Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lichtjagd

Lichtjagd

Titel: Lichtjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
Vom Netzwerk:
eintrafen, spielte sich derselbe Vorgang ein zweites Mal ab, ebenso reibungslos und in derselben unheimlichen Lautlosigkeit. Als beide Enderbot-Trupps sich schließlich sortiert hatten und zur Ruhe gekommen waren, konnte man in den reglosen Reihen verstaubter Uniformen, ohne Rang- oder Einheitsabzeichen, unterscheidbar nur an den stilisierten Konzernlogos auf Waffen und Geräten, kaum zwei verschiedene Armeen ausmachen.

    Danach warteten sie. Gavi verlagerte sein Gewicht abwechselnd vom Bein aus Fleisch und Blut auf die Prothese. Er machte den Eindruck, als ob es ihm ebenso viel Mühe wie Arkady abverlangte, nicht auf der Suche nach Osnat den Blick schweifen zu lassen.
    Schließlich traf Arkasha ein. Und die Symmetrie blieb bestehen. Wie Arkady kam er mit nur einem Begleiter: dem grünäugigen Yusuf.
    Als sie an Gavi und Arkady vorbeigingen, verlangsamte Yusuf seine Schritte. Die unbekümmerte, frivole Maske, die Yusuf bei ihren beiden bisherigen Begegnungen getragen hatte, war verschwunden, und er sah jung, verängstigt und wütend aus.
    »Was zum Teufel machen Sie hier?«, zischte er Gavi zu.
    Gavi antwortete nicht. Als Arkady endlich seinen Blick von Arkasha losriss und Gavi einen Blick zuwarf, sah er, dass er Yusuf mit dem schmerzerfüllten, verwirrten Blick eines Hundes anstarrte, der gerade einen Tritt eingesteckt hatte und herauszufinden versuchte, ob zufällig oder mit Absicht.
    Cohen und Turner wartete immer noch, auch wenn Arkady keine Ahnung hatte, worauf. Es war bitterkalt. Arkasha trug keinen Mantel und zitterte. Arkady wollte Gavi darauf aufmerksam machen, aber dann bemerkte er, dass niemand einen Mantel zu tragen schien und eine Menge Leute hier zitterten, er selbst auch.
    »Gehen Sie«, flüsterte Gavi schließlich. Offenbar reagierte er auf ein Signal, das Arkady entgangen war.
    Arkady schritt auf die palästinensische Seite des Hofs zu und schauderte, als der Laserstrahl eines der Ender-Sichtgeräte seine Beine umspielte. Arkashas und Arkadys Wege kreuzten sich unmittelbar neben dem schneebedeckten Brunnen, und sie sahen sich dabei gegenseitig von der Seite an. Als Arkady begriff, dass er hätte die Hand ausstrecken und Arkasha berühren können, war der Moment schon vorbei, und sie waren beide hinter ihren jeweiligen Ender-Reihen wieder allein.

    Turner ging zum Angriff über, sobald Arkady und Arkasha aus der Schusslinie waren. Mit einem kurzen Fingerschnippen machte er Yusuf auf sich aufmerksam. »Sie haben bekommen, was Sie wollten«, rief er ihm zu. »Jetzt tun Sie, was Sie versprochen haben.«
    In Arkadys Augenwinkeln zuckte etwas. Als er hinschaute, sah er, dass Yusuf eine Waffe gezogen hatte, und sie war auf Gavis Kopf gerichtet.
    Ein Zittern ging durch die Reihen der Ender, als ein Gewehr nach dem anderen auf die beiden Männer angelegt wurde.
    »Nein!«
    Das Wort hallte über den Hof mit einer Stimme, die Arkady erst als Gavis Stimme erkannte, als er sah, dass Gavi seinen eigenen Körper zwischen Yusuf und die israelischen Ender gestellt hatte.
    Gavi und Yusuf standen sich im Schnee gegenüber, so isoliert wie die letzten beiden Bauern auf einem Schachbrett vor dem Schachmatt.
    Yusuf ließ seine Waffe sinken.
    »Es sollte Ash sein«, sagte Yusuf traurig. »Du solltest gar nicht hier sein. Wie konnte Didi einen solchen Fehler machen? «
     
    Für Cohen dauerten die wenigen Sekunden, die Yusuf schussbereit dastand, eine Ewigkeit.
    Eine Ewigkeit, die ihm reichlich Zeit ließ, sich zu fragen, wo Ash war und ob die versprochene Rückendeckung je kommen würde. Eine Ewigkeit, die ihm reichlich Zeit ließ, um sich einen Überblick zu verschaffen, was er Gavi schuldete – und was er alles getan hatte, um sich Gavis berechtigten Forderungen an ihn zu entziehen. Er hatte eine Anfrage losgeschickt, die sich durch den inzwischen verhängnisvoll unterminierten Aktionsraum der Ender schlängelte, und bereute den Verlust des Router/Decomposers
mehr denn je. Die Ender steckten in Riesenschwierigkeiten, hingen in einem Zustand fugenartig vielstimmiger Impulse fest, der ein Dutzend menschliche Soldaten und die brillanten Befehls- und Steueralgorithmen sämtlicher EMETs zu einer funktionsuntüchtigen synthetischen Waffenplattform reduzierte. Gavis GOLEM war das reinste Chaos – aber ein Chaos, das sich selbst immer schneller auf einen kritischen Zustand hin korrigierte.
    Cohen schickte einen tastenden Datenstrom durch die Firewall und schreckte entsetzt zurück. Er stand kurz davor, sich selbst voll und

Weitere Kostenlose Bücher