Lichtjagd
in die Hände sinken und rieb sich die Schläfen. »Tut mir leid. Was ist mit dem Anschlag auf die Maracaibo-Bar? Gibt’s schon was Neues?«
»Die Jungs arbeiten daran.«
»Osnat sagte, sie habe dort Leute aus dem Amt gesehen. Sie hat Arkady zu mir gebracht, weil sie der Meinung war, dass sie niemandem sonst vertrauen könne. Dich eingeschlossen. Sie brachte ihn mit nichts als Nervenkraft und Sohlenleder über die Grüne Grenze. Nur ein Verrückter würde das versuchen.«
»Sie ist ein bisschen hitzköpfig«, pflichtete Didi ihm bei, »aber sie ist ein gutes Mädchen.«
»Kann ich ihr vertrauen?«
»Diese Frage sieht dir gar nicht ähnlich. Der Gavi, den ich kannte, hätte ihr nicht vertraut, ganz gleich was ich sage.«
»Ich bin nicht mehr der Gavi, den du kanntest.«
»Du siehst wirklich ein bisschen ausgefranst aus.« Didi sprach es aus, als ob er eine schlichte Tatsache anerkannte,
mit derselben desinteressierten Stimme, mit der er zugestanden hätte, dass das Wetter wärmer war als üblich.
»Ich habe genug, Didi. Wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich mich freikaufen, bevor mir der ganze Fall über dem Kopf zusammenbricht.«
»Dein Jargon ist nicht mehr aktuell«, sagte Didi mit einem Lächeln, so zart wie frisch gefallener Schnee. »Heutzutage nennen es die jungen Leute ›Weltverbesserung‹. Oder im Fall eines Todesfalls unter scheinbar zufälligen Umständen ›jemanden mit Masern anstecken‹. Und ich kenne dich auf jeden Fall zu gut, um zu glauben, dass du so etwas tun würdest. Du hast immer zu deinen Leuten gestanden, wenn etwas schiefgegangen ist.«
»Nicht zu Gur.«
»Nein. Armer Junge. Ich nehme an, ich brauche nicht zu fragen, was dich auf ihn gebracht hat.«
An der Wand gegenüber Didis Stuhl stand ein Sofa. Gavi ließ sich in die Polster sinken und drehte sich zur Seite, damit er sein verstümmeltes Bein hochlegen konnte. Die Haut unter der normalerweise bequemen Manschette war von den stundenlangen Spaziergängen über Beton und Pflastersteine wund, und es brannte furchtbar, als das Gefühl ins Bein zurückkehrte. Warum war es so schlimm, wenn er sich über Beton statt über eine natürliche Oberfläche schleppte?
»Ich verstehe immer noch nicht«, sagte er, »wie sich Osnat mit GolaniTech einlassen konnte. Bei Mosche kann ich’s mir vorstellen. Aber welcher Idiot hat entschieden, Osnat von der Gehaltsliste zu streichen?«
Er blickte zu Didi hinüber, der ihn mit einer Intensität beobachtete, die ihn bei jedem anderen Menschen wütend gemacht hätte. Er betrachtete die unförmige Gestalt, die sich in den Lehnstuhl gefläzt hatte, und sah über den befleckten und zerknitterten Anzug hinweg, um Didi zum ersten Mal, seit sie das Zimmer betreten hatten, in die Augen zu sehen.
»Ach so«, sagte Gavi leise. »Sie ist nie gegangen. Sie arbeitet immer noch für dich. Du hast sie geschickt.«
»Sagen wir einfach, ich habe sie in deine Richtung gedreht und ihr einen kleinen Schubs verpasst.«
»Du hast mir schon oft etwas mit einem kleinen Schubs zugeschoben. Aber wie bist du nur auf die Idee gekommen, sie ohne Rückendeckung durch die Grüne Grenze zu schicken?«
»Ich glaube, Osnat ist sich selbst Rückendeckung genug.«
Und zum ersten Mal machte Gavi sich keine Gedanken mehr um die Risiken, die sich Osnat auflud – und dachte an die Risiken, die er selbst einging. »Mein Gott. Sie ist eine Kidon . Und ich stehe immer noch auf der Abschussliste des Premierministers. Du hast mir eine Mossad-Attentäterin ins Haus geschickt, und nur die Initialen des Premiers bewahren mich davor, abgestochen zu werden!«
»Genau genommen hat der Premierminister deinen Namen letzten Monat mit seinen Initialen abgezeichnet.« Didi breitete die Arme in einer Geste auseinander, die halb eine Entschuldigung, halb eine Rechtfertigung war. »Alte Freunde sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren.«
»Ich habe diesem Mistkerl das Leben gerettet!«, sagte Gavi – doch die Worte waren ihm kaum über die Lippen, da wurde ihm klar, dass sie so kläglich klangen wie Dibbuk, wenn ihr jemand auf den Schwanz trat.
»Er hat mir davon erzählt. Zweimal sogar. Falls du dich dabei besser fühlst: Ich musste die halbe Nacht in seinem Haus verbringen und ihn sich an meiner Schulter ausweinen lassen, bevor er den Befehl unterzeichnete.«
»Was geht hier vor, Didi? Schließt du auf mich eine Versicherung ab?«
»Gavi, bitte glaub mir, ich wünsche mir mehr als alles andere auf der Welt, mit Ausnahme eines
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