Lichtspruch nach Tau
Männer nicht immer durch das
Gewimmer der Frauen hätten beirren lassen, alles, aber auch
alles daranzusetzen, der Krieg schon längst gewonnen wäre. Natürlich kommt es vor, daß im Kriege Männer fallen, angenehm ist das nicht, aber die Frauen können doch neue gebä
ren.
Man darf die großen Folgen der Politik nicht mit der Suppenlogik einer einfältigen Hausfrau lösen.
Bedauerlich an dieser mißratenen Komödie ist, daß sich ein
Mann dazu hergeben mußte, sie zu schreiben. Wenn das eine
Utopie sein soll: einen Menschenteil, der biologisch gar nicht
dazu in der Lage ist, zum mitbestimmenden Teil des Staates
zu machen, dann ist es eine Nichtgeschichte, leeres Stroh. Und wie billig das alles gemacht ist. Wo sind denn da die
großartigen ethischen Vorsätze dieses Schreibers? Was versteht der schon von Liebe, wenn die sich nur im Geschlechtsverkehr erschöpft. Ist das nicht geistlos, einen Mann hochzubringen und ihn dann unter biologischen Qualen unbefriedigt
abziehen zu lassen? Kann man darüber lachen? In diesem
Stück wird die Wirklichkeit völlig verzerrt dargestellt. Auf
solcher Ebene kann man nicht mehr dialogisieren.
Und noch ein anderer Gesichtspunkt. Ist es in solchen
Kriegszeiten, wo es auf den Sieg unserer Vaterschaft über das
barbarische Sparta ankommt, nicht Landesverrat, Friedensdemagogie zu betreiben?
Einem Dichter verzeiht man vieles. Viel zuviel. Die Dichtkunst, wo immer sie auch auftritt, muß nützlich sein. Sie muß
der Besserung des Menschengeschlechtes dienen. Sie kennen
sicher dieses Stück. Ich brauche Sie nicht mehr von der Bedeutungslosigkeit dieses Machwerks zu überzeugen. Es richtet
sich selbst.
Ihr Aristodemos
Ach, lieber Aristodemos,
wie sich die Zeiten ändern. Heute versuchen wir, Eiferer
davon zu überzeugen, daß Männer, die auf Grund einer Veranlagung einen Widerwillen gegen das weibliche Geschlecht
empfinden und nur mit ihresgleichen Freundschaft schließen,
nicht unbedingt zu verdammen sind. Und wir tun auch nicht
die Argumente der Lysistrate als Küchenlogik ab, sondern
meinen eher, daß es schändlich sei, Leben zu vernichten. Übrigens weiß kaum ein Mensch etwas von Ihrem Peloponnesischen Krieg, den Sie welthistorisch nennen. Und wer
sich heutzutage damit etwas befaßt, meint eher, dieser Krieg
wäre um der Kultur der Griechen willen besser unterblieben.
Er wird als sinnlos angesehen.
Was mich aber unsicher und auch ein wenig hilflos macht,
ist, daß ich trotz aller aufgewandten Mühe, mich mit Ihnen
dank unserer Fähigkeit theoretisch in andere Zeiten zu versetzen, keine Verbindung mehr mit Ihnen herstellen kann. Sie
bleiben unauffindbar. Ich fürchte fast, Sie sind im Peloponnesischen Krieg umgekommen oder an den Folgen dieses ruhmlosen Unternehmens gestorben. Vielleicht an Hunger? Schließlich hat der von Ihnen so mit Widerspruch und Abneigung aufgenommene Aristophanes noch einige weitere
Stücke geschrieben, in denen er neue Gegenwelten entwirft,
etwa in der »Ratsversammlung der Frauen«, wo es ja nicht nur
um Krieg und Frieden geht, sondern um einen neuen Plan, die
Gesellschaft anders zu organisieren.
»Alles wird künftig Gemeingut sein, und allen wird alles
gehören. Jeder wird sich genauso wie die anderen ernähren, es
wird weder Reiche noch Arme geben. Und es wird nicht einer
viel Land besitzen und der andere noch nicht mal ein Fleckchen Erde, worin er sich begraben lassen kann. Sklaven werden nicht gehalten und auch nicht Diener… nie mehr wird aus
Not ein Mensch verkommen. Denn alles ist Eigentum aller,
Brot, Kuchen, Fleisch, Wein, Erbsen… Und auch die Frauen
werden für alle dasein und mit dem schlafen, mit dem sie es
wünschen, und von dem ein Kind empfangen. Gerichtsverhandlungen wird es in Zukunft nicht mehr geben, und auch
stehlen wird keiner, denn wozu sollte er’s, wenn alles auch
ihm gehört. Es ist auch nicht zu befürchten, daß man nachts
überfallen wird, denn jeder besitzt das, was er braucht. Und
die Stadt wird als eine große Wohnung für alle eingerichtet,
die trennenden Wände werden niedergerissen, damit jeder
den anderen besuchen kann. Gerichtssäle, die Paläste und Hallen der Regierung werden für alle geöffnet, und die steinernen
Tribünen sind dazu da, um Spottlieder auf Feiglinge zu singen, aber auch Loblieder auf tapfere Leute.«
Ich weiß doch, daß Sokrates und sicher auch Sie nicht viel
vom persönlichen Eigentum hielten. Sagte nicht Ihr Lehrer,
wenn er über den mit Waren gefüllten Markt ging, ich sehe da
immer wieder,
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