Lichtzeit - Gibson, G: Lichtzeit - Nova War
spezifisches Wissen zu verfügen, erging von Ihrer Seite keinerlei Warnung, wie gefährlich sich eine Annäherung an das Wrack gestalten kann. Bei dem Versuch, in das Schiff einzudringen, sind einige unserer besten Techniker auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Sie sind sich gewiss darüber im Klaren, dass es Mittel und Wege gibt, Ihr sogenanntes ›spezifisches Wissen‹ direkt aus Ihrem Schädel zu extrahieren.«
In einem wilden Lächeln entblößte Moss sein fleckiges gelbes Gebiss. Weder die Stellvertreterin noch die Königin, der sie
diente, ahnten, dass er genau Bescheid wusste, was sie außerdem noch ein paar Lichtjahre entfernt in einem benachbarten Sternsystem versteckt hatten.
»Die Verteidigungssysteme haben sich tatsächlich als extrem hochentwickelt erwiesen«, bemerkte er. »Das Wrack scheint mit jemandem – oder etwas -, das sich anderenorts in diesem System befindet, sporadisch zu kommunizieren. Meiner Meinung nach erhält es ganz konkrete Anweisungen, jeden Eindringling mit aller Gewalt abzuwehren. Und trotzdem haben Sie alles darangesetzt, mir wichtige Informationen vorzuenthalten, die es mir unter Umständen ermöglicht hätten, das Problem zu lösen. Sind Sie vielleicht jetzt geneigt, mich aufzuklären?«
»Allerdings«, erwiderte die Stellvertreterin zu seiner gelinden Verblüffung. Bis zu diesem Zeitpunkt war die mangelnde Mitteilsamkeit der Königin für ihn ein ständiges Ärgernis gewesen. »Zusammen mit dem Wrack trafen zwei Menschen hier ein und wurden zu gründlichen Vernehmungen nach Ironbloom gebracht. Einer der Menschen erwies sich als kooperativ, die andere Person namens Dakota Merrick verweigert leider jede Form von Zusammenarbeit. Aber beide verfügen eindeutig über irgendeine Methode, das Wrack zu steuern, doch bis jetzt ist es uns noch nicht gelungen, mehr über diese Technik herauszufinden.«
Dakota Merrick? Das ist ja hochinteressant, dachte Moss. Manchmal glich das Schicksal wirklich einem raffinierten Luder. Vor Anspannung verkrampften sich seine Hände.
»Wenn einer der beiden sich als kooperativ entpuppt hat, dann haben Sie doch alles, was Sie brauchen«, entgegnete er, seine Worte sorgfältig wählend, während sich seine Gedanken überschlugen.
»Dem ist aber nicht so.«
Moss sah die Stellvertreterin fragend an.
»Dieser etwas fügsamere Mensch – es handelt sich um einen gewissen Lucas Corso – erzählte uns von Kommunikationsprotokollen,
die eigens entwickelt wurden, um sich mit dem Wrack verständigen zu können. Er beteuert, diese Protokolle seien bereits mit Erfolg angewandt worden, und überdies behauptet er, die in dem Wrack befindliche Technologie sei verantwortlich für die vor kurzem erfolgte, völlig unerklärliche Zerstörung von Nova Arctis. Wir haben Grund zu glauben, dass er die Wahrheit sagt. Außerdem hat er erklärt, dass Merrick auf irgendeine Weise durch Zerebralimplantate mit dem Sternenschiff verbunden ist. Wir unterzogen Merrick ein paar analytischen Scans, und bis jetzt haben wir auf einen chirurgischen Eingriff verzichtet, denn ehe wir diesen Schritt unternehmen, müssen wir uns eine klarere Vorstellung davon verschaffen, womit wir es hier zu tun haben.«
Moss hatte schwer zu kämpfen, um sich seine plötzliche Erregung nicht anmerken zu lassen. Endlich gewährte man ihm Zugang zu den brisanten Informationen, die er brauchte – und wenn er noch ein bisschen tiefer grub, fand er vielleicht die Bestätigung für die Gerüchte, die ihn überhaupt erst dazu bewogen hatten, das System Night’s End aufzusuchen.
Als Nova Arctis vernichtet wurde, hatte sich in ihm die Überzeugung festgesetzt, dass Der-mit-tierischen-Fäkalien-handelt in die Sache verwickelt war. Womöglich näherte sich der von den Shoal so sorgfältig aufrechterhaltene Friede nun doch seinem Ende.
»Was können Sie mir sonst noch mitteilen?«, fragte er, um einen gleichmütigen Tonfall bemüht.
»Anscheinend ist Corso ein Experte auf dem Gebiet der Archäo-Kryptologie, wobei er sich insbesondere mit den Kommunikationssprachen der Shoal befasst. Zurzeit gehen wir davon aus, dass Merrick einige unserer Rückschläge verursacht hat. Das würde dann Ihre Behauptung, es gäbe eine Steuerung von außen, unterstützen, und es erklärt ein paar ihrer Verhaltensweisen, die sie praktiziert, wenn sie sich unbeobachtet fühlt. Wir können die Möglichkeit nicht ausschließen, dass wir auf ihre Kooperation
angewiesen sind, um überhaupt irgendwelche Fortschritte mit dem Schiff zu
Weitere Kostenlose Bücher