Liebe 2000 - erotic science fiction
Gesicht.
Eines Abends kam er in mein Schlafzimmer. Als ich ihn eintreten sah, war ich überwältigt vor Freude.
Er kam an mein Bett, strich meine Decke glatt und lächelte. Er sagte:
»Morgen werde ich Ihnen frische Laken geben.«
Ich griff nach der Hand, die mein Gesicht streichelte, nahm sie in meine beiden Hände, liebkoste sie mit den Lippen, biß zart mit den Zähnen hinein. Er begann leise zu sprechen, kleine, zärtliche Worte, die ich nicht verstand. Dann entzog er mir seine Hand, löschte das Licht und ging hinaus.
Wie viele Tage, wie viele Monate vergingen?
Ich hörte auf zu grübeln, zu analysieren. Ich stellte mir keine Fragen mehr. Ich fügte mich. Die Macht seiner Gegenwart über mich wurde immer greifbarer. Und unentbehrlich. Wenn ich dachte, daß ich mein Leben für ihn gegeben hätte, sofort, ohne Zögern, blieb ich fast noch hinter der Wahrheit zurück. Ganze Abende verbrachte ich am Boden sitzend, gegen seine Beine gelehnt, das Gesicht an seinen Knien, in einer Art Wollust am Rande einer Ohnmacht.
Manchmal sprach er mit mir in seiner merkwürdigen, abgehackten Redeweise. Die Modulationen seiner Stimme durchdrangen meinen Körper. Sanft rieb ich mein Gesicht an seinen Beinen, schmiegte mich enger an ihn, an seine Wärme.
Eines Morgens sagte er zu mir:
»Wir werden den Tag zusammen verbringen.«
Nachmittags führte er mich in den Wald. Er amüsierte sich, er lachte, der Glanz seiner Augen wurde fast unerträglich.
Wir setzten uns auf eine Bank. Nach einer Weile merkte ich, daß er sehr aufmerksam unseren Nachbarn beobachtete. Ich hörte, wie dieser zu ihm sagte:
»Bei uns auf der Erde liebt man die Tiere sehr. Diese kleine Hündin ist seit Jahren mein einziger Freund. Die Zuneigung, die wir den Tieren geben, geben sie uns hundertfach zurück.
Und wenn ein Tier an Ihnen hängt, läßt es sich durch nichts je bewegen, Sie zu verlassen.«
Ich hörte ihn antworten:
»Auch bei uns liebt man die Tiere sehr.«
Ich beugte mich vor, um den Mann zu betrachten. Ich sah die kleine Hündin, eine sehr hübsche Hündin mit intelligenten Augen, rotblondem Fell, Leine und Halsband. Sie lag zu Füßen ihres Herrn, die Schnauze an die Beine des Mannes geschmiegt.
Und plötzlich, aber mit absoluter Gewißheit, verstand ich. In diesem Augenblick wandte er mir sein Gesicht zu. Meine Augen trafen seine, und ich schloß die Lider unter seinem Blick. Ich wußte.
Ich wußte, aber es war unweigerlich zu spät.
Er stand auf, verabschiedete sich von seinem Nachbarn, nahm meine Hand in seine, und gehorsam folgte ich ihm.
Ernst Vlcek
Das unbekannte Wesen
Vor deinem Fenster steht ein Baum, Sooni. Du weißt nicht, ob es eine Tanne oder eine Fichte ist oder welcher Gattung von Nadelbäumen er angehört. Das hat dich auch nicht zu interessieren, denn er ist ein Stück Natur. Nur kennst du den Baum schon, seit er noch winzig klein war und von den Büschen überragt wurde. Jetzt ist er größer als der höchste Turm deiner Burg.
Du darfst dich nicht soviel mit diesem Baum beschäftigen. Er ist tabu – ein Teil der verbotenen Welt. Du gehst zurück zum Frisiertischchen und beendest die morgendliche Toilette. Es dauert nicht lange, und du bist fertig, hast die Keuschheitsrüstung angelegt. Sitzen die Verschlüsse auch? Ist der Gifttank gefüllt? Sind die beiden Brustgeschütze geladen?
Ja.
Es zieht dich wieder zum Fenster hin. Du betrachtest den Baum, läßt seinen Blick an seinem Stamm hinunterwandern bis zu den Wurzeln. Du bekommst sie nicht zu sehen, weil Heckenrosen und Brombeersträucher davor sind. Aber zwischen den Blüten und Blättern sind Lücken, und du kannst es rötlich hindurchschimmern sehen. Das Rostrot stammt vom Fell eines Fuchses. Es sind zwei Füchse – und du ahnst, daß es sich um Männchen und Weibchen handelt, die ihren Trieben ungehemmt nachgeben …
»Wie widerlich!« sagst du und wendest dich ab. Doch warum läßt du es überhaupt zu, daß dir Tiere Abscheu und Übelkeit verursachen, anstatt dieses grausige Schauspiel ganz einfach mit einem Schuß zu beenden? Warum tust du es nicht, Sooni? Du weißt es nicht.
»Kann ich dir helfen, Sooni?« erkundigt sich der Arzt mit geschlechtsloser Stimme.
Die Zofe schaltete sich ein.
»Merkst du nicht, daß Sooni keinen Quacksalber nötig hat, Doc! Was sie bedrückt, betrifft ihre Seele, und dafür bin ich zuständig.«
Die beiden streiten noch eine Weile miteinander. Du läßt es geschehen, weil du glaubst, schon lange apathisch zu sein.
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