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Lichtlos 2 (German Edition)

Lichtlos 2 (German Edition)

Titel: Lichtlos 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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gekommen ist. Oder wenn Wolken aus Säuredampf aufsteigen oder sonst etwas passiert, was einen immer daran erinnert, warum man sich die Nachrichten nicht ansehen sollte. Ich lasse den Strahl meiner Taschenlampe über einen nach dem anderen gleiten. Vielleicht sind es nicht direkt Chemikalienschutzanzüge, sondern sie sind eher luftdicht, wie Raumanzüge, denn die Helme sind nicht wie die Kapuzen der Chemikalienschutzanzüge, sondern sie rasten tatsächlich in dieses Gummisiegelding am Halsausschnitt des Anzugs ein. Sie haben alle Presslufttanks auf dem Rücken, wie Sporttaucher. Wenn ihr es unbedingt wissen wollt – durch die Sichtscheiben ihrer Helme kann ich sehen, was von ihren Gesichtern übrig ist, nämlich nicht gerade viel, und sie sind schon lange Zeit tot. Der Raum mit den Zapfen an den Wänden war schon irre, aber an sich okay. Dieser Raum hier ist nicht okay. Er verspricht Ärger, und ich habe von Kopf bis Fuß Gänsehaut, und dann sagt jemand: »Jolie Ann Harmony .«

12
    Als der Sattelschlepper auf die Landstraße einbiegt, torkele ich vom Seitenstreifen auf den Asphalt und versuche, nicht alkoholisiert zu wirken, sondern plötzlich und gänzlich unerwartet von etwas wie einem Schlaganfall oder einem Gehirnschlag heimgesucht. Die meisten Menschen haben kein Mitgefühl mit schmuddeligen Betrunkenen, die sie vollkotzen könnten, aber sie eilen wahrscheinlich herbei, um einem adretten jungen Kerl zu helfen, den plötzlich ein grausamer Schicksalsschlag ereilt zu haben scheint. Leider werde ich jetzt zur Verwandlung eines barmherzigen Samariters in einen Zyniker beitragen.
    Ich erhebe keinen Anspruch darauf, ein Schauspieler zu sein. Daher führe ich mir, als ich mitten auf die Straße wanke, das Bild von Johnny Depp vor Augen, der Jack Sparrow auf dem Weg zum Galgen spielt, und spiele die Extravaganz herunter, aber nicht zu sehr. Ich breche auf meiner linken Seite zusammen, halb in der einen Fahrspur und zur Hälfte in der anderen, meine Augen zugekniffen und mein Gesicht qualvoll verzerrt, in der Hoffnung, dass sich der Lastwagenfahrer nicht als der schmuddelige Betrunkene entpuppt, den ich auf keinen Fall darstellen will.
    Als die Druckluftbremsen zischen, erleichtert es mich, dass mein Schädel nicht von dem massiven Reifen eines Fernlasters zerschmettert wird. Die Tür geht auf, und dann ertönt ein Geräusch, das von einem genagelten Stiefel stammen könnte, der auf dem Trittbrett der Fahrerkabine landet. Während er zu mir eilt, erzeugt der Fahrer ein klirrendes Geräusch. Ich gehe davon aus, dass er nicht der Nikolaus ist und dass es sich bei dem Geräusch, das ich höre, um einen Schlüsselbund an seinem Gürtel oder Münzen in seiner Hosentasche handelt.
    Als er sich vor mir hinkniet, scheint er trotzdem ein Nikolaus zu sein, wenn auch mit einer Rasur für einen Sommerurlaub: Sein prachtvoller Ferienschnurrbart und sein Bart sind immer noch weiß, aber beträchtlich gestutzt, die wallenden Locken zurückgeschnitten. Seine Augen zwinkern jedoch, und seine Grübchen sind fröhlich, seine Backen rosenrot und seine Nase wie eine Kirsche. Sein Bauch wackelt nicht wie eine Schale Götterspeise, doch es wäre ratsam, wenn er in einer Fernfahrerkneipe ab und zu einen Salat einem Cheeseburger vorzöge.
    »Sohn « , sagt er, »was ist los, was ist passiert ?«
    Bevor ich antworte, zucke ich zusammen, nicht vor Schmerz und auch nicht deshalb, weil ich mich besser auf das Schauspielern verstehe. Auf seinem Gesicht und in seiner Stimme drückt sich eine so echte Sorge aus, und er legt mir so zärtlich eine Hand auf die Schulter, dass ich keinen Zweifel daran habe, den Lastwagen eines netten Mannes an mich zu bringen. Mir wäre wohler dabei zumute, wenn dieser Fahrer ein hämischer Rüpel mit fiesen Augen, Bartstoppeln, einem vernarbten Gesicht und einem grausamen Mund wäre, der ein T-Shirt trägt, das FICK DICH SELBER herausschreit, und Hakenkreuze auf die Arme tätowiert hat. Aber ich habe nicht den ganzen Vormittag Zeit, um auf die Straße rauszulatschen und vor einem Sattelschlepper zusammenzubrechen, bis ich mein ideales Opfer finde.
    Ich tue so, als fiele es mir schwer zu reden. Ich spucke eine Serie gedämpfter Silben aus, die beinahe einen Sinn zu haben scheinen, als sei meine Zunge eineinhalbmal so dick, wie sie sein sollte. Das hat die gewünschte Wirkung, dass er sich näher zu mir beugt und mich auffordert zu wiederholen, was ich gerade gesagt habe, woraufhin ich die Pistole unter meinem Sweatshirt

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