Lichtzeit - Gibson, G: Lichtzeit - Nova War

Augen trat wieder der leere, leblose Ausdruck.
    Unterdessen öffneten sich die Außentüren der Luftschleuse, und durch die Zentrifugalkraft der Station wurde die Piri Reis von der Nabe weggeschleudert. Schon bald zündeten die Triebwerke des Schiffs, und es begann zu beschleunigen. Mit einer sich ständig steigernder Geschwindigkeit ließ es die beschädigte Raumstation bald weit hinter sich zurück.

Kapitel Achtundzwanzig
    Die Art und Weise, wie der Komplex mit dem Wrack bei ihrer Annäherung reagierte, hatte etwas Gespenstisches an sich. Dakota merkte, dass sie immer schwächer wurde, und sie war zunehmend auf Wein und Rosens Unterstützung angewiesen.
    Die Emissäre verloren eindeutig die Schlacht. Sie hatten nur eine verhältnismäßig kleine Streitmacht geschickt und offensichtlich nicht damit gerechnet, auf ein Kernschiff der Shoal oder mehr als eine Offensivflotte zu treffen. Nun richtete sich die Attacke direkt gegen den Godkiller der Emissäre, der die meisten seiner Angriffsdrohnen bereits verloren hatte.
    »Sehen Sie!«, forderte Wein und Rosen Dakota eindringlich auf. Dakota richtete den Blick wieder auf den Komplex, hinter dem sich die gewaltige Wand des Schotts erhob. Die Anlage war mit den üblichen goldenen und azurblauen Streifen und dekorativen Glyphen verziert. Das verlieh ihr das Aussehen eines Tempels, fand Dakota.
    Nun, da sie sich dem Komplex annäherten, öffnete sich an einer Seite ein Spalt.
    Der größte Teil des durch die Luft treibenden Schutts hatte sich endlich am Boden abgesetzt. Nachdem Dakota und der Bandati das Ruinenfeld hinter sich gelassen hatten, waren sie eine Treppe mit breiten, flachen Stufen hinaufgestiegen, die in die Anlage hineinführte. Drinnen sahen sie, dass das Wrack an Tausenden flexibler Kabel von der Decke hing, und rings um den tropfenförmigen Schiffsrumpf erhöhte Plattformen mit Zugangsrampen standen.
    Wind kam auf, und das jaulende Geräusch wurde von Sekunde zu Sekunde lauter. Das Ringsegment brach auseinander, war
der ungeheuren Belastung nicht mehr gewachsen, die es seit der Absprengung von der Station aushalten musste.
    Von Hugh Moss war immer noch keine Spur zu entdecken. Doch anstatt Triumph spürte Dakota nur ein hohles Gefühl in ihrer Magengrube, es kam ihr sogar vor, als habe sie einen großen Verlust erlitten. Obwohl sie sich keine vernünftige Alternative zu dem Weg, den sie eingeschlagen hatte, vorstellen konnte, quälte sie dennoch der Verdacht, dass sie – hätte sie nur mehr Zeit zum Nachdenken gehabt – eine andere Möglichkeit gefunden hätte, ihr Ziel zu erreichen, mit weniger Toten, weniger Schmerzen und entschieden weniger Gräueln.
     
    Moss hatte nur ein kurzes Stück von Dakota und dem Bandati wegtaumeln können, ehe er zusammenbrach und ohnmächtig wurde. Überall in seinem Körper und Gehirn verteilte medizinische Monitore schalteten vorläufig sein Bewusstsein aus, kontrollierten jedoch weiterhin seine motorischen Zentren, so dass sein Organismus imstande war, in einen relativ geschützten Raum zwischen zwei großen Brocken aus zertrümmertem Mauerwerk zu kriechen.
    Dort schlief er, während die Maschinen, die in seinem Fleisch, den inneren Organen und den Blutgefäßen steckten, ihn anästhesierten und sich bemühten, die schlimmsten Schäden zu beheben.
    Als Moss schließlich wieder zu sich kam, hörte er das Brüllen eines Sturms, und selbst in seinem durch Drogen hervorgerufenen halb benommenem Zustand begriff er, dass die strukturelle Integrität des Ringsegments versagte. Die Atmosphäre entwich bereits in rasantem Tempo durch Tausende von zischenden Lücken und Rissen, die sich ständig weiteten.
    Wie nahe er seinem Ziel gekommen war. Er konnte Dakotas Freude und Begeisterung spüren, und er erhaschte einen Blick durch ihre Augen, gerade als die Anlage sich vor ihr öffnete. Es
war, als würde ein Liebhaber sie nach langer Trennung mit offenen Armen empfangen, und es hatte beinahe den Anschein, als wolle sie Moss mit ihrem Triumph provozieren.
    Er stöhnte vor barbarischer Gier und Verzweiflung.
    Doch schon bald überkam ihn eine große Ruhe. Seine Yacht befand sich immer noch dort, wo er sie zurückgelassen hatte. Sie kreiste in einem niedrigen Orbit über den Wolken von Leviathan’s Fall und entzog sich erfolgreich der Aufmerksamkeit der verschiedenen Flotten, die sich in dem System herumtrieben. Er gab einen mentalen Befehl, und die Triebwerke der Yacht fuhren hoch. Wenn er es nicht schaffte, über seinen Erzfeind,