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Lichtjagd

Lichtjagd

Titel: Lichtjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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durch – die falschen Ansätze, die er versucht und aus denen er gelernt hatte, den gegenwärtigen Stand seiner Arbeit und seine Gedanken über seinen sogenannten Golem – und tasteten sich dabei vorsichtig an das Thema des anderen Golems heran, des Golems aus Fleisch und Blut, der in Gavis Wohnzimmer saß.
    Er hätte das Gespräch genießen müssen. Aber er genoss es nicht.
    Plötzlich bemerkte er, dass ihm der rote Faden abhanden gekommen und Cohen eigentümlich stumm geworden war.
Er blickte auf und stellte fest, dass die KI ihn intensiv anstarrte.
    »Also, Gavi. Wie geht es Arkady und Osnat?«
    »Woher soll ich das wissen?«
    »Das ist ja eigenartig. Ich hätte nicht gedacht, dass in Yad Vashem zurzeit ein solcher Besucherandrang herrscht und du deine beiden Gäste gar nicht bemerkt hast.«
    »Seit wann weißt du davon?«
    »Seit sie eingetroffen sind.«
    »Dann weißt du auch, dass sie sich zuerst an dich gewandt haben. Warum zum Teufel hast du ihnen nicht geholfen?«
    »Worüber redest du?«
    »Ich rede über Li! Osnat hat sie um Hilfe gebeten, bevor sie Arkady zu mir gebracht hat. Und sie ist deswegen fast in einer Arrestzelle der Polizei gelandet.«
    Cohen blinzelte. »Li wird jetzt seit zwei Tagen vermisst. Ich glaube also, wir können davon ausgehen, dass derjenige, der es auf deine beiden verlorenen Lämmer abgesehen hat, auch sie eingesackt hat.«
    »Oder«, erwiderte Gavi in einem bemüht neutralen Ton, »wir müssen annehmen, dass sie diesen Eindruck erwecken will.«
    »Da liegst du mit Sicherheit daneben. Das würde Li nicht tun.«
    »Kennst du sie gut genug, um das auszuschließen?«
    »Ich kenne sie gut genug, um zu wissen, dass sie mich nicht verraten würde.«
    »Jeder hat seine dumme Blondine im roten Ferrari, Cohen.«
    »Erspar mir Didis Standardsprüche.«
    »Na gut, vielleicht war das unangebracht. Vielleicht ist es nicht so. Aber … die Leute sind so, wie sie sind. Du kannst dir nicht vorstellen, wie wütend ich auf Leila war, nachdem sie starb. Ich redete mir ein, wenn sie mich wirklich geliebt hätte, wäre sie über die Grüne Grenze gekommen, als sie noch die Möglichkeit hatte. Aber so einfach ist es nicht,

     
    oder? Ich will damit sagen, man kann jemanden inständig lieben und doch von seinem eigenen Ich gefesselt sein, von dem, woran man glaubt, von anderen Dingen und Personen, die einem wichtig sind … vom Leben, meine ich.«
    »Ich weiß, was du mir sagen willst«, sagte Cohen. »Du willst andeuten, dass der UNSR dahintersteckt. Du glaubst, dass Li wieder für Nguyen arbeitet und Nguyen den Bombenanschlag entweder selbst angeordnet oder Didi dazu gedrängt hat, ihn in Auftrag zu geben. Nun, du weißt wirklich nicht, wovon du sprichst. Du kennst Catherine nicht. Du weißt nicht, was man ihr angetan hat. Du weißt gar nichts über sie.«
    Aber sein Blick löste sich von Gavi, als er das sagte.
     
    Das Paket traf ein, als Gavi gerade gehen wollte.
    »Was soll das heißen, Sie wissen nicht, von wem es ist?«, fragte Cohen den schrecklich nervösen Jungen, der an der Tür seiner Suite erschienen war. »Hat es der Sicherheitsdienst überprüft?«
    »Ja. Ich, äh … vielleicht sollten Sie’s sich besser selbst ansehen. «
    Eine erste düstere Ahnung befiel Gavi, als er bemerkte, dass der erschrockene junge Mann kein normaler Hotelpage war. Jemand hatte es für angebracht gehalten, das Management einzubeziehen, um dieses besondere Paket abzuliefern.
    »Soll ich mitkommen?«, fragte er.
    »Ja«, sagte Cohen.
    Sie wussten beide, dass er es unter anderen Umständen vehement abgelehnt hätte.
    Das Paket – genau genommen ein Geschenkkarton, der in recht geschmackvolle Goldfolie gewickelt und mit einem roten Satinband verschnürt war – lag nun offen auf dem Schreibtisch des Sicherheitschefs.
    Cohen trat an den Schreibtisch, warf einen Blick in den Karton, erstarrte und ließ sich dann schlaff auf den nächsten Stuhl sacken.

    Gavi bemerkte, dass niemand der umstehenden Uniformierten auch nur die geringste Notiz von ihm nahm, und trat nah genug an den Tisch, dass er in den Karton sehen konnte.
    Der Karton war mit weiterer Goldfolie ausgelegt, als habe der Absender den Inhalt für äußerst wertvoll gehalten. Gavi brauchte einige Zeit, um zu erkennen, was der Gegenstand eigentlich war. Es lag zum Teil an den üblichen Schwierigkeiten, die man beim Erkennen auch der vertrautesten Gegenstände hat, wenn sie einem außerhalb der üblichen Zusammenhänge begegnen. Vor allem aber lag es an

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