Lichtzeit - Gibson, G: Lichtzeit - Nova War
loszuwerden, ohne beim Immerwährenden Licht Argwohn zu erregen. Er hatte die Flügel des Bandati-Agenten, der Bourdain dingfest machen wollte, verletzt, weil er genau wusste, dass der kleine Alien seine Waffe in die Zunge des Wurms abfeuern und eine dramatische Reaktion auslösen würde.
Leider war es nicht so einfach gewesen, sich dieses Weibsstück mit Namen Dakota Merrick vom Hals zu schaffen. Anstatt tot zu sein und somit außerstande, seine Pläne abermals zu durchkreuzen, hatte sie wieder einmal überlebt – und das Nova-Arctis-Wrack zerstört, ehe er es sich aneignen konnte.
Wie auch immer, er war ja flexibel, vermochte sich jeder Situation anzupassen. In einer Entfernung von nur wenigen Lichtjahren parkte immer noch ein Schiff der Weisen, in einem System, dessen Zentralgestirn die Bandati die Bezeichnung Ocean’s Deep verliehen hatten. Er brauchte also nur auf seinen anfänglichen Plan zurückzugreifen und sich dorthin zu begeben. Und angesichts seiner neuesten Erkenntnisse – das Immerwährende Licht hatte sich, wider jede Vernunft, mit einer Bitte um Hilfe an die Emissäre gewandt – fing es langsam an, spannend zu werden.
Da so ungeheuer viel auf dem Spiel stand, konnte er gar nicht anders als die Ereignisse, die ihn erst an diesen Ort geführt hatten, noch einmal in Gedanken durchzugehen. Es war schlichtweg unmöglich, nicht daran zu denken, wie der Händler ihn – oder besser gesagt denjenigen, der er damals gewesen war – vergewaltigt
hatte, obwohl diese schändliche Tat schon sehr, sehr lange zurücklag.
All diese Vorgänge lagen weit weg in der Vergangenheit, doch in Moss’ Erinnerung waren sie so klar und deutlich verankert, als seien sie erst gestern geschehen.
Ein paar Jahrhunderte zuvor und mehrere Tausend Lichtjahre entfernt war eine winzige Schoal-Yacht mit Transluminal-Antrieb am Rand eines Systems aufgetaucht, das von einem großen roten Stern dominiert wurde. Dieses System befand sich dicht am Zentrum des Hauptkriegsschauplatzes, an dem der Konflikt zwischen den Emissären und den Shoal tobte; unweit der Stelle, wo der Orionarm endete und eine ziemliche Ödnis aus Staub und stellaren Trümmerstücken begann.
Der einzige Passagier der Yacht war ein Shoal-Mitglied, das in seinem eigenen Volk als Schwimmer-in-turbulenten-Strömungen bekannt war. An den vereinbarten Koordinaten war er bereits mehrere Tage früher als ausgemacht eingetroffen, um ganz sicherzugehen, dass er nicht in einen Hinterhalt von Spionagedrohnen der Emissäre geriet.
Doch das Einzige, was der Schwimmer-in-turbulenten-Strömungen antraf, war der Tod.
Vor den verheerenden Folgen des Langen Krieges hatte eine Klientenrasse der Emissäre, die So’-Agrad, das System eine kurze Zeit lang kolonisiert, doch der Ausbruch der Feindseligkeiten hatte diese Spezies zur Aufgabe des Siedlungsprojekts gezwungen und sie über mindestens ein Dutzend anderer Systeme verstreut. Die Streitkräfte der Shoal und der Emissäre hatten sich einstmals in genau diesem System, in dem der Schwimmer-in-turbulenten-Strömungen aufgetaucht war, zahlreiche erbitterte Gefechte geliefert, mit stets demselben Ergebnis; entweder die Emissäre wurden in die Richtung eines mehrere Lichtjahre entfernten Bandes aus zerfetzten Staub- und Nebelschleiern zurückgedrängt, oder
die Shoal traten gezwungenermaßen den Rückzug an. Unweigerlich pirschte sich die eine oder andere Spezies irgendwann einmal wieder vor, nur um abermals auf Gegenwehr zu treffen.
Der Schwimmer prüfte seine Instrumente und wartete ab, während sein Schiff Informationen aus Datenspeichern abzog, die kilometertief unter den Oberflächen von Welten begraben lagen, deren Atmosphären durch lange zurückliegende Schlachten schlichtweg von den Planeten weggerissen worden waren. Unterdessen steuerte er seine Yacht näher an das Zentralgestirn des Systems heran – er hatte erfahren, dass die So’Agrad diesen Stern Te’So nannten -, und bald schwebte er im Orbit über ihrer ehemaligen Hauptkolonie.
Die atmosphärelose Kruste des Planeten war mit massiven Einschlagkratern übersät, und nur noch wenige umgestürzte Ruinen legten Zeugnis davon ab, dass sich hier einmal eine größere Ansiedlung befunden hatte. Der Schwimmer veranstaltete einen Streifzug durch die Relikte einer der bedeutendsten Metropolen, lenkte Fernsonden in finstere Spalten und unterirdische Bunker, fand jedoch nur eine Totenstille und ein paar schockgefrorene Leichen, die trotz der schrecklichen Verwüstung
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