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Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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geschmuggelte Zigaretten verkaufte und unter dem Baugerüst hin und her schwankte, um den Wassertropfen auszuweichen. Sie bot billige Glimmstängel an. Ohne Filter. Die Sorte, die man nur dort bekommen konnte, wo Leute sich keine großen Gedanken über die astronomischen Kosten von Lungenschäden machten. Li wandte sich ab und fischte in ihrer Tasche nach dem kleinen Stapel von Rechnungen, den sie bei sich hatte.

    Als sie sich umdrehte, hatte sich eine kleine Schar von Neugierigen um die drei Männer auf der Straße versammelt.
    Die beiden Brüder schrien immer noch herum, aber der eine hatte inzwischen seine Hände unter die Achselhöhlen des anderen gehakt und zog ihn in den Schatten der gegenüberliegenden Arkade zurück. Ein Schaulustiger bückte sich und hob einen Baseballschläger aus dem Matsch auf.
    Der dritte Mann stand allein und sturzbetrunken auf der matschigen Straße; Blut strömte über sein Gesicht und vermischte sich mit dem schmutzigen Regen.

ABG-Station: 25.10.48.
    A ls sie in die Station zurückkehrte, kochte Li vor Wut.
    »Gibt’s noch etwas, das du mir gern sagen würdest?«, fragte sie Bella, als sie sie endlich aufgespürt hatte.
    Sie standen in Haas’ Quartier. Bella lehnte sich an das lange, elegante Sofa und duckte sich vor Li.
    »Sie wollte mich mitnehmen«, flüsterte Bella, und in ihren Augenwinkel glänzten Tränen wie poliertes Kondensat. »In den Ring. Sie hatte bereits die Tickets.«
    »Und du hast dich nie gefragt, wie sie das mit dem MotaiSyndikat regeln wollte?«
    »Ich hab’s dir doch gesagt. Sie wollte mich aus meinem Vertrag freikaufen.«
    »Nicht einmal Sharifi hatte so viel Geld. Sie hat mit Korchow ein Geschäft gemacht. Und du warst die Vermittlerin. Hast du damit gerechnet, dass sie sich in dich verliebt, oder war es ein unverhoffter Glücksfall?«

    »Es war nicht so«, flüsterte Bella, und jetzt weinte sie wirklich.
    »Nicht?«, fragte Li. »Hast du mir überhaupt in irgendeinem Punkt die Wahrheit gesagt, oder kam alles von Korchow? «
    »Ich habe dich nie belogen«, schluchzte Bella. Im selben Moment blinkte am Rande von Lis Gesichtsfeld ein Kommunikations-Icon.
    »Verflucht noch mal!«, brummte Li und schaltete es aus.
    »Sie wollte es«, beharrte Bella. »Es ging nicht nur um mich. Es ging ihr ums Prinzip.«
    »Ich habe nicht Sharifis Motive infrage gestellt.«
    Das Icon blinkte wieder, noch dringlicher. Der Anruf hatte Lis Signalfilter umgangen und würde keine Ruhe geben, bis sie antwortete.
    Sie machte eine ärgerliche Geste. Bella zuckte zusammen, und hinter den Tränen hatte sie Angst in den Augen. In einer anderen Stimmung wäre Li entsetzt gewesen. Jetzt aber empfand sie nur eine grimmige Befriedigung.
    Sie ging einen weiteren Schritt auf Bella zu, versuchte die junge Frau bewusst einzuschüchtern, Gnade ihr Gott. »Was hat Korchow gekauft? Und wage nicht zu behaupten, dass du es nicht weißt.«
    »Ich …« Bella schluckte. »Informationen.«
    »Informationen über Sharifis Arbeit.«
    Bella nickte.
    »Und du warst die Vermittlerin. Die Vermittlerin und die Bezahlung.«
    »Nein! So war das nicht. Sie haben nur geredet.«
    »Nun, wegen dieses bisschen Geredes ist deine Freundin umgebracht worden.«
    »Ich habe sie geliebt!«
    »Wie du mich liebst?«, sagte Li gehässig. »Wie praktisch. «

    »Ich liebe dich nicht«, sagte Bella mit einer Stimme, die so klang, als schnüre ihr die Angst die Kehle zu. »Das habe ich nie gesagt. Meinst du, es genügt, dass du dasselbe Genset hast? Dass ich mich in dich verliebe, nur weil du so aussiehst wie sie? Du bist nichts als eine billige Kopie. Du würdest Hannah nicht einmal verstehen, wenn du für den Rest deines Lebens herumschnüffeln und Leute ausquetschen würdest!«
    Bella stürmte aus der Kabine, bevor Li etwas erwidern konnte. Wenn sich die Tür zuschlagen ließe, dachte Li, hätte sie das sicher getan.
    Ihr Kommunikations-Icon blinkte wieder und Li öffnete mit einer kaum noch zu bändigenden Wut einen Kanal. »Was?«
    Es war Nguyen.
    »Rufe ich zu einem ungünstigen Zeitpunkt an?«, fragte die Generalin, als ihr sonniges Büro um Li herum Gestalt annahm.
    Li holte tief Luft und biss die Zähne aufeinander. »Überhaupt nicht.«
    »Also, wie ist der Stand der Dinge?«
    Li schluckte. Sie trieb allmählich in gefährliche Gewässer ab; noch ein falscher Schritt, und sie würde nicht mehr glaubhaft machen können, dass sie Nguyen über alles auf dem Laufenden gehalten hatte. Bleib bei der Wahrheit, soweit es

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