Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lichtjagd

Lichtjagd

Titel: Lichtjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
Vom Netzwerk:
Rotationsschwerkraft boten, die ihr Skelett und Immunsystem erforderten. Die Syndikatsmannschaften, die überhaupt keine künstliche Schwerkraft benötigten, mussten einfach mit gereizten Muskeln und beschädigten Geräten leben.
    Arkady musste sich an den noch aktiven Kryotanks der taktischen Konstrukte vorbeizwängen, um den Korridor zu erreichen. Er tat es mit einem Schaudern und versuchte nicht genau hinzusehen, was dort unter dem von hinten beleuchteten Viruflex schlummerte. Seit der UN-Invasion hatte er kein taktisches Konstrukt mehr gesehen – und er hoffte, nie wieder eins sehen zu müssen.
    Der Korridor schmiegte sich an die Außenhülle des Schiffs, und das raschelnde Gesäusel war dort sicher lauter. Er warf einen Blick durch die nächste Sichtluke und sah einen weißen Rumpf, der sich in die Finsternis hinabwölbte. Und am Rande der Dunkelheit etwas so Eigenartiges, dass er einige fassungslose Momente brauchte, bis er es erkannte.
    Sie flogen durch einen Wald.
    Blätter prasselten wie Regentropfen gegen den Rumpf. Zweige und Äste kratzten über die Flanken den Schiffs wie Fingernägel, die Münzen von einer Theke klaubten. Ein Maulbeerblatt taumelte vorbei, und die Lauflichter des Schiffs ließen ein Gewirr fein verästelter Blattadern aufblitzen, die beim Eintritt ins harte Vakuum zu Eiskristallen explodiert waren. Dem Blatt folgte ein Orbseidenkokon, im Innern eine unbezahlbare tote Raupe. Dann die Haarbürste einer Frau, die sich träge überschlug und deren Bewegungsimpuls dem des Schiffes so nahe kam, dass sie mit etwas mehr als Schritttempo heckwärts zu schweben schien.

    Dies war das Schiff, das sie überholen sollten. Es folgte derselben Flugbahn, doch der Rumpf war aufgerissen, der Seidengarten durch den Druckverlust zerfetzt, und die kleine Arche lebender Kostbarkeiten hatte sich in die Abgründe entleert. Arkady riss sich von der Sichtluke los. Er hatte gewusst, sie alle hatten gewusst, dass vor ihnen ein anderes Schiff versucht hatte, Novalis zu erreichen, und gescheitert war. Aber es war eine Sache, es zu wissen. Es war eine ganz andere Sache, die verlorenen Leben wie hungrige Gespenster an der Außenhülle picken zu hören.
    Wir sind nur so wenige , flüsterte er den Göttern der Leere zu. Ich kann den Tod akzeptieren. Aber nicht umsonst. Lasst Novalis die Heimat sein, die wir so dringend brauchen. Wer weiß, wie viele Gelegenheiten wir noch haben?
    Arkady hatte erst vier Stunden an Bord des Schiffs verbracht, als er in den Kryotank gestiegen war, und der Currygeruch leitete ihn sicherer als seine vagen Erinnerungen an den Grundriss des Habitatsmoduls. Das Schiff wirkte kleiner und beanspruchter, als er es im Gedächtnis hatte. Eine Frage seiner Wahrnehmung; tatsächlich war das Schiff in den zwei Jahren, die er im Kälteschlaf verbracht hatte, kaum benutzt worden. Und es hatte genau die richtige Größe für die zehn Mitglieder der Erkundungsmannschaft, von denen die meisten bereits im Aufenthaltsraum waren, ihren Kryokater kurierten und zusahen, wie Novalis langsam in den schwarzen Abgrund auf dem Wandmonitor vorrückte.
    Man hatte den Aufenthaltsraum in eins der alten, von UN-Technikern entworfenen Null- g -Labormodule eingebaut, mit dem Hintergedanken, dass man es, wenn man sich schon entspannen wollte, auch bequem haben könne. Aber er hatte immer noch diese eigenartig gedrängte Atmosphäre, die in so vielen UN-Schiffen herrschte; als hätten die Menschen, die sie entwarfen, nie ganz begriffen, dass es im freien Fall keine Decken gab. Und die Angehörigen der Erkundungsmannschaft saßen alle am Tisch auf der »Boden«seite des Raums,
statt es sich in den Ecken und Winkeln bequem zu machen, wie sie es in einem von Syndikatstechnikern entworfenen Raum selbstverständlich gemacht hätten.
    Arkady sah nacheinander in die Gesichter am Tisch, fand aber das vertraute Gesicht nicht, das er zu sehen gehofft hatte. Aber sein Duopartner war doch eingetroffen, oder nicht? Ohne den Chefgenetiker der Mission wären sie doch sicher nicht gestartet.
    »Wie wär’s mit einem Schluck gegen den Kater?«, fragte jemand und bot ihm einen Quetschball mit Bier an.
    Das ganze zehnköpfige Erkundungsteam hatte sich, unter Verhandlungsführung der zwei Banerjees, darauf geeinigt, die Hälfte ihres persönlichen Frachtkontingents für Biervorräte zu verwenden. Arkady hatte die Abmachung als gutes Omen für die Leute gewertet, die für die Dauer der Mission seine Kameraden sein würden.
    Er probierte einen

Weitere Kostenlose Bücher