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Lichtjagd

Lichtjagd

Titel: Lichtjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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Schluck und blinzelte überrascht. »He, das ist wirklich gut!«
    Einer der A-Klasse Banerjees grinste. »Der Stolz der Banerjees«, sagte er in dem noblen, aber etwas pompösen Ton, den die Kinder aus Brutstationen von klein auf mit den Helden der Abspaltung zu assoziieren lernten.
    »Teller, Essen, Gabeln«, sagte einer der Ahmeds und streckte einen Finger aus.
    Arkady ging durch den Saal und war sich dabei bewusst, dass ein Dutzend Augenpaare ihn beobachteten und einzuschätzen versuchten. Er beugte sich über einen köchelnden Topf. »Fantastisch«, sagte er im passendsten Ton, der ihm möglich war. »Ein dreifaches Hoch auf das AzizSyndikat.«
    »Wir haben’s aber gar nicht gekocht«, gab der andere Ahmed zu. »Für das Festmahl kannst du dich bei deinem Verwandten bedanken.«
    »Dann wäre er der erste Arkady, den ich je kennengelernt habe, der etwas Genießbares kochen kann.« Arkady betrachtete das Curry mit neuem Misstrauen, kostete es und musste
zugeben, dass es gut schmeckte. »Und wo steckt dieser Kochkünstler? «
    Er drehte sich um und sah gerade noch, wie die beiden Ahmeds einen unverständlichen Blick wechselten.
    »Er arbeitet?«, sagte einer der beiden versuchsweise. Und in seiner Stimme schwang schon etwas mit, das man nur als Warnung verstehen konnte.
    Jemand durchwühlte ihm das Haar, und als er herumfuhr, sah er in ein anderes Rostow-Gesicht. »Aurelia, stimmt’s?«
    »Stimmt.«
    »Und wo warst du, als ich aufgewacht bin?«
    »He, schau mich nicht an. Ich bin der Steine-Doktor, nicht der Leute-Doktor.«
    »Ich verstehe.« Arkady sah sie genauer an; als einzige Geophysikerin des Teams würde sie möglicherweise eng mit ihm zusammenarbeiten, je nachdem, was sie auf Novalis fanden. »Ich werde darauf achten, dass ich dir alle kranken Steine mitbringe, über die ich stolpere.«
    »Ich bin der Leute-Doktor«, sagte die andere Auralia vom Ende des Tisches. »Wir haben uns vor einer Stunde kennengelernt. Du weißt es bloß nicht mehr. Ich habe neben deinem Tank gesessen, seit der Deckel hochgeklappt wurde, aber ich dachte mir, für den Rest des Aufwachens gönne ich dir ein bißchen Privatsphäre.«
    Wer innerhalb der Syndikatsgesellschaft funktionieren wollte, benötigte eine gute Dosis von dem, was Keats in einem berühmten Zitat einmal als negative Fähigkeiten bezeichnet hatte: das Talent, zwei widersprüchliche Ideen zur selben Zeit im Kopf zu behalten. Auf der einen Seite musste man zum Zwecke der Arbeit und sozialen Interaktion die individuellen Genkonstrukte unterscheiden lernen; das menschliche Gehirn, wie grundlegend man es auch umbaute, konnte nicht ganz vom individuellen Bewusstsein befreit werden, das die ersten vierhundert Millenien seiner Evolution angetrieben hatte. Auf der anderen Seite waren die Strukturen
und Gepflogenheiten einer Syndikatsgesellschaft darauf ausgelegt, dass Unterscheidungen zwischen Individuen derselben Abstammungslinien eliminiert wurden. Ein Syndikat war eine Familie mit derselben Blutsverwandtschaft innerhalb seiner verschiedenen Abstammungslinien, wie sie menschliche Familien zusammenschweißte. Aber die eigenen Geschwister, die anderen Mitglieder der eigenen Abstammungslinie, waren mehr als eine Familie. Man war eins mit ihnen. Und der individuelle Körper, den man bewohnte – der einsame physische Organismus in seinem Gefängnis aus Haut und Knochen –, war ebenso wenig eine ganze Person, wie eine einzelne Ameise ein ganzer Schwarm war. Die Namen der Abstammungslinien reflektierten dies. Jedes individuelle Genkonstrukt verfügte über ein Dossier, das im Laufe seines Lebens von Dozenten, Professoren, Konstrukten aus derselben Brutstation und Vertretern der Verwaltungsausschüsse zusammengestellt wurde; aber das Aktenzeichen des Dossiers war so irreal wie Papierkram. Im alltäglichen Leben, von dem Moment an, als er oder sie aus dem Tank kam, war jeder der tausende Arkardys einfach Arkady; jede Bella war Bella; jeder Ahmed war Ahmed; jede Aurelia war Aurelia.
    Wenn man eines seiner Geschwister in einem normalen Gespräch einzeln ansprechen wollte, musste man auf improvisierte Spitznamen zurückgreifen oder auf umständliche Formulierungen wie »der aus dem siebten Jahrgang, der die Mission nach Karal-20 geleitet hat« oder »der aus dem fünften Jahrgang, der im letzten Jahr auf der Planetenoberfläche an den arktischen Eisbohrungen mitgearbeitet hat« oder »der, der den furchtbaren Witz über den Hund erzählt hat« oder »der, der den Artikel über

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