Lichtschwester
betrachtet Kinder, gleich welchen Geschlechts, als die Beweise seiner Männlichkeit und führt sie wichtigen Besuchern vor. Darum ließ er jede seiner Frauen oder Konkubinen, die einer Abtreibung überführt wurde, hinrichten, ja, ich habe das selbst mit ansehen müssen.« »Ich wußte nicht, daß es hier noch andere tapfere Frauen gibt.« »Die, die das machte, war nicht tapfer, sondern verzweifelt. Ihre Gesundheit war schon so angegriffen, daß der Hofarzt sagte, eine weitere Geburt würde sie nicht überstehen. Sie hat versucht, ihr Leben zu retten ... und es verloren.«
»Höre, ich könnte dafür sorgen, daß du nie mehr in solche Gefahr kommst.«
»Wie?«
»Ich bin etwas in Magie bewandert und kenne einen Zauber, der uns beiden hilft. Hast du Zugang zum Arzneischrank?«
»Ja. Lady Baytilis schickt mich ständig, ihr irgendein Tränklein oder Pülverchen zu holen. Und die Salbe und die Binden für deine Verbrühungen mußte ich mir auch daraus nehmen.« »Ich brauche drei seltene Kräuter, zwölf Metallstangen und einen Saphir oder Rubin.«
»Gingen auch Gardinenstangen ?« fragte Verit mit einem Blick auf die Fenstervorhänge.
»Ich denke, ja. Hast du auch solche Edelsteine?«
»Nur Imitationen, aber ich könnte immer noch ... Marayd, was genau soll dieser Zauber bewirken?«
Marayd lachte verschwörerisch. »Daß Gambreol keine von uns beiden in seine Schlafkammer ruft. Kannst du dir denken, wie?«
»Nein.«
»Durch eine nicht enden wollende Menstruation!«
Verit klatschte in die Hände und lachte. »Oh, wie raffiniert!«
»Möchtest du das?«
»Da fragst du noch? Marayd, nichts lieber als das, damit ich nie wieder Gambreols feuchte Hände auf mir spüren muß.«
In den nächsten drei Tagen besorgte Verit die drei Kräuter - ohne allzu große Schwierigkeiten, wie es Marayd schien. Mag sein, daß sie dazu auch andere ins Vertrauen ziehen mußte, aber wenn, dann blieb das jedenfalls ohne Folgen.
Auch die sechs Bronzestangen fanden sich schnell - in Gestalt der Beine zweier alter, bereits wackliger bronzener Kohlebecken, die sie in einer Rumpelkammer entdeckten und im Handumdrehen zerlegen konnten. Marayd ließ irgendwo auch eine Rolle dünnen Eisendrahts mitgehen, der ihr zur Verbindung der Rahmenteile geeignet schien.
Die Stahlstangen zu besorgen, erwies sich als etwas schwieriger. Die mußten zwei Klafter lang sein - aber das Längste, was sich in der Abstellkammer fand, waren stählerne Vorhangstangen, die etwas mehr als einen Klafter maßen. Daher begannen sie, so unauffällig wie möglich die langen Fenstervorhänge im Haus nach Geeigneterem abzusuchen. Aber ihr Treiben blieb auf die Dauer natürlich nicht unbemerkt, und als man sie fragte, was sie da eigentlich machten, redeten sie sich mit irgendwelchen Geschichten heraus; am besten gelang ihnen das mit der Behauptung, sie suchten einen aus einem Käfig entflohenen Vogel... Die Wächter trauten ihnen wohl nichts Schlimmeres zu als exzentrisches Verhalten, und die Haremsfrauen waren zu beschränkt oder apathisch, um sich überhaupt Gedanken zu machen und Argwohn zu schöpfen. Marayd und Verit warteten nur ab, bis sie wieder allein waren, und tauschten dann rasch die langen Gardinenstangen gegen ihre Ersatzkonstruktionen aus, die aus zwei miteinander verbundenen kurzen Stangen bestanden.
Endlich hatte Marayd bis auf ein Teil alles zusammen. Als Atelier zum Bau des Gerätes wählte sie einen begehbaren Wäscheschrank; er wurde nie abgeschlossen, konnte jedoch von innen, mit einem unter die Klinke gestellten Stuhl, versperrt werden. Es lagen da Stapel nur selten gebrauchten Linnens, unter denen sie ihre Stangen erst einmal verstecken konnte. Von diesem Schrankraum waren es weniger als fünfzig Klafter bis zur Außenmauer des Palasts - und zu einem alten, nicht mehr benutzten Lagerhaus, das Marayd bei der Ankunft aufgefallen war.
Alles schien glatt zu gehen ... bis die Wächter eines Tages alle Frauen in den Haremshof beorderten, auf daß sie einer Bestrafung beiwohnten. Als Marayd den großen Hof betrat, sah sie da zu ihrem Entsetzen Verit nackt an einen Pfahl gekettet stehen. Nun trat Lady Baytilis vor die versammelten Frauen und rief: »Ihr seid hier, um die strafende Gerechtigkeit am Werk zu sehen. Diese Konkubine, Verit, hat mir einen Rubinohrring gestohlen. Man fand ihn bei ihr, als man sie durchsuchte . .. und sie hat die Tat auch gestanden. Seht also, wie wir
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