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Lichtzeit - Gibson, G: Lichtzeit - Nova War

Lichtzeit - Gibson, G: Lichtzeit - Nova War

Titel: Lichtzeit - Gibson, G: Lichtzeit - Nova War Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Gibson
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einiger Entfernung ausgesehen hatte wie ein Elefantenrüssel, entpuppte sich nun als ein straffer Knoten aus ungefähr einem Dutzend langer, schmaler Tentakel, die zwischen den Augen der Kreatur herunterhingen. Ein paar dieser Anhängsel reckten sich vor und schlängelten sich grob über Corsos Gesicht und Schultern.
    Er hatte sich fast eine Schulter ausgerenkt, als er versuchte, sich loszureißen. Wenn Honigtau mit dieser Vorstellung die Absicht verfolgte, ihn zu Tode zu erschrecken, dann hatte er sein Ziel mehr als erreicht.
    Nachdem er mehrere Sekunden lang dieses ekelhafte Abtasten über sich ergehen lassen musste, wandte sich das Monster den beiden Wachposten zu und ließ die langen, feuchten Fühler über deren Oberkörper spielen.
    Danach trat das Wesen einen Schritt zurück, wobei das Deck unter den breiten Stümpfen, die seine vier Beine darstellten, heftig vibrierte.
    Nun konnte Corso die winzig kleine Gestalt deutlicher sehen, die hoch auf dem Rücken des Monsters, gleich hinter dem ausladenden Schädel, thronte. Sie wirkte irgendwie unbedeutend und hilflos, stand aber offensichtlich in einer engen Beziehung zu der
Kreatur, auf der sie ritt. Die Gestalt war mit einem feinen Haarflaum bedeckt, der dieselbe Farbe hatte wie das Wesen unter ihr, und aus ihrem Gesicht spross ein ähnlicher Strang aus umeinandergezwirbelten Tentakeln. Die Augen des Reiters glichen zwei rosafarbenen Punkten, und er nahm eine schlaffe, vornübergebeugte Haltung ein, als müsse er sich nach einem anstrengenden Arbeitstag erholen. Als die rosa Äuglein sich kurz auf Corso richteten, hatte er das Gefühl, in dem Blick läge nur wenig oder gar keine Intelligenz.
    »Das ist die Emissärin KaTiKiAn-Sha«, murmelte Honigtau in Corsos Ohr.
    »Was?«, keuchte Corso. »Welches der beiden Wesen meinen Sie?«
    »Die Emissärin ist das unerfreulich große Exemplar«, erwiderte Honigtau leise. »Bei dem kleineren handelt es sich um ihren Partner, das männliche Wesen dieser Spezies. Seien Sie bitte höflich, wenn Sie die Fragen der Emissärin beantworten. Unsere Leben sind in Gefahr.«
    »Dann antworten Sie ihr doch selbst, wenn es so wichtig ist«, zischte Corso mit brüchiger Stimme. »Wieso zum Teufel bin ich überhaupt hier?«
    »Beantworten Sie die Fragen der Emissärin«, wiederholte Honigtau, dessen elektronische Stimme immer noch sehr verhalten klang. »Und bitte, seien Sie sehr, sehr, sehr höflich.«
    Sie können mich mal, hätte Corso am liebsten entgegnet, doch dann bemerkte er zu seinem Schrecken, dass Honigtau genauso eingeschüchtert war wie er selbst.
    Die Emissärin reckte ihren vielfingrigen Rüssel nach oben und berührte ein Objekt, das Corso anfangs für eine Art Sattel gehalten hatte; diese Vorrichtung war unmittelbar hinter ihrem rosaäugigen Gefährten auf den Rücken geschnallt. Der Rüssel förderte ein großes, klotziges Mikrofon zutage, das verglichen mit dem Raumschiff, aus dem die Emissärin herausgekommen war,
reichlich primitiv anmutete. Das Mikrofon verschwand im Nu unter den Tentakeln.
    Gleich darauf erfüllte ein Knattern und Brüllen den weiten, leeren Hangar, bis die Lautstärke dann abrupt abfiel; doch das gewaltige, dumpfe Bellen ging weiter, als sich ein wildes, gutturales Geheul aus dem hinter den Tentakeln verborgenen Mund der Emissärin löste.
    »Sie!«, donnerte eine elektronische Stimme, das Röhren der Emissärin übertönend; die Simultanübersetzung brach sich ebenfalls an den Wänden des Hangars und schallte als Echo zurück. »Ich bin eine Emissärin! Und ich bin sehr wütend! Wir bringen die Erlösung! Und das Licht! Ich reite mit meinem Geliebten, um Gott zu finden! Verrate mir! Wo ist Gott?«
    Die Emissärin legte eine Pause ein, und erst dann begriff Corso, dass sie ihm eine Frage gestellt hatte. Der wuchtige, klobige Kopf wandte sich ihm zu, und mit riesigen, zornigen Augen starrte das Monstrum ihn an.
    »Ich … wie bitte?«, stammelte Corso matt.
    »Antworten Sie«, drängte Honigtau hinter ihm leise.
    Im Klammergriff seiner Bewacher krümmte sich Corso, bis er den Bandati-Agenten entgeistert anstarren konnte.
    »Bitte«, flüsterte Honigtau.
    »Ich … ich weiß nicht, was sie hören will.«
    Dann passierte etwas, das Corso für den Rest seines Lebens in Alpträumen heimsuchen sollte.
    Die Emissärin machte einen Schritt nach vorn, streckte die verknoteten Tentakel aus, schnappte sich einen der beiden Bandati-Wachposten und hob ihn mit Leichtigkeit vom Boden hoch. Der Posten zappelte

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