten: Du machst mir Angst. Von manchmal konnte nicht die Rede sein.
    Cohen zögerte, dann zuckte er die Achseln. »Na gut. Ich gebe Roland eine Gelegenheit, seinen Schönheitsschlaf nachzuholen. Du weißt, wo du mich findest, wenn du mich brauchst.«
    Er machte eine Pause, um verschiedene Fangroutinen zu starten, die ihn verständigen würden, wenn sich jemand in die fabelhaften Sicherheitssysteme des Hotels hackte. Er überlegte, ob er vielleicht auch eine Hash-Logdatei in Lis internen Systemen installieren sollte, um herauszufinden, ob sie irgendwohin ging, während er weg war. Aber er kam zu dem Schluss, dass es nicht das Risiko wert war, von ihr erwischt zu werden. Schließlich entließ er seine diversen Ichs in den Stromraum und gönnte Rolands erschöpftem Körper den Schlaf, den er so dringend brauchte.

Der weibliche Golem
    ► Es wurde erzählt, dass Rabbi ben Gabirol eine Frau geschaffen habe und von ihr bedient wurde. Als er den Obrigkeiten gemeldet wurde, zeigte er ihnen, dass sie kein vollkommenes Geschöpf war, und verwandelte sie wieder in ihre ursprüngliche Form, in die Holzstücke und -gelenke, aus denen er sie gebaut hatte. Zahllose ähnliche Geschichten werden überall erzählt, besonders im Land Aschkenas.
     
    Rabbi Joseph Schelomo del Medigo:
Mazref Le-Hokhmah (1865)

    A nderthalb Minuten, bevor ihre Implantate sie geweckt hätten, schreckte Li aus dem Schlaf. Sie schlug die Augen auf, lag völlig still da und genoss das elektrisierende Gefühl, hellwach zu sein, das sich bei ihr immer kurz vor einer Mission einstellte.
    Aber sie hatte heute gar keine Mission vor sich. Keine Reparaturen in letzter Minute, um die sie sich kümmern, keine Befehle, gute oder schlechte, die sie befolgen musste. Dieses Leben war vorbei. Das Einzige, dem sie heute folgen musste, war ein Name, der ihr ins Ohr geflüstert wurde, als sie in Didis gepanzerten Wagen stieg.
    Sie hatte noch nicht entschieden, wie sie mit diesem Namen verfahren sollte.
    Oder ob sie Cohen davon erzählen würde.
    Reden kann nicht schaden , sagte sie sich im letzten finsteren Winkel ihres Geistes, den sie noch vor Cohens verzehrender Gegenwart hatte verbergen können. Ich

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